Formel-1-Star Hülkenberg über Fehler, seine Träume und die Zukunft
«Silverstone war ein magischer Moment»

Nico Hülkenberg ist in ein Tief geraten. Seit dem ersten Podest hat er viermal nicht gepunktet – in Monza konnte er nicht einmal starten. Das tut weh. Trotzdem gibt der Deutsche im Blick ein Interview über sein Leben, Corona, Teamkollege Bortoleto und die Audi-Zukunft.
Publiziert: 17:24 Uhr
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Aktualisiert: 19:17 Uhr
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Der magische Moment: Nico Hülkenberg feiert in Silverstone seinen ersten Podestplatz.
Foto: IMAGO/PsnewZ

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Marco MäderStellvertretender Leiter Sport-Desk

Blick: Nico Hülkenberg, «alter Penner» – mögen Sie sich erinnern? Im Blick-Interview 2013 haben Sie gesagt, das wäre Ihr liebstes Schimpfwort.
Nico Hülkenberg:
Da kann ich mich nicht mehr dran erinnern, das ist lange her – alter Penner … (lacht). Das brauche ich heute nur noch selten.

Verstehen Sie Schweizerdeutsch?
Es kommt darauf an, wie stark der Dialekt ist. Aber ich glaube schon. Wenn es dann natürlich so richtig ins Urige geht, dann wird es irgendwann schwierig.

Sie sind ein Sprachtalent. Welche Sprachen sprechen Sie fliessend?
Ich glaube, ich habe so ein Talent für Sprachen. Ich kann Akzente und die Aussprache gut nachmachen. Und daher denken Leute dann immer, ah, der beherrscht viele Sprachen – aber eine richtige Unterhaltung ist dann doch eine Challenge.

Aber Holländisch können Sie sicher …
Absolut, ja. Ich bin in der Nähe zu Holland in Emmerich am Rhein aufgewachsen. Dann spreche ich noch Englisch, klar. Dazu kommen Restaurant-Italienisch, Restaurant-Spanisch, Restaurant-Französisch und natürlich Schwiizertüütsch (lacht).

Welche Sprache wird bei den Hülkenbergs zu Hause gesprochen?
Mit meiner Frau spreche ich Englisch, mit meiner Tochter einen Mix aus Deutsch und Englisch.

Nico Hülkenberg (38) ist seit April 2021 mit der Litauerin Egle Ruskyte verheiratet. Im September 2021 kam Töchterchen Noemi Sky auf die Welt.

So herzig freut sich Hülkenbergs Tochter über ihren Vater
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Nach Sensation in Silverstone:So herzig freut sich Hülkenbergs Tochter über ihren Vater

Sie lebten einst im Thurgau. Nun aber wohnen Sie mit Ihrer Familie in Monaco. Weshalb das Fürstentum?
Es gibt da mehr Sonne, es gibt das Meer und ein bisschen mehr Lifestyle.

Gibt es Pläne, mal zurück nach Deutschland oder auch in die Schweiz zu ziehen?
Ich bin generell ein grosser Schweiz-Fan. Ich komme gerne dahin, liebe die Natur da, fühle mich sehr wohl da – mit Land und Leuten. Mit meiner Frau spreche ich öfters darüber, wieder aufs Land zu ziehen, mehr ins Grüne. Mein Motto ist immer: Sag niemals nie.

Hülkenberg erklärt, dass er regelmässig in der Schweiz sei – unter anderem auch, weil der Sauber-Sitz in Hinwil ZH liegt.

Zum Sportlichen: Sie fuhren in Silverstone zum ersten Mal aufs Podest. War das der schönste Moment Ihrer Karriere?
Ja, ohne Zweifel – Silverstone war ein magischer Moment. Was für ein Rennen! Die Bedingungen, die Ausgangslage, dazu der Start von ganz hinten: Das alles gemeinsam mit dem Team zu erleben, war schlicht gigantisch. Und auch alles danach, wie die Fans darauf reagiert haben – das war ein Stück weit überwältigend.

