«Hauptsache man sitzt auf der Tribüne und zeigt sich»
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J+S-Kürzung verärgert Frei:«Hauptsache man sitzt auf der Tribüne und zeigt sich»

Durch J+S-Kürzungen ist «das Wohl des Schweizer Sports bedroht»
Jetzt gehen Odermatt & Co auf die Barrikaden

Ehemalige Spitzensportler lancieren eine Crowdfunding-Kampagne, um die drohenden Kürzungen bei Jugend+Sport abzufedern. Die Unterstützung dafür ist riesig – auch von Ski-Star Marco Odermatt.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 00:12 Uhr
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Fabian Kauter vertrat die Schweiz an zwei Olympischen Spielen im Fechten und gewann insgesamt elf Medaillen an Welt- und Europameisterschaften.
Foto: AFP
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Tobias WedermannFussballchef

Die Schweizer Sportwelt ist in Aufruhr, der im Juni angekündigte J+S-Sparhammer versetzt Vereine und Verbände in Alarmbereitschaft. Um 20 Prozent will das Bundesamt für Sport (Baspo) die Subventionen für das Sportförderprogramm Jugend+Sport ab 2026 kürzen. Die Kritik ist riesig, die Solidarität ebenfalls. Fast 180’000 Menschen haben bereits eine Petition gegen diese Sparmassnahme unterzeichnet, und ein am Sonntag lanciertes Projekt mit dem Titel «We close the Gap» soll jetzt die Kürzungen im Sport abfedern.

«Das Wohl des Schweizer Sports ist bedroht. Wir wollen nicht tatenlos zuschauen und diese Lücke schliessen und appellieren an die Vernunft des Nationalrats», sagt Fabian Kauter. Der 39-Jährige vertrat 2012 und 2016 die Schweiz als Fechter bei den Olympischen Spielen in London und Rio. Weil er als Athlet selbst erfahren hat, wie knapp die Mittel im Schweizer Sport sind, an der Spitze so wie in der Breite, hat er 2013 I Believe in You, die erfolgreichste Schweizer Crowdfunding Plattform im Sport mitgegründet. «Mit dem Projekt wollen wir Gelder sammeln für die Vereine, die von diesen Kürzungen direkt betroffen sind», erklärt Kauter. Alle durch J+S subventionierten Vereine können sich anmelden und erhalten am Schluss einen Anteil der Spendensumme.

«Während in Bern geredet wird, wollen wir handeln»

«Wir wollen uns nicht mit der Politik anlegen, aber während in Bern geredet wird, wollen wir handeln», sagt der insgesamt elffache Medaillengewinner an Fecht-Welt- und Europameisterschaften. Die Ziele sind sehr ambitioniert, auf Kommission wird verzichtet. «Jeder Franken zählt, aber wenn wir über eine Million Franken zusammenkriegen, wäre das ein riesiger Erfolg, doch die Möglichkeiten und das Potenzial nach oben sind in der sportbegeisterten Schweiz unbegrenzt.»

Die Unterstützung aus der Szene ist bereits vor der Lancierung gross und prominent: Aktive Schweizer Topsportlerinnen und -sportler, von Kanu über Leichtathletik, Eiskunstlaufen, Rad, Biathlon oder Rollstuhlsport, stehen öffentlich hinter dem neuen Projekt. Ski-Star Marco Odermatt gehört dazu: «Die Unterstützung durch J+S ist essenziell, um Kinder auf den richtigen Lebensweg zu bringen und junge Athleten im Spitzensport wie aber auch im Breitensport zu unterstützen.» Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr, der ehemalige Fussball-Nati-Spieler Beni Huggel oder Eiskunstläuferin Sarah van Berkel sind ebenfalls Teil der prominenten Supporterliste.

«Es wird zwangsläufig weniger Stars geben, die für Erfolge sorgen»

Der Grundtenor ist klar: Sport und Kinder sind der falsche Ort, um zu sparen. «Sportvereine haben einen fundamentalen Aspekt in der Gesellschaft. Sie fördern soziale Kompetenzen, sind ein Booster bei der Integration, man findet Freunde fürs Leben – und ganz wichtig: der gesundheitliche Faktor. Wenn man mit den Sparmassnahmen nur einem Kind die Möglichkeit nimmt, sich zu bewegen, ist das eine Katastrophe», sagt Pascal Magyar, ehemaliger Zehnkämpfer und heutiger CEO von I Believe in You.

Zudem hätte der Sparhammer auch einen Einfluss auf den Erfolg des Schweizer Sports. «Wir alle feiern immer jede Medaille an den Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften. Wenn aber bei der Basis der Pyramide Teile weggespart werden, wird es zwangsläufig auch weniger Stars geben, die ganz oben für die Erfolge sorgen werden», sagt Magyar.

Hoffnungsschimmer nach Bundesratskritik von Alex Frei

Parallel zum Projekt von Kauter und Magyar besteht zudem weiterhin die Hoffnung, dass es beim Bundesamt für Sport und Bundesrat Martin Pfister in den kommenden Monaten zu einem Umdenken kommt. Der Mitte-Bundesrat bekam kürzlich eine klare, kritische Ansage von Fussball-Rekordnationaltorschütze und Blick-Experte Alex Frei im Rahmen der Frauen-EM: «Wie die Politiker auf der Tribüne sitzen und es lustig finden können, bei der Schweizer Nationalmannschaft dabei zu sein, während gleichzeitig die J+S-Subventionen gekürzt werden, muss mir einer erklären», sagt die Fussball-Legende im Blick-Podcast «FORZA!»

Auf Anfrage verteidigte sich Pfisters VBS-Departement: «Man sollte nicht das eine gegen das andere ausspielen. Als Sportminister ist es für Bundesrat Martin Pfister eine grosse Freude und Ehre, die diesjährige Fussball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz miterleben zu dürfen. Die Athletinnen haben sich intensiv auf dieses Ereignis vorbereitet und haben es verdient, während ihrer Spiele unterstützt zu werden.»

Im damaligen Statement des VBS steckte allerdings auch ein Funken Hoffnung: «Bundesrat Martin Pfister bedauert diese Kürzung», hiess es. «Zusammen mit den Kantonen und Sportverbänden hat das VBS Jugend+Sport dorthin gebracht, wo es heute steht, und das VBS will J+S zusammen mit diesen Partnern auch in Zukunft erfolgreich voranbringen. Die Diskussion über die Finanzierung des Jugendsports wird weitergeführt.» Während in Bern weiter diskutiert wird, springen bis zum Entscheid Ex-Sportler und Private wie Kauter und Magyar ein.

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