Verwundert reibt man sich in England die Augen. Nicht ManCitys Sergio Agüero oder Liverpools Mohamed Salah stehen nach fünf Partien an der Spitze der Torschützenliste in der Premier League. Auch nicht etwa Tottenhams Harry Kane. Mit sieben Toren aus fünf Partien (!) überragt Chelseas Tammy Abraham alle. Tammy, wer?
Abraham ist 21 Jahre alt und gebürtiger Londoner. Seine Mutter ist Engländerin, der Papa stammt aus Nigeria. Seit er klein ist, spielt er für Chelsea. Zwischenzeitlich sammelt er zwar auf Leihbasis Erfahrungen bei Bristol City, Swansea und Aston Villa. Seit Sommer gehört der
grosse Knipser (1,90 m) aber dem Kader von Frank Lampard an.
Will wie Drogba werden
Dabei haben die Londoner gar keine andere Wahl: Aufgrund einer Transfersperre der Fifa dürfen sie dieses Jahr nämlich keine Spielereinkäufe tätigen (Verstoss gegen Regeln bei Transfers von U18-Spielern).
Die Strafe wird zum Segen. Denn so kommt der junge Abraham schon fast gezwungenermassen zum Handkuss.
Sein grosses Vorbild ist Chelseas ehemaliger Topstürmer Didier Drogba. «Ich wollte schon immer so sein wie er, immer hungrig nach Toren», sagt Abraham. Seinen Hunger nach Toren stillt der zweifache englische Nati-Spieler eindrucksvoll. Gestern trifft er beim 5:2-Sieg gegen Wolverhampton dreifach. Damit hat er als 21-Jähriger in drei aufeinanderfolgenden Partien in der Liga je mindestens zweimal getroffen – das haben vor ihm nur Cristiano Ronaldo (2006) und Dele Alli (2017) geschafft.
Dass Abraham gestern gegen die Wölfe auch ins eigene Netz trifft, bleibt letztlich nur eine Randnotiz.
Abraham wirbelt die Insel auf. Er hat seine Chance genutzt – und er weiss, wem er danken muss. Nach einem Tor gegen Norwich im August rennt Abraham zur Trainerbank und fällt Lampard in die Arme. Es sei besonders, wie der Chelsea-Trainer die jungen Spieler unterstütze, schwärmt Abraham. «Er gibt uns Vertrauen. Wenn ein Coach an dich glaubt, möchtest du einfach nur dein Bestes und 100 Prozent geben.»
Nigeria oder England?
Aktuell ist der 21-Jährige heiss umworben. Der nigerianische Fussballverband versucht, Abraham für die Nati Nigerias zu gewinnen. Denn bisher hat dieser für die Engländer nur Freundschaftsspiele bestritten. Ganz England hofft, dieses Juwel halten zu können. (sih)