Hier holt Hülkenberg sensationell sein erstes Podest
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Dritter Platz in Silverstone:Hier holt Hülkenberg sensationell sein erstes Podest

War es zermürbend, 238 Rennen zu fahren, ohne je auf dem Podest zu landen?
Formel 1 ist ein Sport, in dem man extrem vom Arbeitsgerät abhängig ist. Da braucht es zwangsläufig Geduld. Bei mir wäre wohl schon viel früher ein Podest möglich gewesen, doch leider sind immer wieder Umstände dazwischengekommen – teils meine eigenen Fehler, teils falsche Strategien. Aber: Ich mache seit 15 Jahren das, was ich liebe. Am Ende des Tages macht man seinen Job und will das Maximum aus seinen Möglichkeiten herausholen.

Also hatte Lewis Hamilton recht, als er einst sagte, dass Sie selbst schuld dran sind, dass Sie zuvor nie auf dem Podest waren?
Ja, ich glaube, es war 2012, als ich mit Lewis kollidiert bin. Da war ich in einer Situation ein bisschen zu ungestüm. Da hätte ich schon auf dem Podest landen sollen.

«Daran ist Nico selber schuld», hatte Lewis Hamilton 2023 im Blick-Interview gesagt. «Hätte mich Nico 2012 in Brasilien im Kampf um die Führung nicht abgeschossen und eine Strafe kassiert, wäre er schon lange im Podest-Klub.»

Träumen Sie noch vom ersten GP-Sieg?
Natürlich, das ist das Ziel, da arbeiten wir darauf hin. Vor allem mit Blick auf nächstes Jahr wird sich von der technischen Seite her einiges ändern in der Formel 1. Und das ist eine gute Möglichkeit für alle Teams. Wir sind da sehr fokussiert am Arbeiten, am Pushen mit dem Audi-Team. Ich würde jetzt nicht erwarten, dass wir da von Anfang an vorne mitfahren. Das wäre natürlich schön für uns, für die Schweizer, für Audi, für alle. Aber ich glaube, das kann man nicht erwarten.

Sehen wir aktuell den besten Hülkenberg aller Zeiten?
Ja, ich glaube, dieser Hülkenberg ist ein recht konstanter Zeitgenosse, der über seine ganze Karriere eigentlich immer geliefert hat und quasi fast in allen Jahren, egal in welchem Team, um Punkte gefahren ist. Durch die Erfahrung, die ich habe, bin ich schon auf einem guten Niveau, vielleicht auf meinem höchsten Niveau. Ich fühle mich jedenfalls nicht auf einem absteigenden Ast.

Wie haben Sie sich in den letzten Jahren verändert?
Naja, optisch habe ich mich auf jeden Fall gut gehalten (lacht). Den Rest weiss ich nicht, das müsst ihr beurteilen.

Ende 2019 schien Hülkenbergs Karriere vorbei. Dann aber kam Corona. Weil Sergio Pérez und Lance Stroll 2020 wegen Covid insgesamt drei Rennen auslassen mussten, kehrte Hülkenberg zu Racing Point (früher Force India) zurück, er überzeugte in Silverstone und auf dem Nürburgring mit einem siebten und achten Platz.

Hat Corona Ihre Formel-1-Karriere gerettet?
Ja, das kann man wohl so sagen. Das hat mir auf jeden Fall Türen geöffnet und neue Möglichkeiten herbeigeführt, die dieses Quasi-Comeback nochmals ermöglicht haben.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?
Natürlich gibt es da Momente und Entscheidungen, aus denen man Lehren gezogen hat und die im Nachhinein nicht optimal oder vielleicht falsch waren. Aber ich glaube, das gehört im Leben dazu. Ich finde es mühsam, dann zu sagen, hier hätte ich es besser so oder so gemacht. So bin ich nicht gestrickt.

