Darum gehts
- Sicherheitsleck in Hirslanden Klinik Zürich: Unbefugter Zugriff auf vertrauliche Patientenakten
- Sohn eines Belegarztes hatte monatelang Zugang zu sensiblen Daten
- Interne Untersuchung durchgeführt, Gesundheitsdirektion prüft den Fall
Über Monate soll der Sohn des Belegarztes Carlo B.* Zugang zu streng vertraulichen Patientenakten der Radiologie der Hirslanden Klinik Zürich gehabt haben. Laut einem anonymen Brief, den Blick erhalten hat, habe der Sohn sich in dieser Zeit gar einen Spass daraus gemacht, auch die Akten von Schweizer Prominenten zu studieren und nachzuforschen, ob Nachbarinnen Schönheitsoperationen durchgeführt haben könnten. Sein Vater, der Arzt Carlo B., soll darüber im Bilde gewesen sein.
In einer Stellungnahme am Montag bestätigte die Zürcher Klinik das Sicherheitsleck grundsätzlich gegenüber Blick: «Der Fall hat bei Hirslanden hohe Priorität. Die Klinik hat umgehend eine interne Untersuchung zum Fall durchgeführt und die notwendigen Massnahmen getroffen.»
Unter Kündigungsandrohung abgemahnt
Am Dienstag dann wird Klinikdirektor Marco Gugolz konkret: «Wir müssen davon ausgehen, dass es sich bei dem Fall um einen Rosenkrieg zwischen dem beschuldigten Arzt und seiner Ehefrau handelt.» Korrekt sei, dass der Belegarzt seiner Frau unrechtmässig das Login zu Patientenakten gegeben habe.
Gugolz sagt: «Wir haben umgehend gehandelt und ihn unter Kündigungsandrohung abgemahnt und angewiesen, das Passwort sofort zu ändern und haben uns dies bestätigen lassen.»
Der Klinikdirektor erklärt zudem: «Wir gehen davon aus, dass es sich beim Absender des anonymen Schreibens um die Ehefrau handelt, die ihrem Mann und der Familie schaden will.» Aktuell werde untersucht, auf welche Patientendaten zugegriffen worden sein könnte.
Andere Version im anonymen Brief
Das anonyme Schreiben war Blick letzte Woche zugestellt worden. Ob dies tatsächlich von Jeannette B. stammt, kann Blick nicht verifizieren. Darin wurde die Situation anders dargestellt: Belegarzt Carlo B. habe die Login-Daten an seinen Sohn weitergegeben, weil dieser ein medizinisches Problem hatte und sich über Behandlungsmöglichkeiten informieren wollte. Dafür habe ihm sein Vater Zugang zu allen Patientenakten der Radiologie der Hirslanden Klinik Zürich gegeben.
Zunächst soll der Sohn sich Fälle von ähnlich gelagerten Leiden angeschaut haben. Später, so die anonyme Quelle, habe er begonnen, auch Namen aus seinem Bekanntenkreis und nach prominenten Schweizern zu suchen. In einem Fall soll er seinem Vater die Akte mit der Verletzung eines Schweizer Prominenten gezeigt haben.
Die Vorwürfe seien der Klinik schon länger bekannt gewesen. Man sei aber nicht darauf eingegangen. Deshalb, so wird im anonymen Schreiben erklärt, sei eine Aufsichtsbeschwerde an die Zürcher Gesundheitsdirektion von Amtsvorsteherin Nathalie Rickli (SVP) erfolgt.
Die Klinik schreibt, dass diese Aussage nicht zutreffe. «Die Klinik Hirslanden hat den gemeldeten Sachverhalt umgehend intern abgeklärt und Massnahmen auf Basis der Untersuchungsergebnisse ergriffen.»
Gesundheitsdirektion: «Komplexes Verfahren»
Am Dienstag bestätigt auch die Gesundheitsdirektion eine entsprechende Untersuchung. Man sei nach der Meldung des Vorfalls unmittelbar aufsichtsrechtlich tätig geworden. Falls sich der Sachverhalt erhärten sollte, drohten dem beschuldigten Arzt empfindliche Strafen, bis hin zum Entzug der Berufsausübungsbewilligung.
Die Verantwortung für die Sicherheit der IT läge aber klar bei der Hirslanden Klinik: «Wir erwarten von den Spitälern, dass sie ihre Sorgfaltspflichten wahrnehmen und konsequent einhalten.» Dies gelte speziell auch für Ärzte, die mit Spitälern zusammenarbeiten, aber über eine eigene Praxis verfügen und damit nicht direkt angestellt sind, wie die Gesundheitsdirektion in ihrer Antwort betont: «Auf die Zugriffsrechte von Belegärzten ist ein besonderes Augenmass zu richten.»
Wie lange die Untersuchung dauern werde, könne man nicht sagen: «Es handelt sich um ein komplexes Verfahren, zumal mehrere Personen involviert sind und die Sachverhaltserstellung auch in technischer Hinsicht anspruchsvoll ist.»
Carlo B.: «Höchstpersönliche Angelegenheit»
Blick suchte das Gespräch mit dem betroffenen Arzt. Der Anruf bei Carlo B. geht aber trotz eines in Aussicht gestellten Gesprächstermins am Montagabend ins Leere. Am Dienstag meldet sich Carlo B. schriftlich bei Blick. Er möchte vor dem Hintergrund des pendenten Verfahrens keine öffentlichen Äusserungen tätigen, versichert aber, vollumfänglich mit dem Amt für Gesundheit zu kooperieren. Zu den Hintergründen sagt er vielsagend: «Wie Sie richtig feststellen, liegt dem Verfahren überdies eine höchstpersönliche Angelegenheit zugrunde.»
Blick versuchte auch, die Ehefrau des Arztes zu kontaktieren. Bis zur Publikation war sie für Blick jedoch nicht zu erreichen.
* Name geändert