Darum gehts
- Offene Drogenszenen in Schweizer Städten nehmen zu, Behörden suchen Lösungen
- Zürich, Basel, Genf, Chur und Olten besonders betroffen
- Chur bewilligt 3,8 Millionen Franken für neuen Drogenkonsumraum ab 2026
Die berühmteste offene Drogenszene der Schweiz, der Platzspitz gleich hinter dem Landesmuseum in Zürich, wurde 1992 aufgelöst.
Lange Zeit danach waren die Drogenkonsumenten in vielen Schweizer Städten dann kaum mehr sichtbar. Doch mit der leichten Verfügbarkeit von Crack und Crystal Meth hat sich das geändert. In mehreren Schweizer Städten ist das Elend wahrnehmbar zurück. Es wird in aller Öffentlichkeit konsumiert. Verwahrloste Gestalten suchen offen nach Geld und Drogen.
Grosse Verfügbarkeit von Kokain
Was ist passiert? Frank Zobel, stellvertretender Direktor der Stiftung «Sucht Schweiz», bestätigt auf Anfrage das Wachstum der offenen Drogenszenen. Er sieht zwei Hauptgründe für die Entwicklung: «Die leichte Verfügbarkeit des Kokains, das als Crack oder Freebase konsumiert wird. Gleichzeitig haben wir aber auch viele Menschen, die in einer prekären Situation sind und darum Drogen konsumieren.» Der Kokainkonsum habe mehr Stress und manchmal auch andere Probleme mit sich gebracht, erklärt Zobel.
Zürich: Von Gessnerallee bis Bäckeranlage
In Zürich hat sich die Drogenzone auf eine grosse Fläche im Zentrum rund um den Hauptbahnhof verteilt. So trifft man auf dem Weg von der Tiefgarage Gessnerallee zum Central regelmässig auf Süchtige und auf Dealer. Am Ufer der Limmat, Richtung Letten, wird offen konsumiert. Auch in der Bäckeranlage sind die verzweifelten Gestalten zu sehen.
Die Stadt Zürich versucht mit verschiedenen Massnahmen, gegenzusteuern. Die Stadtpolizei verspricht mehr Präsenz. Zusätzlich eröffnet die Stadt ab dem 1. Oktober im Enge-Quartier einen Konsumraum für Auswärtige.
Zudem hat die Stadt Zürich gerade eine Crack-Anlaufstelle in den ehemaligen Polizeigaragen in der Kaserne eröffnet. Da können die Süchtigen in geschütztem Rahmen Crack und Freebase rauchen. Die Pfeifen dazu erhalten sie für vier Franken pro Stück.
Basel: Dreirosenanlage und Matthäusplatz
In der Stadt Basel hat sich vor allem rund um die Matthäuskirche und im Gebiet bei der Dreirosenanlage eine sichtbare Drogenszene etabliert. Auch in der Stadt am Rhein wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt.
An der Dreirosenschule wurden Schüler angefixt und ein Lehrer wurde sogar von einem Süchtigen ausgeraubt. Neben der Kameraüberwachung soll jetzt privates Sicherheitspersonal an den Schulen patrouillieren. Zudem sollen die Sozialarbeit auf der Gasse sowie die Rangerdienste verstärkt werden. Das sagte die Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann gegenüber dem Regionaljournal von Radio SRF.
Genf: Hinter dem Bahnhof
In Genf wurde 2023 der Drogentreff Quai 9 für Crack-Konsumenten geschlossen, weil sie immer wieder für Gewaltexzesse verantwortlich waren. Danach verteilte sich die Drogenszene rund um den Bahnhof, die Folgen waren katastrophal: Es gab hygienische Probleme und Stress für die Anwohner durch aggressiv bettelnde Süchtige. Seit diesem Sommer dürfen die Crackkonsumenten wieder ins erweiterte Quai 9. Die Situation hat sich leicht verbessert, aber die Szene ist noch immer sichtbar.
Chur: Im Stadtpark
Die Stadt Chur hat ebenfalls eine offene Crack-Szene. Sie hat sich im Stadtpark angesiedelt und ist nicht zu übersehen. Um das Elend im Park in den Griff zu bekommen, hat die Stadt einen Kredit über 3,8 Millionen Franken für einen Drogenkonsumraum bewilligt. Er soll ab März 2026 offen sein. Er liegt im Ausgangsquartier Welschdörfli, etwa 500 Meter vom Stadtpark entfernt.
Olten: Rund um die Stadtkirche
Olten gehört zu den kleinen und mittleren Schweizer Städten, wo sich ebenfalls eine offene Drogenszene etabliert. In Olten ist das vor allem auf dem Platz rund um die Stadtkirche. Auch hier setzt die Regierung auf intensivere Gassenarbeit und einen neuen Sicherheitsdienst.
«Mehr Kreativität in allen Bereichen»
Frank Zobel von «Sucht Schweiz» betont, dass Konsumräume ein sehr wichtiger Bestandteil der Schweizer Drogenpolitik bleiben. Aber mehr sei nötig: «Es braucht einen pragmatischen Ansatz und eine gute Gesprächskultur. Um die Situation in den Griff zu bekommen, braucht es gute Zusammenarbeit und etwas mehr Kreativität in allen Bereichen – Therapie, Schadenminderung und Regulierung.»