Mattia Zanotti ordnet Verteidiger-Legenden ein
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«Sorry Roberto Carlos»:Mattia Zanotti ordnet Verteidiger-Legenden ein

Lugano-Profi Zanotti über die Probleme der Squadra Azzurra
«In Italien haben wir eine eher rückständige Mentalität»

Mattia Zanotti reflektiert im Blick-Interview über seine Erfahrungen in der Super League und die Herausforderungen für junge Spieler in Italien. Zanotti betont die Wichtigkeit von Geduld und Zusammenhalt für Luganos Erfolg in dieser schwierigen Saison.
Publiziert: 15:32 Uhr
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Aktualisiert: vor 43 Minuten
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Mattia Zanotti will weitere Treppen steigen in seiner Karriere.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Darum gehts

  • Mattia Zanotti treibt Luganos Aufschwung nach Verletzungspause voran
  • Zanotti strebt die Squadra Azzurra an und lobt die Super League
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der jüngste Lugano-Aufschwung trägt die Handschrift von Mattia Zanotti (22). Nach zwei Monaten Verletzungspause ist der Italiener seit Anfang Oktober zurück – und hat sofort den Turbo gezündet. Der Rechtsverteidiger liefert Assists und räumt beim Sieg gegen den FCZ noch den Blick-Preis als bester Spieler auf dem Feld ab. 

Mattia Zanotti, von manchen Gegnern werden Sie als Giftzahn beschrieben. Was sind Sie wirklich für ein Typ?
Einer, der gerne lächelt, reif und immer lernbereit ist. Eigentlich fühle ich mich wie ein ganz normaler 22-Jähriger. Keiner, der ständig Party macht, der aber gerne mit seinen Teamkollegen essen geht, Spass hat und immer dabei ist, wenn es etwas zu unternehmen gibt. Sonst achte ich auf meinen Körper und lerne viel bei meinem Mentalcoach.

Im Sommer haben Sie bestimmt auch viel über sich selbst gelernt. Sie verletzten sich Mitte August, mitten in der heissen Phase des Transfermarkts. Wie frustrierend war das?
Es war schwierig. Einerseits wegen der Verletzung an sich. Verletzt zu sein, ist nie schön. Andererseits passierte es genau in den letzten Wochen des Transfermarkts. Ein ziemlich ungünstiger Moment, weil vielleicht noch etwas passiert wäre.

Konkret: Wie nah waren Sie wirklich an einem Abgang?
Wäre die Verletzung nicht dazwischengekommen, hätte es anders kommen können.

Gelernt haben Sie auch an der U21-EM. Im Viertelfinal gegen Deutschland wurden Sie in der Nachspielzeit vom Platz gestellt. Italien verlor anschliessend im Penaltyschiessen. Fühlten Sie sich schuldig?
Die rote Karte war sehr naiv und dumm von mir, was ich bedauere. Ich habe daraus vor allem mitgenommen, nicht mit dem Schiedsrichter zu diskutieren. Das Spiel war rückblickend ein grossartiger Lernprozess. Wir hätten es verdient, zu gewinnen. Die Leistung war stark. Trotzdem behalte ich den gesamten Weg der letzten zwei Jahre mit der U21 in guter Erinnerung. Es war eine wunderschöne Erfahrung.

Der nächste Schritt auf Nati-Niveau wäre die Squadra Azzurra.
In die Nationalmannschaft zu kommen, ist ein Traum. Ich arbeite jeden Tag, um dieses Ziel zu erreichen. Es wäre eine riesige Emotion – für mich persönlich, aber auch für meine ganze Familie. Für das eigene Land zu spielen, ist etwas Magisches und Unbeschreibliches.

Schafft es Italien mit Trainer Gennaro Gattuso an die WM?
Ich hoffe und wünsche es mir. Leider habe ich Italien an einer WM praktisch noch nie erlebt. Von der EM weiss ich, wie wunderschön es ist, wenn die ganze Nation mitfiebert und sich vereint. Eine Weltmeisterschaft zu erleben, wäre nur deshalb schon grossartig. Ich drücke fest die Daumen.

Es scheint, als ob man in Italien langsam beginnt, auf Junge zu setzen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Auf jeden Fall. In letzter Zeit glaubt man wieder mehr an die jungen Spieler. Man spürt eine gewisse Hoffnung. Aber im Vergleich mit anderen Ländern haben wir eine eher rückständige Mentalität. Wenn man andere Länder betrachtet, sieht man etwa in der deutschen U21 Spieler, die bereits über 100 Bundesliga-Einsätze haben. So etwas ist in Italien fast unvorstellbar.

Woran liegt das?
Talentierte junge Spieler hatten wir schon immer. Was bisher fehlte, war der Mut, ihnen Fehler machen zu lassen. Ein junger Spieler muss Fehler machen dürfen, sonst lernt er nie. Ich sehe das aber alles von aussen. Da meine Profikarriere in St. Gallen so richtig begann. Mit 22 Jahren gelte ich in der Schweiz fast schon als «alt». In Italien wäre ich wahrscheinlich noch immer der junge Spieler, der noch alles lernen muss.

