Angst vor einer Fentanyl-Welle
Basel wappnet sich für das schlimmste Drogenszenario

Der Kanton Basel-Stadt trifft Massnahmen für den Fall, dass synthetische Opioide in der Schweiz auf den Markt kommen.
Publiziert: 11:34 Uhr
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Aktualisiert: 11:44 Uhr
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Die Basler Polizei patrouilliert vermehrt an Drogenhotspots.
Foto: Zvg

Darum gehts

  • Basel bereitet sich auf mögliche Verbreitung synthetischer Opioide vor
  • In Basel konsumieren über 75 Prozent der 170 Abhängigen, die eine Kontaktstelle aufsuchen, Kokain
  • Kokainkonsum in der Schweiz nimmt zu, neue Drogenszenen bilden sich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas SchmidInlandredaktor

Kokain hat Heroin abgelöst an den Schweizer Drogenhotspots. In manchen Städten bilden sich in Pärken und an Bahnhöfen neue Szenen von Abhängigen. Der elende Anblick von Crack-Rauchenden schockiert Passanten.

Das Bundesamt für Gesundheit lud am vergangenen Dienstag Verantwortliche von Städten, Kantonen sowie Drogenfachleute zu einem weiteren runden Tisch, um zu erörtern, wie dem Konsum und dem Handel von Kokain und Crack zu begegnen ist.

Wie schon früher, als Heroin den Markt dominierte, setzen sie auf ein Vier-Säulen-Prinzip: Prävention, Schadensminderung, Behandlung sowie Repression. Dazu kommen spezifische Massnahmen, denn billiges Crack ist in grossen Mengen auf dem Markt. Es wirkt sehr schnell, und Abhängige rauchen es in kurzen Abständen.

Besorgniserregende Entwicklung

Der Kanton Basel-Stadt ist seit einiger Zeit mit einer neuen Drogenszene konfrontiert. Dort dominiert Kokain, sagt Regine Steinauer, Leiterin der Abteilung Sucht im kantonalen Gesundheitsdepartement. Die Abhängigen rauchten die Droge häufig als sogenannte Freebase – Kokain, das sie mit Ammoniak erhitzen. Weniger oft konsumierten Suchtkranke in Basel fertige Crack-Steine – mit Natron gebundenes Kokain. Warum sich dies im Gegensatz zur Westschweiz so verhält, kann Steinauer nicht erklären.

Weil die Zubereitung von Freebase aber etwas Zeit beanspruche, sei die Kadenz des Konsums geringer als beim Crack.

Unmut im Quartier

In Basel suchen laut Steinauer rund 170 Personen regelmässig die Anlaufstellen der Suchthilfe auf. Mehr als drei Viertel von ihnen konsumierten Kokain. Wie viele Abhängige es ausserhalb dieser Strukturen gebe, lasse sich nicht festmachen. 

Unmut entsteht vor allem dann, wenn das Problem sichtbar wird und der Konsum auf Plätzen und in Pärken stattfindet. Dies hatte im Sommer 2023 für Unruhe in der Bevölkerung von Kleinbasel gesorgt, als sich etwa 30 Abhängige fast jede Nacht im Quartier aufgehalten hatten. Dank intensivierter Zusammenarbeit mit der Polizei gelang es den Basler Verantwortlichen, die sichtbare Szene zu verkleinern. Der bevorstehende Sommer werde zeigen, ob sich diese wieder ausbreite, sagt Steinauer.

«Es ist absolut rücksichtslos!»
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Drogenszene in Basler Quartier:«Es ist absolut rücksichtslos!»

Angst vor synthetischen Drogen

Weil Kokain an die Stelle von Heroin als meistkonsumierte Droge getreten ist, befürchtet Expertin Steinauer, dass auch synthetische Opioide den Markt in Basel erobern könnten und Substanzen wie Fentanyl, Oxycodon oder Nitazene in den Umlauf kommen. «Bisher sind diese in der Schweiz erst über einzelne Käufe im Darknet aufgetaucht», sagt sie. Auf das Schreckensszenario, dass Dealer dereinst in Basel Fentanyl in der Szene verkaufen, bereitet sich der Kanton akribisch vor.

Steinauer weist darauf hin, dass in nahen deutschen Städten wie Frankfurt Fentanyl gehandelt werde und «dass Grenzen nur auf dem Papier existieren». Die Entwicklung sei unberechenbar, sagt die Fachfrau. Der Kanton Basel-Stadt hat deshalb bereits vor einem Jahr eine Arbeitsgruppe «synthetische Opioide» installiert. Diese betreibt innerhalb des Kantons ein Monitoring. Weiter befasst sie sich mit Behandlungsformen und pflegt Kontakte ins Ausland. 

Internationaler Austausch

Die Arbeitsgruppe nutzt Verbindungen nach Kanada und in die USA, wo Zehntausende wegen des Konsums von Fentanyl – das Opioid ist als Schmerzmittel gebräuchlich – starben. Zwei Ärzte, die einst in Vancouver in Kanada tätig waren und nun in den Universitären Kliniken Basel arbeiten, tauschen sich mit amerikanischen und kanadischen Kollegen über Erfahrungen und Entwicklungen in Übersee aus. Steinauer betont: «Wir wollen für alle Fälle parat sein.»


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