Wie sehen Sie Teamkollege Gabriel Bortoleto?
Sehr gut. Starke Entwicklung. Der Bursche ist extrem gut dafür, dass er noch in seinem ersten Jahr und Rookie ist. Er lernt sehr schnell, ist aufmerksam, ist ein extrem schneller Fahrer, macht wenig Fehler, ist sehr engagiert und passioniert bei der Sache dabei, und er hat alle Attribute, um in der Formel 1 weit zu kommen. Wenn er so weitermacht, dann traue ich ihm eine sehr erfolgreiche Karriere zu.

Harmoniert das Duo Hülkenberg/Bortoleto?
Ja, absolut. Neben dem, dass Gabriel ein guter Rennfahrer und ein richtig schneller Hund ist, ist er auch charakterlich ein feiner Kerl. Sehr gut erzogen, sehr bodenständig, super nett.

Hülkenberg persönlich

Nico Hülkenberg wuchs in Deutschland in Emmerich am Rhein an der Grenze zu Holland auf. Schon früh begann er mit dem Kartsport und zeigte grosses Talent. 2005 gewann er die deutsche Formel BMW, später überzeugte er in der A1GP-Serie und in der Formel-3-Euroserie. 2009 sicherte er sich den Titel in der GP2-Serie, was ihm den Weg in die Formel 1 ebnete. Sein Formel-1-Debüt gab er 2010 bei Williams. Ein besonderer Karrierehöhepunkt abseits der Königsklasse war 2015 der Sieg mit Porsche beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Nach Jahren als Ersatz- und Testfahrer kehrte er 2023 als Stammpilot für Haas in die Formel 1 zurück. 2025 in Silverstone holte er im Sauber seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 – im 239. Rennen. Er ist mit der Modedesignerin Egle Ruskyte verheiratet, mit der er eine Tochter hat.

Nico Hülkenberg wuchs in Deutschland in Emmerich am Rhein an der Grenze zu Holland auf. Schon früh begann er mit dem Kartsport und zeigte grosses Talent. 2005 gewann er die deutsche Formel BMW, später überzeugte er in der A1GP-Serie und in der Formel-3-Euroserie. 2009 sicherte er sich den Titel in der GP2-Serie, was ihm den Weg in die Formel 1 ebnete. Sein Formel-1-Debüt gab er 2010 bei Williams. Ein besonderer Karrierehöhepunkt abseits der Königsklasse war 2015 der Sieg mit Porsche beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Nach Jahren als Ersatz- und Testfahrer kehrte er 2023 als Stammpilot für Haas in die Formel 1 zurück. 2025 in Silverstone holte er im Sauber seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 – im 239. Rennen. Er ist mit der Modedesignerin Egle Ruskyte verheiratet, mit der er eine Tochter hat.

Bortoleto ist der erste Gratulant bei Hülkenberg
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Sauber feiert Podestplatz:Bortoleto ist der erste Gratulant bei Hülkenberg

Wer war Ihr schlimmster Teamkollege?
(Überlegt.) In der Formel 1 habe ich mich mit allen ziemlich gut verstanden. Da muss ich ein bisschen weiter zurückgehen. In der Formel 3, damals mit Romain Grosjean, das war immer so ein bisschen Katz-und-Maus-Spiel.

Nächste Saison wird alles neu. Was wäre Ihr schlimmstes Szenario für 2026?
Keinen Spass zu haben, wäre ziemlich schlecht. Und natürlich geht es am Ende des Tages um Leistung. Wenn wir ein Paket haben, das nicht leistungsfähig ist, das wäre blöd.

Was wäre das beste Szenario?
Dass wir ein Bombenpaket haben. Und dass wir alle in Grund und Boden fahren. Dann wären in der Schweiz, in Deutschland und bei Audi alle glücklich.

Wird Sauber die letzte Station Ihrer Karriere sein?
Davon ist aktuell auszugehen. Ich habe jetzt nicht den Masterplan oder das Ende vor Augen. Dafür bin ich viel zu fokussiert auf das aktuelle Geschehen und auf das, was nächstes Jahr kommt.

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