Glauben Sie, dass Italien sich in Zukunft dem internationalen Standard annähern wird?
Ich bin überzeugt, dass man auch in Italien nach und nach zu dem Verständnis kommen wird, dass die Zukunft den Jungen gehört – den Jungen, die Fehler machen dürfen. Schritt für Schritt werden wir uns so dem internationalen Fussball annähern.

Sie haben Ihren Karrierestart in St. Gallen angesprochen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Ostschweiz?
Zu Beginn wusste ich nicht einmal, wo St. Gallen liegt. Die ersten Monate waren hart. Neues Land. Neue Sprache. Aber ich habe nie gedacht, dass ich so viel Liebe für diesen Sport vorfinden werde. Ich kann dem gesamten Verein nur danken. Ich bin als Spieler und Mensch gewachsen. Es war eine super Erfahrung, die ich immer wiederholen würde. Zumal der Kybunpark Emotionen schenkt, die für immer im Herzen bleiben.

Sie sind einer von jüngst vielen Italienern, die die Super League als Sprungbrett wählten. Weshalb findet unsere Liga so grossen Anklang?
Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass junge Spieler den Mut haben, die Komfortzone zu verlassen, um an ihrem grossen Traum zu arbeiten. Genau das versuche ich jeden Tag zu tun. Die Schweiz hat mir viele Türen geöffnet. Der Druck ist hier viel geringer. Da kann man Dinge ausprobieren und in Ruhe wachsen und lernen.

Bei Aleksandar Stankovic war es Federico Dimarco, der ihm den Wechsel in die Schweiz empfohlen hatte. Auch bei Ihnen? Schliesslich kennen Sie ihn ebenfalls aus Ihrer Inter-Zeit.
Natürlich habe ich mit ihm gesprochen. Genauso aber mit Riccardo Calafiori und Willy Gnonto. Sie erzählten mir von einer offenen, dynamischen Liga sowie intensiven und unterhaltsamen Spielen. Die wichtigste Botschaft war trotzdem eine andere: Man bekommt die Möglichkeit, zu spielen. Genau das wollte ich.

Heute sind Sie gemäss Transfermarkt der Spieler mit dem höchsten Marktwert in der Super League. Alles Spielerei oder sehen Sie sich auch als besten Spieler der Liga?
Als stärkster Spieler fühle ich mich nicht. Der Wert bei Transfermarkt ist zwar schön anzusehen, hat aber nur begrenzte Aussagekraft. Entsprechend sind das eher oberflächliche Dinge, denn am Ende spricht immer der Platz.

Der Platz spricht am Ende, sagen Sie – wie erleben Sie das für Lugano sehr schwierige 2025?
Es war bisher in der Tat ein sehr schwieriges Jahr. Der Saisonstart war ein Spiegelbild des Endes der letzten Saison. Doch die Mannschaft ist jetzt enger zusammengewachsen und macht grosse Fortschritte. Jetzt benötigen wir Geduld, harte Arbeit und Zusammenhalt – dann werden wieder Erfolge kommen.

Wie haben Sie in dieser Zeit Mattia Croci-Torti erlebt?
Er ist stets positiv geblieben. In letzter Zeit hat er uns einen richtigen Schub gegeben, was nötig war. Auch der neue Assistenztrainer Michele Salzarulo unterstützt uns stark in Bereichen, in denen wir Defizite hatten. So schaffen wir es gemeinsam, aus dieser schwierigen Phase herauszukommen.

Hat das Team stets zum Trainer gehalten?
Oft wird der Trainer als Alibi gesehen. Alle müssen sich in solchen Zeiten hinterfragen – auch wir Spieler. Croci-Torti führt ein klares Projekt, das schon lange Bestand hat. Deshalb ist es richtig, dass er Trainer ist, und wir stehen zu 100 Prozent hinter ihm.

Ist das Schlimmste vorüber?
Ich bin in allem ein Optimist, selbst in schwierigen Momenten. Meiner Meinung nach legen wir Schritt für Schritt die Bausteine, um ein Fundament aufzubauen.

Was kann Lugano erreichen?
Grossartiges, weil wir uns nur auf die Meisterschaft konzentrieren können und die Mannschaft stark ist – nicht nur die Stammspieler, sondern auch jene, die weniger Einsatzzeiten haben. Es ist entscheidend, 20–25 einsatzbereite Spieler zu haben. Und das haben wir. Nur gemeinsam können wir Grosses leisten und am Ende der Saison Erfolge feiern.

Und wird nächsten Sommer dann der Moment kommen, dass Sie die Super League verlassen?
Ich bin jemand, der jeden Tag hart arbeitet, für immer grössere Ziele. Irgendwann möchte ich in einer Top-Liga spielen, das habe ich schon immer gesagt. Aber jetzt bin ich voll auf Lugano fokussiert.

Brack Super League 25/26
Mannschaft
SP
TD
PT
1
13
12
31
2
13
6
22
3
13
2
22
4
12
9
21
5
13
3
19
6
12
0
19
7
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4
17
8
13
4
16
9
13
-6
16
10
13
-5
14
11
13
-9
13
12
13
-20
6
Meisterschaftsrunde
Abstiegsrunde
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