Darum gehts
- Lian Bichsel trainiert in Fribourg und bereitet sich auf NHL-Saison vor
- Bichsel arbeitet an Rumpf, Stabilität und offensiven Fähigkeiten für Weiterentwicklung
- Mit 21 Jahren schaffte er es in einem Jahr von Schweden in die NHL-Playoffs
Blick: Lian Bichsel, warum treffen wir uns in Fribourg?
Lian Bichsel: Ich arbeite hier individuell mit Ilja Chanenko, meinem Skillscoach. Wir haben einen sehr genauen Plan ausgearbeitet, den wir gemeinsam verfolgen. Es geht darum, die technischen Details zu verbessern, die in der NHL den Unterschied ausmachen können. Es ist diese spezifische Arbeit, die mich voranbringt.
Wie lange arbeiten Sie schon mit ihm zusammen?
Schon seit einigen Jahren. Er hat auch mit meinem Fitnesstrainer zusammengearbeitet und sie haben eine Struktur geschaffen, die perfekt zu mir passt. Im Sommer haben wir Woche für Woche ein Programm aufgestellt, das wir konsequent umsetzen. Es ist ein Vertrauensverhältnis: Wir kennen uns gut, er weiss, was ich brauche, und ich weiss, dass ich mich auf ihn verlassen kann, um in den richtigen Bereichen Fortschritte zu machen.
Zusätzlich zu diesen spezifischen Einheiten trainieren Sie auch noch mit Gottéron?
Ja, es ist ein Pluspunkt, mit einer Mannschaft aufs Eis zu gehen, weil du den Spielrhythmus, die Pässe und das Tempo wiederfindest. Sie sind dabei, ihre Sommervorbereitung abzuschliessen, und das Tempo ist schon sehr hoch und die Intensität ist ein echter Pluspunkt für mich.
Verfolgt Ihr Verein in Dallas das genau?
Nein, nicht wirklich. Das ist unsere Entscheidung. Nach jeder Saison besprechen wir die Situation mit ihnen, und da ich in den letzten beiden Jahren sehr gute Ergebnisse bei den körperlichen Tests erzielt habe, haben sie mir gesagt: «Mach weiter so, wir vertrauen dir.» Das ist ein gutes Zeichen: Sie sind der Meinung, dass meine Vorbereitung in der Schweiz optimal ist. Das gibt mir wertvolle Freiheit, denn ich kann in der Nähe meiner Familie bleiben und trotzdem genau so arbeiten, wie ich es möchte.
Sie sind erst 21 Jahre alt, Ihr Entwicklungsspielraum ist enorm. Worauf legen Sie den Schwerpunkt?
Das Wichtigste für mich ist der Rumpf und die Stabilität. Der Oberkörper ist bereits solide, aber die Beine und die Explosivität sind wichtig. Auf dem Eis ist der Sommer entscheidend: Während der Saison spielst du jeden zweiten Tag und hast nicht wirklich die Möglichkeit, dein Spiel zu entwickeln. Hier kann ich an meinen technischen Fähigkeiten und meiner Entscheidungsfindung arbeiten. Ich möchte auch ein wenig aus meiner Komfortzone herauskommen. Ich arbeite an offensiven Aspekten, an Schüssen oder auch daran, Tore zu erzielen. Ich konzentriere mich nicht nur aufs Verteidigen und versuche, ein kompletterer Spieler zu werden.
Innerhalb eines Jahres haben Sie es von Schweden in die AHL, dann in die NHL und sogar in die Playoffs geschafft. Ist Ihnen bewusst, wie schnell das geht?
