Darum gehts
Häme und Spott über die Landesgrenzen hinaus, verpasste Relegation, Aufstiege zu früh gefeiert, unerklärliche Leistungseinbrüche in jedem Frühling – der Hamburger SV und seine Fans leiden seit sieben Jahren in der 2. Bundesliga. Doch nun schöpfen sogar die grössten Pessimisten unter den HSV-Anhängern Hoffnung auf den Wiederaufstieg. Der HSV steht zwei Spieltage vor Schluss auf Rang 1, und egal wie die Konkurrenz spielt: Gewinnen die Hamburger am Samstagabend gegen Ulm, ist die Rückkehr auf die grosse Bühne perfekt.
«Wenn ein Klub es schafft, das noch zu verspielen, dann der HSV», sagen die einen – «jetzt kann nichts mehr schiefgehen», die anderen. So oder so: In der zweitgrössten Stadt Deutschlands bereitet man sich für das Wochenende bereits auf die vielleicht grösste Aufstiegsparty der Geschichte vor.
Mit Silvan Hefti (27) und Miro Muheim (27) sind zwei Schweizer mittendrin beim HSV. Besonders der gebürtige Zürcher Muheim ist in der laufenden Saison einer der Hauptverantwortlichen für den Erfolg. Ein Beispiel? Als der Linksverteidiger im April wegen eines Muskelfaserrisses für drei Spiele ausfällt, gewinnt der HSV kein einziges. Kaum ist Muheim am vergangenen Samstag zurück in der Startelf, gewinnt sein Team wieder mit 4:0. Mit seiner Vorlage zum 1:0 sorgt er für den perfekten Start aus HSV-Sicht. Das führt auch gleich zum nächsten Fakt, der Muheims grandiose Saison unterstreicht und zeigt, warum in Hamburg so vom Schweizer geschwärmt wird: die persönlichen Statistiken.
Muheims Wahnsinnswert hinten links
Mit elf Vorlagen gehört der 27-Jährige zu den besten Vorbereitern der Liga. Laut Statistikportalen hat er zudem aktuell 2531 Ballkontakte in der laufenden Saison – mit grossem Abstand mehr als jeder andere Spieler in der 2. Bundesliga. Ein Wahnsinnswert für einen Linksverteidiger. Kein Wunder, ist Muheim inzwischen ein Leader im Team, Publikumsliebling im Klub und seit kurzem auch Schweizer Nationalspieler.
«Du spürst in jedem Spiel und an jedem Tag in der Stadt, dass die HSV-Fans sich nach der 1. Bundesliga sehnen», sagte der Zürcher im Exklusiv-Interview mit Blick im Januar. Nun ist er mitverantwortlich dafür, dass diese Leidenszeit am Samstagabend beendet werden kann.
Ein weiterer Hauptfaktor dafür, dass die Mission Aufstieg kurz vor dem Abschluss steht: die Offensive. Mit 70 Toren ist der HSV die Tormaschine der Liga. Ausgerechnet Davie Selke (30), ausgebildet beim Erzfeind Werder Bremen, führt für den HSV die Torschützenliste mit 21 Treffern an. Einst als Toptalent gelobt, dann als Problemprofi verschrien, führt er nun als Leader und Mentalitätsmonster die Hamburger Offensive an.
Trainer hat Potenzial für Hollywood-Märchen
Auch Samstag wird der gerade einmal vier Jahre ältere Trainer Merlin Polzin (34) auf den Top-Torschützen setzen. Polzin selbst ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, warum es diese Saison endlich klappen könnte mit der HSV-Rückkehr. Passend dazu liest sich seine Karriere schon fast wie eine Geschichte aus Hollywood: Aufgewachsen in Hamburg, einst als Fan im Hamburger Block, kann er nun das für seinen Herzensklub schaffen, was viele vor ihm verpasst haben.
Die Liste seiner Vorgänger, die gescheitert sind, ist lang und prominent: Hannes Wolf, Dieter Hecking, Daniel Thioune, Tim Walter und zuletzt Steffen Baumgart. Von Letzterem übernahm Polzin im vergangenen Dezember als Interimslösung und machte seinen Job so gut, dass er seine erste Stelle als Cheftrainer erhalten hat. Nur drei Ligaspiele gingen unter seiner Regie seither verloren, diverse Spieler sind unter ihm besser geworden, der Fussball ist hochattraktiv.
«Er war schon über vier Jahre lang Assistenztrainer und hat einen sehr engen Draht zu uns Spielern. Er weiss, wie wir ticken. Taktisch und auch menschlich ist er wirklich top, ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Was uns fast am meisten imponiert: Den Wechsel vom Co-Trainer zum Chef mit der nötigen Autorität hat er sehr gut geschafft», sagt sein Schweizer Schützling Muheim über den Trainer.
Sowohl Muheim als auch Polzin könnten am Samstag für das bisherige Highlight ihrer Karriere sorgen. Passend dazu wurde erst in dieser Woche eine Doku über den HSV angekündigt – über die letzten eineinhalb Jahre mit der Hoffnung auf das historische Happy End Wiederaufstieg. Alles ist angerichtet.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Hamburger SV | 33 | 35 | 59 | |
2 | 1. FC Köln | 33 | 11 | 58 | |
3 | SV 07 Elversberg | 33 | 26 | 55 | |
4 | SC Paderborn 07 | 33 | 13 | 55 | |
5 | Fortuna Düsseldorf | 33 | 7 | 53 | |
6 | 1. FC Magdeburg | 33 | 10 | 50 | |
7 | 1. FC Kaiserslautern | 32 | 4 | 50 | |
8 | Hannover 96 | 32 | 5 | 49 | |
9 | Karlsruher SC | 32 | -1 | 48 | |
10 | 1. FC Nürnberg | 33 | 0 | 45 | |
11 | Hertha BSC | 33 | -2 | 43 | |
12 | SV Darmstadt 98 | 32 | 0 | 39 | |
13 | Schalke 04 | 33 | -9 | 38 | |
14 | SC Preußen 06 Münster | 33 | -3 | 35 | |
15 | SpVgg Greuther Fürth | 32 | -15 | 35 | |
16 | Eintracht Braunschweig | 33 | -23 | 35 | |
17 | SSV Ulm 1846 | 33 | -12 | 29 | |
18 | SSV Jahn Regensburg | 32 | -46 | 24 |