Sie besetzten die ETH
Zürcher Gericht spricht Pro-Palästina-Aktivisten teilweise frei

Das Bezirksgericht Zürich hat am Dienstag sieben Pro-Palästina-Aktivisten teilweise freigesprochen. Sie hatten am 31. Mai 2024 die Haupthalle der ETH Zürich besetzt. Das Verfahren dürfte vor Obergericht weitergehen.
Publiziert: 14:43 Uhr
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Aktualisiert: vor 54 Minuten
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Am 31. Mai 2024 besetzten Pro-Palästina-Aktivisten die Haupthalle der ETH Zürich. Am Dienstag sprach das Bezirksgericht Zürich die Urteile gegen sieben Beteiligte. (Archivbild)
Foto: ENNIO LEANZA

Darum gehts

  • Rund 70 Personen beteiligten sich im Mai 2024 an Sitzstreik an der ETH

  • Fünf Palästina-Aktivisten wegen Hausfriedensbruchs verurteilt
  • Sieben Freisprüche vom Vorwurf der Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Im Mai 2024 kam es an mehreren Schweizer Unis zu Pro-Palästina-Demos – Aktivisten besetzten die Uni-Gebäude, darunter auch die ETH. Jetzt mussten sich einige von ihnen vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten. 

In zwei verschiedenen Verfahren wurden am Dienstag fünf Beschuldigte wegen Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen. In zwei Fällen seien keine gültigen Strafanträge vorgelegen, wie die beiden Richterinnen bei der jeweiligen Urteilseröffnung sagten. Die beiden Beschuldigten waren demnach bei der ETH angestellt. Nach deren Regeln hätte der Präsident den Strafantrag stellen müssen, nicht die Sicherheitsbeauftragte.

Bedingte Geldstrafen

Die fünf verurteilten Beschuldigten kassierten bedingte Geldstrafen zwischen 20 und 30 Tagessätzen zu 30 bis 60 Franken. Dafür gilt jeweils eine Probezeit von zwei Jahren.

«Die ETH hat Hausrecht. Dieses wurde durchgesetzt», erklärte eine Richterin. Die Teilnehmenden am Sitzstreik seien vorgewarnt worden, viele hätten darauf reagiert. Das wäre den Beschuldigten demnach auch möglich gewesen. Die Störung durch Schreien und Singen sei zwar eher gering gewesen, gehe aber über die Zweckbestimmung hinaus.

Rund 70 Beteiligte

An dem Sitzstreik zur Mittagszeit waren rund 70 Personen beteiligt. Sie setzten sich für ein Ende der Zusammenarbeit der ETH mit israelischen Universitäten ein. Schon kurz zuvor, am 7. Mai 2024, war es zu einer ähnlichen Kundgebung gekommen.

Nach der Aufforderung durch die Polizei, die Halle zu verlassen, blieben nur wenige sitzen. Polizisten trugen diese aus dem Gebäude. Dass die Beschuldigten unter diesen waren, sahen die Richterinnen durch Aufnahmen der Polizei als erwiesen an.

Die beiden Anwälte hatten an der Verhandlung Argumente wie die Meinungsfreiheit, einen Notstand und die Berufung auf die Genozidkonvention vorgebracht. Diese liess das Gericht nicht gelten. «Sie hätten auch legale Möglichkeiten gehabt, um auf die Lage in Gaza aufmerksam zu machen», sagte sie. So habe die ETH-Leitung im Vorfeld Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Beschuldigte machen akademische Freiheit geltend

An der ersten Verhandlung Ende August äusserten sich die vier Beschuldigten in einem längeren Schlusswort. Die ETH kriminalisiere die Meinungsfreiheit, hiess es da. Die Hochschule sei nicht unabhängig, die Politik drohe mit Kürzungen und private Firmen bestimmten mit, was geforscht werde. Kritik sei nicht erwünscht und die «akademische Freiheit» interpretiere die Hochschule selektiv.

An den Verhandlungen nahmen auch viele Unterstützerinnen und Unterstützer teil. Polizisten kontrollierten sie am Eingang. Die Aktivisten verhielten sich am Gericht ruhig. Einzig die Bemerkung einer Richterin, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat in der Schweiz gross sei, führte am Dienstag zu verächtlichem Schnauben.

Städtische Polizeiverordnung kam nicht zur Anwendung

Vom Vorwurf der Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration wurden alle sieben Beschuldigten freigesprochen. Die städtische Polizeiverordnung komme an der ETH, die dem Bund gehört, nicht zur Anwendung, sagte eine Richterin.

Die Kosten von Untersuchung und Verhandlung werden allen sieben am Dienstag abgeurteilten Beschuldigten auferlegt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt der Pro-Palästina-Aktivisten kündigte noch im Gerichtssaal Berufung gegen die Verurteilungen und die Kostenauflage an.

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