Ja, es ging sehr schnell. Gleichzeitig denke ich aber auch, dass ich noch nichts erreicht habe. Mein Ziel ist es, mich in der NHL zu etablieren, nicht nur als ein Verteidiger, der ein paar Spiele gespielt hat. Das ist ein Prozess. Ich muss immer nach vorne schauen. Natürlich, wenn ich an den Moment zurückdenke, als ich die Schweiz verlassen habe, um nach Schweden zu gehen, erscheint es mir verrückt, heute schon hier zu sein. Aber wenn du anfängst, zu viel darüber nachzudenken, wie schnell du den Weg zurückgelegt hast, verlierst du deine Energie. Deshalb versuche ich, nicht zu viel zurückzublicken.
Ihr erstes NHL-Spiel, gleich mit einem Treffer, muss verrückt gewesen sein.
Der ganze Tag war unglaublich. Alles war besonders, schon am Morgen mit dem Training und dann der ganze Tag mit den Medien. Der Trainer hatte mir gesagt: Geniesse es, das ist ein einzigartiger Tag. Heute darfst du Fehler machen, niemand wird dir Vorwürfe machen, es geht darum, den Moment zu geniessen.
Konnten Sie wirklich profitieren?
Ja, ich habe wirklich versucht, dem zu folgen, was mir mein Trainer gesagt hat. Und dann dieses Tor zu schiessen, war mehr, als ich mir je vorstellen konnte. Man wächst mit dem Traum auf, eines Tages in der NHL zu spielen, aber man rechnet nicht damit, dass es so kommt. Es ist eine Erinnerung, die sich für das ganze Leben einbrennt.
Sie wurden in der ersten Runde des Drafts gezogen. Haben Sie deshalb Druck gespürt, als Sie in die NHL kamen?
Um ehrlich zu sein, nein. Ich habe immer gewusst, dass es egal ist, wann du gedraftet wirst. Es zählt nur die Arbeit, die du danach machst. Als ich nach Schweden ging, gab es Druck. In der AHL war es genauso. Aber ich habe gelernt, das beiseitezuschieben und mich auf das Eishockey zu konzentrieren. Egal, ob du in der ersten oder fünften Runde ausgewählt wirst, am Ende musst du beweisen, dass du deinen Platz verdient hast. Für mich ist es keine Last, ein Erstrundenpick zu sein, es ist nur ein Detail in meinem Lebenslauf.
Sie haben in der AHL gespielt, bevor Sie von den Dallas Stars zurückgeholt wurden. War es vielleicht gut, dass Sie sich etwas gedulden mussten?
Ja, ich denke, das war das Beste, was mir passieren konnte. Am Anfang willst du natürlich direkt in die NHL, aber wenn ich zurückblicke, hat mir die AHL Zeit gegeben. Ich konnte mich eingewöhnen, arbeiten und verstehen, was von mir erwartet wurde. Der Sportdirektor hatte mir gesagt, dass er einen Plan für mich habe und dass er an mich glaube. Das war wichtig, denn es gab mir das Vertrauen, geduldig zu bleiben. Als der Anruf kam, war ich wirklich bereit.
Wie haben Sie die Playoffs in der NHL erlebt?
Es war verrückt. Sehr intensiv natürlich, und körperlich und mental sehr anspruchsvoll. Aber das ist genau mein Eishockeystil: eng, engagiert, jedes Detail zählt. In diesen vollen Stadien zu spielen, die Energie zu spüren, das war unglaublich. Du lernst in den Playoffs sehr viel, in jedem Spiel. Es ist eine Erfahrung, die dich als Spieler verändert.
In der Kabine sind Sie mit Stars wie Jamie Benn oder Tyler Seguin zusammen. Ist das nicht einschüchternd?
Am Anfang, ja. Wenn du ankommst, schaust du sie an und denkst dir: Diese Jungs habe ich als Kind im Fernsehen gesehen. Aber das legt sich schnell. Nach ein oder zwei Wochen merkst du, dass sie ganz normale Menschen sind, Teamkollegen wie alle anderen. In der Umkleidekabine bleibe ich ganz ich selbst, ich rede und lache. Es ist eine tolle Gruppe mit einer sehr guten Atmosphäre.
Tyler Seguin hat während des Lockouts 2012 in Biel gespielt. Reden Sie zusammen über die Schweiz?
