Darum gehts
- David Beckham feiert 50. Geburtstag und bleibt fit durch Bewegung und Ernährung
- Beckham ist Investor, Werbefigur, Sexsymbol, Botschafter und globaler Influencer
- Sein Vermögen wird auf etwa 550 Millionen Franken geschätzt
David Beckham war das Alter nie wichtig. Auch jetzt ist das so, wenn er am Freitag seinen 50. Geburtstag feiert. «Die Leute fragen mich vorsichtig, wie ich mich fühle, als ob es eine grosse Sache sei», sagte er kürzlich der «Sunday Times». «Aber das Thema treibt mich überhaupt nicht um. Solange ich und meine Familie gesund und fit sind, ist alles ok.»
Er sei heute dank eines strikten Bewegungs- und Ernährungsprogramms in besserer Verfassung als zu seiner Zeit als Profi, hat er hinzugefügt. Leser des Magazins «Men’s Health», das den waschbrettbauchigen Adonis im April aufs Cover hievte, werden beipflichten. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!
Der Ex-Fussballer und Super-Promi
Beckham veranstaltet zu seinem Jubiläum einen regelrechten Partymarathon – das erste Fest organisierte er bereits einen Monat vorher im luxuriösen italienischen Restaurant Cipriani in Downtown Miami. Die Einladungsliste umfasste hundert sorgfältig ausgewählte Gäste aus den Bereichen, die ihn stets am meisten faszinierten: Sport, Show, Mode, Musik, Film und Fernsehen.
Die Familie war ebenfalls dabei, Ehefrau Victoria (51) und drei der vier Kinder; der Dresscode lautete «Black Tie» (Smokings und Cocktail-Kleider), und für die Beats (R’n’B und Hip-Hop) sorgten die amerikanischen Star-DJs D-Nice und Stretch Armstrong. Alles war von höchster Qualität und erlesenem Geschmack – typisch David Beckham eben.
Die Vorglüh-Gala in Florida verdeutlicht Beckhams Status als Super-Promi und globaler Influencer, der sämtliche Kategorien sprengt. Er ist alles: Investor, Weltenbummler, Werbefigur, Sexsymbol, Botschafter, Fussballidol. Sein Vermögen wird auf eine halbe Milliarde Pfund (ca. 550 Millionen Franken) geschätzt, diverse Partnerschaften mit Premiummarken garantieren ihm nach wie vor jährlich hohe zweistellige Millioneneinnahmen.
Wie Beckham zur Marke wurde
Seine schier grenzenlose Vermarktbarkeit hat sich bereits während seiner Laufbahn als Fussballer abgezeichnet, als er jung berühmt wurde und die damals noch viel berühmtere Victoria kennenlernte. Durch die Hochzeit mit dem damaligen Spice Girl im Jahr 1999 heiratete sich Beckham, damals 24, ins Unterhaltungsgeschäft ein. Von da an habe der Fussball «nur noch einen kleinen Teil» seiner Identität ausgemacht, befand sein früherer Trainer Alex Ferguson bei Manchester United einst naserümpfend.
Beckham war der Meister der langen Diagonalbälle, dank seines guten Aussehens und einem augenscheinlichen Faible für Mode transzendierte seine Wirkung aber schon früh den Rasen. Sein langjähriger Manager Simon Fuller (64), der auch die Strippen für die Spice Girls zog, hatte alles detailliert geplant.
Fuller erklärte in der «Times», wie er beim Markenaufbau von «Becks» vorgegangen war. Um Menschen in aller Welt anzusprechen, müsse man «popkulturelle Anknüpfungspunkte» finden und «die Zeit definieren», in der man lebe, fand er. Das ist genau das, was Beckham erreicht hat: Er setzt Trends und interessiert fast jeden, indem er sein Berufs- und Privatleben stilvoll inszeniert.
Arbeitsmoral hatte oberste Priorität
Die Familie hat bei ihm stets einen besonderen Stellenwert eingenommen. In Interviews weist Beckham immer auf seine Kindheit im blassen Londoner Aussenbezirk Leytonstone hin. Die Eltern schufteten rund um die Uhr, achteten streng auf Manieren – erstmals lobte ihn Vater Ted nach dem 100. Länderspiel («You have made it, boy»). Das färbte auf ihn ab. Viel wichtiger als sein Talent war seine Arbeitsmoral.
Beckham präsentiert sich heute glaubhaft als Mustervater, postet Bilder und Videos von sich und seinen Kindern, macht ihnen Frühstück und bringt die Tochter zur Schule. Smoothies seien seine Spezialität, sagt Beckham der Initiative Father Hood, weil er der Gesundheit zuliebe Gemüse als Zutaten einschmuggeln könne, ohne dass die Kinder es schmeckten.
Die Gespräche mit den Hühnern
Seit der Pandemie hat Beckham einen neuen Tick für Pflanzen und Tiere entwickelt. Diesen lebt er auf dem eigenen Country-Anwesen im Landschaftsschutzgebiet Cotswolds aus, anderthalb Stunden entfernt von der Londoner Familienvilla im Nobelviertel Holland Park. Er pflügt im Holzfällerhemd und in Gummistiefeln den Schrebergarten um und baut organisch Grünkohl, Rotkohl, Kartoffeln, Schalotten, Oliven, Beeren, Pflaumen an.
