Nati-Star Ramona Bachmann wird die Heim-EM aufgrund eines kürzlich erlittenen Kreuzbandrisses verpassen. Es ist ein herber Rückschlag – aber nicht der erste in ihrem Leben. Denn in der SRF-Sendung «Sportpanorama» spricht die 34-Jährige über eine dunkle Zeit in den letzten Monaten.
Sie litt an Panikattacken und Ängsten, davon erzählt hat sie aber lange niemandem. Gemerkt hat es ihr Umfeld aber dennoch. Ihre Mutter Iris sagt: «Sie hatte keine Lebensfreude. Sie war richtig leer.» Ihre Nati-Kollegen und enge Freundin Meriame Terchoun (29) habe gemerkt, dass «es so schlimm ist, dass sogar allfällige Selbstmordgedanken da waren». Und ihre Frau Charlotte Baret erzählt: «Sie konnte sich nicht auf Gespräche fokussieren. Sie war nicht da. Sie hat es versucht zu verstecken, bis sie es nicht mehr konnte.»
«Hoffentlich kann ich das Fenster nicht öffnen»
Der Tiefpunkt war bei einem Nati-Zusammenzug im November 2024. Wieder hatte sie eine schlaflose Nacht: «Alles hat mir Angst gemacht.» Ihr Herz habe gerast, sie sei nie zur Ruhe gekommen. Als ihr die Nati-Teammanagerin dann beim Zusammenzug die Zimmerkarte gegeben und gesagt hat, dass sie im sechsten Stock sei, war ihr erster Gedanke: «Hoffentlich kann ich das Fenster nicht öffnen.»
Bachmann ging aufs Zimmer und schaute direkt nach. Die Fenster liessen sich nicht öffnen. «Ich wollte mir nichts antun, aber ich hatte Angst, dass ich die Kontrolle verlieren könnte.» Sie klärte Terchoun über ihre Probleme auf. «Ich, Coumba Sow und Ramona haben dann ein Zimmer geteilt. Wir wollten ihr Sicherheit geben.» Sie haben beispielsweise eine Tasse auf die Türklinke gestellt, um zu merken, wenn Bachmann das Zimmer verlassen wollte. «Ramona ist für mich Familie. Da ist es normal, dass man für sie da ist», erzählt Terchoun.
Ihr Vater Martin hat ihr schon Monate zuvor, als sie sich ihren Eltern öffnete, angeraten, professionelle Hilfe zu suchen. Doch sie wollte nicht. Rückblickend sagt sie: «Sie hatten natürlich recht, es wäre der richtige Schritt gewesen. Aber ich habe zu lange gewartet.» Nach dem Zusammenbruch hat sie sich dank der medizinischen Abteilung der Nationalmannschaft diese Hilfe dann genommen – und ihre Freude wiedergefunden.
Schönes Erlebnis als Ursache für Ängste?
Die Diagnose: generalisierte Angststörung und Panikstörung. Mit Antidepressiva und diversen Therapien kam die Farbe wieder zurück in ihr Leben – wortwörtlich. Dank Kunsttherapie hat sie sich selbst vor Augen geführt, was sie fühlte. «Man beginnt zu malen, was man fühlt. Und meine Bilder sahen ähnlich aus: Es hatte einen Weg, aber es lagen Steine im Weg. Und doch: Am Ende hat es immer eine Sonne, also etwas Positives, gehabt.» Nach sieben Wochen war Bachmann wieder bereit für den Alltag, sagt aber im Nachhinein: «Ich ging durch die Hölle.»
Doch woher kamen diese Ängste? Niemand weiss es mit Sicherheit, die Ursachen lassen sich nicht abschliessend erkennen. Es wird aber vermutet, dass ein schönes Erlebnis dafür verantwortlich sein könnte – die Beziehung mit ihrer Frau Charlotte Baret: «Als wir uns kennengelernt haben und ich später realisiert habe, dass es die Person ist, mit der ich mein Leben verbringen möchte, kamen in mir erstmals Verlustängste auf. Ich glaube, das war der Auslöser.»
Im Mai brachte Baret dann ihren Sohn Luan Maël zur Welt, die Freude bei Bachmann war riesig. Zum Kind, das von einem anonymen Samenspender stammt, hatte sie vom ersten Augenblick an eine starke Bindung – anders, als sie zuvor befürchtet hatte: «Ich wusste nicht, ob ich die gleiche Bindung zum Kind haben werde, da ich es nicht selbst ausgetragen habe.»
Dass sie sich geöffnet hat, sei sehr wichtig gewesen: «Denn so kann man sein Leben retten.» Und es hat ihr klargemacht: «Zeigen, dass es dir nicht gut geht, ist eine Stärke.»