Darum gehts
Blick: Nach einem Zwischenhoch gab es letzte Woche inklusive Champions Hockey League wieder drei Niederlagen. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?
Leuenberger: Inkonstant. Vor allem das Spiel gegen Ambri (1:2-Heimniederlage; die Red.) entsprach nicht dem, was wir gerne hätten. Da müssen wir uns an der eigenen Nase nehmen, denn das ist sicher nicht das Level, das wir können und wollen. Damit ist eigentlich schon fast alles gesagt.
Eine Heimniederlage gegen Ambri ist eigentlich ein No-Go für eine Mannschaft mit dem Selbstverständnis der ZSC Lions. Einverstanden?
Ob das jetzt Ambri ist oder am Freitag Rapperswil (2:3-Niederlage, die Red.) – wir haben uns jeweils selbst geschlagen. Gegen Rappi leisteten wir uns viel zu viele unnötige Strafen. Im Endeffekt bist du dann auch selber schuld, wenn du verlierst. Auch gegen Ambri waren wir selber schuld, da wir nicht das Hockey spielten, das wir uns vorstellen. Dies betrifft vor allem auch die Zweikämpfe. Wir spekulieren, anstatt den Puck zu gewinnen, zuerst defensiv zu denken und erst dann offensiv. In den letzten zwei Jahren waren wir so erfolgreich, weil wir in jedem Spiel hart gearbeitet haben. Momentan spekulieren wir zu viel und dann bezahlt man in dieser Liga den Preis.
Die Verletzten meldeten sich zuletzt nach und nach zurück, am Wochenende standen sogar erstmals sieben Ausländer zur Auswahl. Trotzdem gab es Niederlagen gegen Rappi und Ambri. Hat Sie das überrascht?
Man darf nicht vergessen, dass Derek Grant und Andy Andreoff länger verletzt waren, Andreoff hat sogar die ersten zwei Spiele für uns bestritten. Es wäre sicherlich ein falscher Ansatz, zu glauben, dass die sie es dann gleich reissen. Wir konnten gewisse Erkenntnisse gewinnen, wo wir in dieser Liga stehen, wenn uns drei bis vier Leistungsträger fehlen. Entscheidender als ob sie spielen oder nicht ist aber, dass wir wieder zu unserem Hockey finden, defensiv solid stehen, dem Gegner nicht so viele Chancen geben und in den Zweikämpfen wieder als Sieger hervorgehen. Gratis gibt es gegen niemanden Siege.
Ist die momentane Baisse nach so viel Erfolg irgendwie auch menschlich?
Man darf es durchaus als menschlich betrachten, dass die Spannung nach den letzten beiden intensiven und erfolgreichen Saisons ein Stück abnimmt. Aber das wollen wir nicht akzeptieren und da sind wir Führungskräfte gefragt. Es gilt, den Spiegel hinhalten und zu sagen: «Hey Jungs, so reicht es nicht!» Das Ziel muss nun sein, dass genau diese Erkenntnisse umgesetzt werden und wieder das Hockey auf dem Level gespielt wird, das wir uns gewohnt sind.
Wann ist der Meisterkredit aufgebraucht?
Es gibt keinen Meisterkredit, es ist eine neue Saison. Man bekommt für den Meistertitel aus der letzten Saison nicht zehn Punkte Bonus gutgeschrieben. Wie alle anderen starten auch wir wieder bei null. Als gejagter Meister bekommen die Spieler den einen oder anderen Check oder Stockschlag mehr, aber das bedeutet nicht, dass man deswegen ein Revanchefoul begehen, jammern oder in den Zweikämpfen spekulieren muss.
Der aus Uzwil SG stammende Sven Leuenberger (56) gehörte als Aktiver zu den besten Verteidigern seiner Generation, bestritt 127 Länderspiele und wurde mit dem SC Bern viermal Meister. Nach seiner Karriere stand er von 2006 bis 2015 dem SCB als Sportchef vor, seit 2017 führt er diese Funktion bei den ZSC Lions aus. Mit insgesamt acht Meistertiteln (fünf bei Bern, drei beim ZSC) als General Manager ist Leuenberger der erfolgreichste Sportmanager im Schweizer Eishockey.
Der aus Uzwil SG stammende Sven Leuenberger (56) gehörte als Aktiver zu den besten Verteidigern seiner Generation, bestritt 127 Länderspiele und wurde mit dem SC Bern viermal Meister. Nach seiner Karriere stand er von 2006 bis 2015 dem SCB als Sportchef vor, seit 2017 führt er diese Funktion bei den ZSC Lions aus. Mit insgesamt acht Meistertiteln (fünf bei Bern, drei beim ZSC) als General Manager ist Leuenberger der erfolgreichste Sportmanager im Schweizer Eishockey.
Noch liegt in der Tabelle alles nah beieinander, ausser dass Davos mit 15 Punkten Vorsprung und überraschenderweise die SCRJ Lakers gleich dahinter an der Spitze enteilen. Macht Ihnen das Sorgen?
Nein. Es ist sicher so, dass Davos und Rappi derzeit ein sehr gutes Hockey zeigen, dies muss man respektieren. Aber viel entscheidender ist, was wir tun. Wir müssen auf unsere Stärken bauen, aber spielen sie momentan nicht aus. Wenn wir das umsetzen, was wir wollen und dann trotzdem verlieren, dann sind wir wahrscheinlich einfach nicht so gut. Aber momentan glaube ich das nicht. Zurück zu den Basics heisst die Devise.
In der National League werden aktuell so viele Trainer gewechselt wie noch nie zum Saisonstart. Ist auch Marco Bayer in Gefahr?
Für mich haben unsere derzeitigen Probleme rein gar nichts mit Personalien zu tun, sondern damit, dass wir die Tugenden, die wir verkörpert haben, noch nicht wieder abrufen. Dies ist für mich entscheidend und nicht Einzelpersonen. Da sind wir alle gefordert und daran arbeiten wir.
Dennoch die Frage: Ist der Job von Bayer in Gefahr?
Nein.
In der Champions Hockey League sieht es als Titelverteidiger auch nicht gerade rosig aus, mit Zwischenrang 12 und jetzt dem Auswärtsspiel bei Leader Ilves Tampere. Ist die Champions Hockey League derzeit überhaupt noch wichtig oder ist es Ihnen wichtiger, in der Meisterschaft den Tritt wiederzufinden?
Wir müssen den Tritt im Allgemeinen wieder finden und die erste Chance dazu ist das Spiel in Tampere. Das ist auch das, worauf wir uns einschwören müssen. Die Mannschaft muss in den Spiegel schauen und sich fragen: Wollen wir weiterkommen? Wenn wir weiterkommen wollen, müssen wir diese Aufgabe mit einer sauberen und guten Einstellung angehen, in erster Linie die Zweikämpfe gewinnen wollen und unser Spiel, ein schnelles, geradliniges Hockey, spielen.