Morgens spricht Beckham zu den Hühnern im Stall. Auch einen Bienenstock hat er montiert und zeigt sich mit seinen Kindern im Imkermantel. «Gebt mir meinen Ehemann zurück», machte sich Victoria lustig. «Diesen Anzug trägst du aber bitte nicht zu Hause!»
Das Heimwerken erdet und erweitert darüber hinaus auch das Rollenspektrum um eine interessante Facette. Nur wenige Stars können wie «Golden Balls» (Beckhams Spitzname) sowohl in traditionell männlich konnotierten Domänen glänzen und zugleich als modisch-experimentierfreudiger «Metrosexueller» bei Frauen und Schwulen punkten. Seine Beliebtheit in der Gay Community konnte nicht einmal ein unverschämt gut bezahlter Job als Botschafter des Wüstenstaats Katar – wo Homosexualität verboten ist – Abbruch tun.
Früher verpönt – heute Nationalliebling
Das sichere Gespür für die gute Inszenierung hatte Beckham auch, als er sich nachts zwölf Stunden in eine Menschenschlange vor Westminster Hall stellte, um sich vor dem Sarg von Königin Elizabeth II. zu verabschieden. Politiker und andere Prominente waren zuvor dafür kritisiert worden, sich bei separaten Besuchen vorzudrängeln.
Beckham dagegen wartete geduldig, in Anzug und Krawatte, Regenschirm in der Hand. Einen Fotowunsch eines Fans wies er entschuldigend ab – er könne ja die Schlange nicht aufhalten. Im gespaltenen Brexit-Land war die Queen der grosse gemeinsame Nenner. Beckhams Ehrerbietung wirkte da insofern passend, als er nach ihrem Tod nun zunehmend selbst zum Nationalliebling avanciert.
Zu seiner Zeit als Profi bei Manchester United war das noch unvorstellbar gewesen. Das war zum einen auf die ausgeprägten Klubrivalitäten zurückzuführen und zum anderen auf seine Rote Karte bei der WM 1998, die als Ursache für das Aus der Engländer verantwortlich gemacht worden war. Er hat sich jedoch der testosterongeschwängerten Fussballberichterstattung inzwischen weitgehend entzogen.
Beckhams Fussballprojekt
Seine Auftritte im Bällekosmos finden fast ausschliesslich als Mitbesitzer von Inter Miami statt. Klubbesitzer: ein weiterer Trend, dem ihm Promis nacheifern.
Als Beckham im Jahr 2007, für die meisten Experten unerklärlich, mit 31 von Real Madrid in die Operettenliga MLS zu LA Galaxy wechselte, liess er sich eine Klausel in den Vertrag einfügen, die ihm zusicherte, irgendwann für 25 Millionen Dollar einen eigenen Klub gründen zu können.
Sieben Jahre später gab er seine Pläne bekannt. Die Wahl fiel auf den Standort Miami. Dieser passt zur Person Beckham, da immer die Sonne scheint. Im März 2020 bestritt Inter Miami das erste Pflichtspiel, das meiste Aufsehen erregte der Klub, als Beckham 2023 den frisch gekürten argentinischen Weltmeister Lionel Messi verpflichtete. Der erzählte kürzlich, dass Beckham sporadisch im Training selbst mitwirke, um sich fit zu halten.
Wann wird er in den Ritterstand erhoben?
Sonst sieht man ihn vor allem auf der Tribüne mitfiebern, als dabei neulich seine sichtlich gelangweilte Victoria neben ihm sass, machte er sich liebevoll über deren Desinteresse lustig. «Ich weiss, du liebst es in Wahrheit», postete er. Beckhams Präsenz ist dem Weltfussballverband Fifa so viel wert, dass Inter Miami kurzerhand ohne sportliche Qualifikation in das neue Klub-WM-Format in diesem Sommer gehievt wurde – als sogenannter Gastgeber.
Neben der puren Lust an der Show treibt Beckham auch noch etwas anderes an, sein grosses Lebensziel ist, in den Ritterstand erhoben zu werden. 2013 schien er kurz davor zu sein, aber die britischen Steuerbehörden meldeten offenbar Vorbehalte an. Seine Berater hatten zuvor eine Kampagne geschmiedet, um ihn zum «Sir David» zu machen.
Dokumente aus den Football-Leaks, einer Flut von gehackten E-Mails, zeigen Beckhams mutmassliche Empörung über die Nichtauszeichnung: «Ein Haufen Idioten. […] Wäre ich Amerikaner, hätte ich so was bereits vor zehn Jahren erhalten.» Darauf äusserte angeblich ein Vertrauter, man müsse nun das Engagement für wohltätige Projekte vorantreiben.
Happy End passt zu Beckham, wie Victoria
Diese kleine Peinlichkeit ist mittlerweile aber weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis der Briten verschwunden, genauso wie die Affäre mit seiner Assistentin Rebecca Loos vor 22 Jahren in Madrid. Es könnte also irgendwann funktionieren.
Bei Beckham gebe es «oft ein Happy End», kommentierte die «New York Times». Seine Verbindung ins Vereinigte Königreich hat er trotz der Tätigkeit in Miami immer bewusst aufrechterhalten. Auch bei seinen Vor-Feierlichkeiten macht er in London Halt. Seinen 50. Geburtstag wird David Beckham zu Hause auf dem Land verbringen. Nur er ganz allein, im Kreis der Familie, und 88 Millionen Followern auf Instagram.
*Der Journalist Raphael Honigstein lebt seit vielen Jahren in London. Er berichtet u. a. für den Spiegel, The Athletic und Sky über den englischen und deutschen Fussball.