Darum gehts
- Andrea Schnellmann: Eine der wenigen Frauenstimmen in Schweizer Fussballstadien
- Stadionsprecherinnen müssen Ansagen auf Deutsch und Englisch machen
- Acht Frauen werden als Stadionsprecherinnen bei der EM eingesetzt
Andrea Schnellmann ist eine der wenigen Frauenstimmen in Schweizer Fussballstadien. Noch. Denn die Frauen im Fussball sollen gefördert werden, nicht nur auf dem Platz, sondern auch hinter dem Mikrofon. An der EM werden neben Schnellmann noch sieben weitere Frauen als Stadionsprecherinnen den Fans einheizen.
Alles anders
Schnellmann ist seit 27 Jahren die Stadionstimme des FC Luzern. «Beim FC Luzern weiss ich seit Jahren: Das Sprüchli kommt dann und das kommt hier», sagt Schnellmann. Die 48-Jährige kennt das Stadion in- und auswendig, hat ein eingespieltes Team. An der EM wird alles grösser. Schnellmann kommt in Basel zum Einsatz. «Das Stadion ist doppelt so gross. Ich kenne das Team nicht. Es ist ein anderer Platz, ein anderes Mikrofon. Es sind kleine Dinge, die trotzdem ausschlaggebend sind», sagt sie.
Und die Sprache ist eine andere. In der Swissporarena spricht Schnellmann in ihrem Luzerner Dialekt ins Mikrofon, an der EM muss sie die Ansagen in Hochdeutsch und Englisch machen. «Ich musste mich ziemlich ins Englisch reinknien, das war ein kleiner Killer-Faktor bei mir», sagt Schnellmann. Mit einer Nachbarin, die gut Englisch spricht, hat sie die Aussprache geübt.
Von Information bis Emotion
Aber auch die Ansagen auf Deutsch musste sie üben. Ihre Aufgabe hinter dem EM-Mikrofon ist nämlich etwas anders; Stadionsprecherin ist nicht gleich Stadionsprecherin. «Wir in Luzern haben es aufgeteilt mit dem Stadionmoderator: Er animiert die Leute. Ich als offizielle Stadionspeakerin darf das nicht.»
Im Basler St. Jakob-Park ist sie aber mitverantwortlich für die Stimmung. «Die Stimmlage zu wechseln, ist sicher eine Challenge. Ich muss offizielle Durchsagen machen, bei denen die Leute zuhören sollen. Und gleichzeitig muss ich sie dann wieder animieren.»
Euphorie üben
Robin Fritschi ist Stadionsprecherin des FC Schaffhausen und hat die Ausbildung der Stadionsprecherinnen geleitet. Sie sagt: «Das mit den Emotionen ist gerade für Frauen oft schwierig. Welche Frau nimmt das Mikrofon und schreit rein?» Während der Ausbildung hat sie den Torjubel mit den neuen Stadionsprecherinnen geübt.
Auch die erfahrene Schnellmann musste das üben – und tut das auch weiterhin privat. «Mein Mann kann es wohl nicht mehr hören. Ich habe ihm diese Sätze schon 20, 30 Mal vorgelesen», sagt Schnellmann. Die Devise bei der Vorbereitung: lesen, lesen, lesen. Die englischen Ansagen hat sie sich in phonetischer Schrift aufgeschrieben, sicher ist sicher.
Schnellmann wird bereits am Montag nach Basel reisen und sich dort alles genau anschauen und testen. Alle Stadionsprecherinnen dürfen vor dem ersten Einsatz noch einmal vor Ort im EM-Stadion üben. «Ich bin schon angespannt, das ist eine grosse Verantwortung», sagt Schnellmann. In Basel finden fünf Spiele statt, darunter das Eröffnungsspiel und das Finale.
Frau am Mic
Vor 27 Jahren hätte Schnellmann nie gedacht, dass sie Stadionsprecherin würde. «Ich sitze nicht im Stadion vor einem Mikrofon und spreche zu zehntausend Leuten, habe ich damals gesagt», erzählt Schnellmann. Gemacht hat sie es trotzdem – und ist geblieben. «Ich finde es cool, in einer Männerdomäne Frauen zu sehen.» Deshalb freut sie sich auch, dass nun mehr Frauen am Mikrofon zu hören sind.
Das soll auch nach der EM gefördert werden. Die neu ausgebildeten Stadionsprecherinnen sollen bei Bedarf regelmässig in Schweizer Stadien zum Einsatz kommen. Für Schnellmann geht es zurück in die Swissporarena. Aber zuerst wird während der EM «alles aufgesaugt».