90 gegen 61 Kilo
Umstrittener Kampf zwischen Jake Paul und Gervonta Davis spaltet die Boxwelt

Ein umstrittener und ungleicher Kampf, den alle sehen wollen. Youtube-Star Jake Paul steigt gegen einen Top-Boxer in den Ring. Doch das Duell hat einen Haken.
Publiziert: 08:04 Uhr
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Aktualisiert: 11:17 Uhr
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Jake Paul (r.) besiegte im Juni 2025 Julio Cesar Chavez Jr., der allerdings seinen sportlichen Fokus längst verloren hat.
Foto: keystone-sda.ch
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Am 13. September stehen sich Supermittelgewichts-Champion Saúl «Canelo» Álvarez (35) und der ungeschlagene Champion im Weltergewicht, Terence «Bud» Crawford (38), im Ring gegenüber. Das Duell wird auf Netflix live übertragen und ist mit Sicherheit einer der grössten und sportlich bedeutendsten Kämpfe der jüngeren Boxgeschichte.

Trotzdem ist das nicht der Fight, über den alle reden, und das sagt viel über die Entwicklung des Boxens aus. Denn für hitzige Diskussionen sorgt vielmehr die Ankündigung, dass Youtube-Star Jake Paul (28) am 15. November in Atlanta gegen Gervonta Davis (30) antritt, den dreifachen Weltmeister in unterschiedlichen Gewichtsklassen, der seit Jahren als einer der technisch stärksten Boxer gilt und eine riesige Fanbase hat.

Ein absurder Wahnsinn

Warum dieser Showkampf alle elektrisiert? Weil der Gewichtsunterschied zwischen den beiden Boxern eklatant ist. Paul wiegt rund 90 Kilo und ist 1,85 Meter gross. Davis, Kampfname «Tank», wiegt 61 Kilo und ist 1,65 Meter gross. 90 Kilo gegen 61 Kilo – das ist eigentlich ein No-Go im Boxsport, ein absurder Wahnsinn, gefährlich und unverantwortlich.

Warum der Kampf trotzdem stattfindet, kann man mit einem Wort begründen: Geld! Zwei Boxer, mit Massen an Fans im Rücken, bis zum Kopf voll mit Tattoos, die zusammen in den Ring steigen, um sich gegenseitig zu prügeln, dazu die Streamingplattform Netflix, die das Spektakel weltweit live verbreitet, da kommt ganz schön Power zusammen. Um wie viel Kohle es für die beiden Boxer insgesamt geht, darüber kann man nur spekulieren, was wir hier tun: zwischen 30 und 40 Millionen Dollar für jeden – mindestens.

Geheime Vertragsklauseln?

Freakshow sagen die einen, Box-Leckerbissen die anderen. Wer sind die beiden Kontrahenten? Jake Paul, Schauspieler, Webvideoproduzent und Promoter, ist seit fünf Jahren Boxer, wofür er von vielen mehr belächelt als respektiert wird. Er kämpfte bereits gegen einen Ex-Basketballspieler und gegen mehrere alternde MMA-Kämpfer. Im November 2024 besiegte er den 58-jährigen Box-Opa Mike Tyson und sieben Monate später Julio Cesar Chavez Jr. (39), der gerade aus der Drogenentzugsklinik entlassen worden war und nach dem Kampf von der Einwanderungsbehörde ICE in den USA festgenommen und nach Mexiko abgeschoben wurde, wo er im Knast landete.

Gerüchte halten sich, dass Jake Paul beim viel beachteten Kampf gegen Mike Tyson geheime Klauseln in den Vertrag schreiben liess, die dafür sorgten, dass der ehemals «baddest man on the planet» keine seiner früher so gefürchteten Aufwärtshaken schlagen darf. Tatsächlich verzichtete Mike Tyson während des Duells vollständig darauf und verlor den Acht-Runden-Kampf gegen Jake Paul schliesslich klar nach Punkten.

Davis riskiert seinen Ruf

Gervonta Davis hingegen gilt als einer der talentiertesten und besten Boxer seiner Generation. Die ersten 30 Profikämpfe gewann er alle, 28 davon durch K.o. – eine Traumbilanz. Doch im März 2025 musste er sich gegen Lamont Roach (30) erstmals mit einem Remis begnügen, nachdem er in der neunten Runde schwer angeschlagen mit einem Knie bereits am Boden war. Viele Boxliebhaber wünschen sich seitdem einen Rückkampf zwischen Davis und Roach.

Wer mags dem Champion verdenken, dass er sein Vermächtnis und seinen Ruf riskiert und nun statt der WM-Revanche auf den lukrativen Showkampf setzt, bei dem er das Drei-, Vier- oder Fünffache verdienen kann?

Die Zukunft des Boxsports

Jake Paul, der über 28 Millionen Follower auf Instagram hat, freut sich auf das Duell, das er in tieffliegenden Worten anpreist: «Sein Spitzname mag zwar Tank sein, aber ich bin eine FPV-Drohne und werde ihn ausser Gefecht setzen. Ja, er ist einer der besten Boxer der Welt, aber mein Motto lautet: jeder, jederzeit, überall, gegen alle Widrigkeiten. Zuerst werde ich David töten, dann werde ich Goliath schlachten, und ihr alle werdet mir dabei zusehen und wieder einmal Zuschauerrekorde brechen.»

Zweifelsohne wird dieser Kampf hohe Wellen bei den Fans schlagen. Und ob es einem passt oder nicht, werden solche Kämpfe die Zukunft des Boxsports prägen. Denn sie begeistern das Publikum der Generation Z (Jahrgänge zwischen 1995 und 2009) und der Generation Alpha (Jahrgänge ab 2010). Und dieser Kampf zwischen Paul und Tank zeigt, genauso wie das Duell Álvarez vs Crawford, dass Netflix auch in der Live-Berichterstattung des Boxsports eine immer wichtigere Rolle einnimmt.

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