Darum gehts
- Die diesjährige Vuelta wird von massiven Protesten begleitet
- Die Aktionen richten sich auch gegen das Team Israel Premier Tech
- Die Organisatoren wollen die Rundfahrt trotzdem zu Ende fahren
Javier Guillén (53) hat derzeit keine leichte Aufgabe: Die Vuelta a España, deren Durchführung er als Direktor verantwortet, ist im Zuge des Kriegs in Gaza praktisch täglich das Ziel propalästinensischer Proteste.
Dies hat auch Auswirkungen auf das Rennen selbst: Am Dienstag musste die 16. Etappe um 8 Kilometer verkürzt werden, weil der Weg ins ursprüngliche Ziel von Demonstrationen blockiert war. Erster bei der improvisierten Ziellinie war der Kolumbianer Egan Bernal (28), der damit seinen ersten Sieg auf höchster Ebene seit seinem schweren Unfall im Januar 2022 einfuhr.
Eigentlich eine schöne Comeback-Geschichte – aufgrund der speziellen Umstände geriet sie aber schnell in den Hintergrund. Stattdessen musste sich Guillén am Abend einmal mehr erklären. An einer Pressekonferenz brachte er seinen Unmut gegenüber der Aktion zum Ausdruck: Zwar hätten die Demonstranten aufgrund der «schrecklichen» Ereignisse im Nahen Osten jedes Recht zum Protest, das gewählte Vorgehen sei aber «sowohl auf strafrechtlicher als auch sportlicher Ebene illegal».
Gleichzeitig zeigte sich der Spanier entschlossen, das Rennen fortzuführen: «Wir unternehmen enorme Anstrengungen, um das Rennen am Laufen zu halten.» Auch Gerüchte, die Schlussetappe nach Madrid am kommenden Sonntag könnte aus Sicherheitsgründen gestrichen werden, wies er zurück – das Verhalten der Protestierenden dürfe nicht legitimiert werden.
Bereits mehrere Vorfälle
Die Ereignisse auf der 16. Etappe sind nicht die ersten ihrer Art: Bereits auf der 11. Etappe geriet die Lage nach Protesten im Zielbereich in Bilbao derart ausser Kontrolle, dass eine reguläre Ankunft undenkbar war. Damals wurde die Zeit 3 Kilometer vor dem Ziel gestoppt, einen Etappensieger gab es nicht. Zu Störungen kam es auch auf den Teilstücken 5, 10, 13 und 15, als einzelne Fahrer aufgehalten wurden oder gar zu Fall kamen.
Die Wut der Protestierenden richtet sich in erster Linie gegen das Team Israel Premier Tech, das vom israelisch-kanadischen Geschäftsmann Sylvan Adams (66) finanziert wird. Der Milliardär sieht sich selbst und das Radsport-Team als wichtige Botschafter Israels in der Welt.
Ein Ausschluss der Equipe, wie durch die Proteste gefordert, ist zwar wegen der Bestimmungen des Radsport-Weltverbandes UCI nicht möglich. Mittlerweile ist aber ein freiwilliger Rückzug selbst von offizieller Seite ein Thema: «Sie müssen selbst erkennen, dass ihre Anwesenheit die Sicherheit aller anderen nicht erhöht. Wir können diese Entscheidung nicht treffen, sie müssen sie selbst treffen», sagte der technische Direktor der Vuelta, Kiko Garcia (57), im Anschluss an die Etappe nach Bilbao.
Nun wird mehr Sicherheitspersonal aufgeboten
Davon will das israelische Team, das sich mit dem US-Amerikaner Matthew Riccitello (23) derzeit auf Kurs für einen Platz unter den Top Ten im Gesamtklassement befindet, aber nichts wissen: In einer Stellungnahme bekräftigte es vergangene Woche seinen Willen zum Weiterfahren. Am Wochenende krebste es dann aber etwas zurück und entfernte den Schriftzug «Israel» von seinen Trikots.
Die Vuelta-Organisatoren reagieren ihrerseits mit zusätzlichem Sicherheitspersonal auf die Vorfälle: Für das Zeitfahren auf der 18. Etappe in Valladolid sind 450 Polizeikräfte aufgeboten worden, was mehr als der doppelten Menge des üblichen Dispositivs entspricht. Renndirektor Guillén verfolgt damit ein Ziel: «Wir wollen einfach nur, dass das Rennen fortgesetzt wird. Diese Aktionen müssen aufhören.» Aufgrund der bisherigen Geschehnisse in dieser Chaos-Vuelta ist es höchst fraglich, ob seine Aufforderung bei allen Gehör findet.