Darum gehts
Die Erleichterung am Comer See ist gerade gross. Nicht in der Stadt des Serie-A-Klubs Como, sondern in Lecco, am südöstlichen Arm des Gewässers. Dort freut man sich riesig über den Klassenerhalt in der Serie C. Mittendrin der in der Schweiz geborene Trainer Federico Valente (49).
Blick hat den Berner während seiner Mission an seinem Arbeitsort besucht. Über vier Stunden dauert die Zugfahrt von Zürich via Monza nach Lecco. Hier arbeitet der frühere Goalie von Thun und Aarau seit etwas mehr als zwei Monaten – als bereits dritter Trainer in dieser Saison. Lange war es für den Serie-B-Absteiger eine Horrorsaison. Er drohte in die Serie D – eine Amateurliga – durchgereicht zu werden.
Fans und Journalisten sind voll des Lobes
Zwei Runden vor Schluss ist der Gang in die Bedeutungslosigkeit abgewendet. Dank Valente. Die Freude an ihm ist gross. Auch beim Präsidenten Aniello Aliberti (67), der in den letzten Wochen mehrmals dem ganzen Team und manchmal sogar den Journalisten eine Pizza spendiert hat.
Glücklich mit Valente sind aber auch Fans und Journalisten. Als Blick während des Spiels gegen den Traditionsklub Vicenza mit einigen der fast 20 akkreditierten Journalisten spricht, ist der Tenor eindeutig: Man wünscht sich, «il Mister» wäre viel früher gekommen.
Und wie sehr die Fans ihn ins Herz geschlossen haben, zeigen sie jeweils vor Anpfiff. Jedes Mal, wenn Valente aus der Kabine kommt, um über das ganze Feld zur Bank zu schreiten, gibts im Stadio Rigamonti-Ceppi tosenden Applaus. «Es fühlt sich gut an, wenn dich die Fans unterstützen und sie happy sind mit dem, was man macht. Ich kann es aber gut einschätzen: Was heute zählt, kann morgen bereits überholt sein.»
«Hätte nicht jeden Serie-C-Klub übernommen»
Valente kennt es aus eigener Erfahrung. Vor Lecco trainierte er in der Serie B den FC Südtirol. Nach knapp einem Jahr im Amt wurde er im letzten Dezember entlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren nur drei Berufskollegen in jener Liga länger im Amt. Es zeigt eindrücklich, wie kurz der Geduldsfaden im Land des Calcio ist. Wie man damit umgeht? «Man muss authentisch und ruhig bleiben – in guten wie in schlechten Zeiten», sagt Valente.
Lecco ist seine zweite Station im Profifussball. Dass die «Blucelesti» mit ihren wunderschönen gestreiften Trikots in der Serie C sind, hat ihn nicht vom Job abgehalten. «Ich hätte nicht jede Mannschaft aus der Serie C übernommen. Mir war es wichtig, dass es eine klare Vision gibt und man über den Sommer hinaus mit mir plant», erklärt er. Bis 2026 hat er unterschrieben. Zudem durfte er seinen eigenen Staff mitnehmen, darunter seinen Assistenten Nicolò Cherubin (38).
Serie C wie die Super League?
Dass die Serie C kein Rückschritt ist, zeigt die Partie gegen Vicenza. Auf der Tribüne merkt man schnell, dass wie überall in Italien die Spieler im Defensivverhalten dank tausendfach wiederholter Trainingsübungen gut geschult sind. Zudem kommt man im Laufe der Partie zum Schluss, dass das Niveau mit der Super League durchaus vergleichbar ist.
Diese Einschätzung teilt Valente. «Von der Intensität und der Physis her würde ich die Serie C irgendwo zwischen gutem Challenge-League-Niveau und dem Niveau des unteren Drittels der Super League ansiedeln», meint er. Seine Aussage basiert auf gesammelten Daten aus den Trainings und den Ernstkämpfen, wie etwa dem Laufvolumen.
Valente hat grosse Ambitionen
Dass es inzwischen Ex-Serie-C-Spieler gibt, die in der Super League durchstarten, überrascht Valente deshalb nicht. Man denke an Moussa Baradji (23) von Yverdon und Joseph Nonge (19) von Servette. «Auch in meinem Kader hat es einige Spieler, denen ich das zutrauen würde», sagt er, ohne jemanden speziell hervorzuheben.
Ein Kandidat wäre Niccolò Zanellato (26), der viel zum Klassenerhalt beigetragen hat. Er soll aber über den Sommer hinaus in Lecco bleiben, denn der Klub hat deutlich grössere Ambitionen als den Klassenerhalt. «Ab nächster Saison wollen wir wieder oben mitspielen», betont Valente.