Ja, oft. Er hat mir ein paar Anekdoten von seiner Zeit hier erzählt. Es ist immer interessant, wenn Spieler dieses Kalibers über dein Land sprechen. Darüber hinaus nehme ich viele Ratschläge von erfahreneren Jungs an, sowohl auf als auch neben dem Eis. Das ist Teil des Lernprozesses und ich versuche, jeden Moment zu nutzen, um zu lernen.
Ist das Leben in den USA nicht schwierig?
Nein, weil ich schon sehr früh, mit 16 oder 17 Jahren, von zu Hause weggegangen bin. Ich bin es gewohnt, weit weg von meiner Familie zu sein. Ausserdem mag ich es, auf mich allein gestellt zu sein und mich selbst organisieren zu müssen. In der AHL hatte ich ein Haus mit Teamkollegen, also war es nicht kompliziert. In Dallas habe ich zuerst in einem Hotel gewohnt und mir dann eine Wohnung gesucht. Alles war gut organisiert, ich hatte keine Sorgen.
Was vermissen Sie am meisten an der Schweiz?
Die Familie, die Freunde, das gemeinsame Essen, das Grillieren. In den USA verbringe ich die Abende oft allein. Das ist kein Problem und ich bin daran gewöhnt. Aber in der Schweiz geniesse ich es, möglichst viele gesellige Momente mit meiner Familie zu haben. Das ist letztlich das Einzige, was man in einer anderen Umgebung nicht wieder herstellen kann.
Nati-Coach Patrick Fischer bleibt bei der Haltung, die er im Januar bereits im Blick-Podcast «SCHLIIFTS?» klargemacht hatte: Es gibt keine Begnadigung für Lian Bichsel, der bis und mit der Heim-WM 2026 von der Nati gesperrt wurde, weil er einem U20-Aufgebot nicht Folge geleistet hatte. «Wir haben das in der sportlichen Führung entschieden und auch das Captain-Team miteinbezogen», sagte Fischer in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung».
Nati-Coach Patrick Fischer bleibt bei der Haltung, die er im Januar bereits im Blick-Podcast «SCHLIIFTS?» klargemacht hatte: Es gibt keine Begnadigung für Lian Bichsel, der bis und mit der Heim-WM 2026 von der Nati gesperrt wurde, weil er einem U20-Aufgebot nicht Folge geleistet hatte. «Wir haben das in der sportlichen Führung entschieden und auch das Captain-Team miteinbezogen», sagte Fischer in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung».
Was ist mit der Nati? Wie gehen Sie mit der Verbannung um?
Es ist schwierig, das zu akzeptieren. Ich bin stolz darauf, für mein Land zu spielen, was ich in der Vergangenheit schon oft getan habe. Ich werde mich freuen, wenn ich zu gegebener Zeit wieder in die Nationalmannschaft berufen werde. Wie ich bereits gesagt habe, ist die Schweiz mein Zuhause und es war fantastisch, hier im Sommer zu trainieren.
Trotzdem ... Sie werden also die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaft in der Schweiz verpassen. Das ist nicht unbedeutend.
Ja, aber es ist wirklich das, was ich schon immer gefühlt habe: Wenn ich etwas nicht ändern kann, dann mache ich es so, dass es mich keine Energie kostet. Ich wurde vom Verband gesperrt, und solange die Strafe nicht aufgehoben ist, kann ich nichts ändern. Also konzentriere ich mich auf mich und nichts anderes. Meine Schienbeinoperation (im Zusammenhang mit einem Bruch, den er sich vor zwei Jahren mit der Nati zugezogen hatte, die Red.) und die Rehabilitation waren sehr intensiv. Das hat mich dazu gebracht, mich auf die Vorbereitung auf eine entscheidende Saison zu konzentrieren, um mein Ziel zu erreichen: mich bei den Dallas Stars als Stammspieler in der NHL zu etablieren.