Darum gehts
- Leonardo Genoni: Konstanter Erfolg als Torhüter seit über einem Jahrzehnt
- Seine Gelassenheit und das Vertrauen der Mitspieler sind Schlüssel zu wichtigen Siegen
- Der 37-Jährige hat schon 7 Meistertitel und 2 WM-Silbermedaillen gewonnen
Gibt es ein bestes Alter für einen Torhüter? Die Antwort, wenn man sich diese Frage bei Leonardo Genoni stellt: Ja – jedes in den letzten 14 Jahren. Dass er mit sieben Meistertiteln (drei mit Davos, zwei je mit Bern und Zug) den Rekord hält, behält man einfach im Kopf. Ebenso, dass er mit der Schweizer Nationalmannschaft bereits zwei Silbermedaillen an Weltmeisterschaften (2024, 2018) gewonnen hat.
Das Beeindruckende an diesem Ausnahme-Goalie ist jedoch seine Konstanz im Alter zwischen 23 und aktuell 37. In jenen Saisons, in denen Genoni für einmal keinen Meisterpokal in die Höhe stemmen kann, stellt er kurzerhand andere Bestmarken auf. Feiert die meisten Shutouts oder Siege, weist die beste Fangquote auf. Oder steht eben mit der Nati in einem WM-Final. Er hält ein hohes Level. Auf Genoni ist Verlass – vor allem in grossen Momenten und wichtigen Spielen.
Beim WM-Silber in Prag ein Zeichen gesetzt
Bei seinen beiden WM-Silber-Medaillen besiegt die Schweiz mit Genoni im Kasten die Kanadier im Halbfinal 3:2. Vor einem Jahr in Prag im Penaltyschiessen mirakulös. Sowieso ist die WM-K.o.-Runde 2024 ein Glanzstück des Zürchers im Dienst des EVZ. Denn Genoni muss noch einen Brocken aus dem Vorjahr verdauen: In Riga wird kurz leer geschluckt, als im Viertelfinal gegen Angstgegner Deutschland Robert Mayer (35, Genf) zwischen die Pfosten geschickt wird. Damals gegen die grossmäuligen Deutschen ein vertretbarer Entscheid – den Trainer Patrick Fischer (49) rückblickend vielleicht gerne zurücknähme. Die Geschichte ist bekannt: Mayer patzt in der 7. Minute, die Mannschaft kann das Spiel nicht an sich reissen und rasselt aus dem Turnier.
Mit seiner Leistung 2024 setzt Genoni daher einmal mehr ein Zeichen. Betont hat er ohnehin immer, dass es für ihn in Bezug auf Torhüter nicht Alt oder Jung gibt, sondern nur Gut oder Schlecht. Er gehört zu den Besten. In der letzten Vorbereitungswoche auf die WM in Herning (Dä) und Stockholm (Sd) bildet er mit Sandro Aeschlimann (30, Davos) und Zukunftshoffnung Stéphane Charlin (24, SCL Tigers) das Goalie-Trio der Nati. Es könnte einzig noch durch ein allfälliges spätes Hinzustossen von Akira Schmid (24) verändert werden, der jedoch mit Las Vegas in die nächste Runde der NHL-Playoffs vorgestossen ist.
Für Genoni ist es die achte WM-Teilnahme in Folge und die elfte seiner grossartigen Karriere. Bedeutet für ihn? «Dass ich zu den Top-3-Torhütern gehöre und dem Team helfen kann.» Der dreifache Vater fühlt sich gut. Dass er aussergewöhnlich früh zur Nati gestossen ist nach dem 0:4-Viertelfinal-Out gegen Davos, bringt laut ihm den Vorteil, «dass ich mehr Spiele auf internationalem Level bestreiten kann». Fischers Anruf nach dem frühen Playoff-Ende nach einer durchwachsenen Saison – letztmals verpasst Genoni 2014 den Halbfinal-Einzug – hat ihm geholfen, vorwärts zu schauen. Das primäre Ziel für ihn an der WM ist? «Für mich ist es wichtig, gut und schnell ins Turnier zu finden.»
Erfolg ist vom Vertrauen der Mitspieler abhängig
Ein Markenzeichen Genonis ist seine Gelassenheit. Immer wieder wird seine auffällig ruhige Ausstrahlung als Schlüssel bei wichtigen Siegen ausgelegt. Ein Reflex bei Analysen, doch dahinter steckt viel mehr. Dafür lässt er uns in seinen Kopf schauen. Und verrät sein Erfolgsrezept: «Ich nehme es nicht allzu ernst in diesen Momenten.» Wie bitte? Er erklärt es anhand der letzten WM. «Die Atmosphäre im Stadion in Prag war einzigartig. Noch nie habe ich es so schön gefunden.» Er hat sie genossen, aufgesaugt. Und nicht an das Gesamtbild gedacht. «Es ist nur ein Spiel, in dem es für mich schlussendlich darum geht, den nächsten Schuss zu halten und so dem Team zu helfen.» An der Einfachheit dieser Gedanken sowie mentalen Einstellung scheitern laut Genoni, für den Nervosität ein Fremdwort scheint, viele und setzen sich stattdessen unter Druck, jetzt abliefern zu müssen.
Dass dem 37-Jährigen dabei seine Erfahrung hilft, ist klar. Doch der Meistergoalie setzt ein anderes Schlagwort: Vertrauen. Für Erfolge mitentscheidend sei, ob die Mannschaft ihrem Torhüter vertraut. «Es dauert lange, bis ein Torhüter das bedingungslose Vertrauen der Mitspieler bekommt. Es aufzubauen, braucht seine Zeit. Wieder verloren ist es dann viel schneller.»
Es ist unbestritten, dass Silberheld Genoni die Loyalität der (Nati-)Spieler sicher ist. Er spürt sie. Gleichzeitig ist er für seine Vorderleute da. «Ich habe ein Gefühl dafür entwickelt, was das Team braucht. Mein Instinkt sagt mir, wann zum Beispiel etwas mehr Kommunikation notwendig ist oder was den Spielern hilft. Ein Goalie strahlt viel aus.» Bei Genoni ist es mitunter Sicherheit. Sie kann abfärben – auch an dieser WM.