Darum gehts
- Wintereinbruch in Zermatt: Dorf abgeschnitten, erst seit Freitagabend wieder Strom
- Monte Rosa Hütte autark: Solarzellen liefern Strom, Betrieb fast normal
- Zwei Skitourengänger vom Kleinen Matterhorn nach zwei Tagen gerettet
Der Wintereinbruch hat den Weltkurort Zermatt VS fest im Griff. Am Freitag ist das Dorf am Fusse des Matterhorns noch immer von der Aussenwelt abgeschnitten. Strom gibt es seit Freitagabend wieder, nach fast 48 Stunden Unterbruch. «Es ist die absolute Ausnahmesituation», heisst es im Dorf.
Die intensiven Schneefälle haben weite Teile des Wallis in Ausnahmezustand versetzt. Gewaltige, vor allem nasse Schneemassen haben zu grossen Auswirkungen auf den Verkehr und die Stromnetze geführt. Leitungen konnten dem Gewicht des Schnees oder von umgestürzten Bäumen nicht standhalten. Deshalb auch der Stromunterbruch im Matterhorndorf.
Man tut, was man kann, in Zermatt. Die Lebensmittelgeschäfte blieben dank Notstromaggregaten geöffnet. Die Triftbachhalle im Dorf wurde zum Notfalltreffpunkt umfunktioniert. «Es gibt heisses Wasser zum Mitnehmen, ausserdem kann man sein Handy laden», sagt David Taugwalder, Sprecher von Zermatt Tourismus. Ein Minimalangebot für die ins vorletzte Jahrhundert zurückkatapultierten Menschen in Zermatt.
«Haben mega Freude am Schnee»
Während Zermatt im Krisenmodus ist, gehen die Dinge rund 1200 Meter höher ihren fast normalen Gang. Auf der Monte Rosa Hütte (2883 Metern über Meer) ist von den Einschränkungen im Dorf nichts zu spüren. Zwei Angestellte sind vor Ort. Hüttenwart Kilian Emmenegger sagt zu Blick: «Bei uns geht alles seinen fast normalen Gang.»
Stromausfall? Nicht in der Monte Rosa Hütte. Diese ist rundherum mit Solarzellen bestückt, gilt als Musterbeispiel für ein autarkes Gebäude. «Uns fehlt es an nichts. Wir haben Strom, zu essen, und es ist warm», sagt Emmenegger. Mit Gästen rechnet der Hüttenwart im Moment zwar nicht, aber «man weiss nie, wann noch jemand auftaucht.»
Einzig mehr Schnee schaufeln musste das Team in den letzten Tagen. «Das haben wir aber gerne gemacht. Wir haben mega Freude am Schnee», sagt Emmenegger. Der Grund: Für die Hütte sind die Schneefälle ein Segen. Hätte es nicht geschneit, hätte man unter Umständen die Saison Ende Monat beenden müssen. «Jetzt können wir wie gewohnt bis Mitte Mai offen haben», freut sich der Hüttenwart.
«Langsam wird es mühsam»
Etwas weniger euphorisch ist die Situation unten im Dorf bei Edith Lehner (59). Die Frau, die im Sommer die Hörnlihütte führt, nimmt die Situation aber gelassen. «Dass wir hier in Zermatt von der Aussenwelt abgeschnitten sind, kommt schliesslich mehrmals pro Jahr vor», sagt sie zu Blick am Telefon. Die Einheimischen seien daran gewöhnt. «Schwieriger ist es für die Gäste, die entweder nicht von hier wegkommen oder nicht anreisen können. Das kann schon stressig sein.»
Was Lehner mehr zusetzt, ist die lange Zeit des Stromunterbruchs. «Langsam wird es mühsam», sagt sie. Der Boiler in ihrem Haus ist leer, auch kochen ist nur sehr eingeschränkt möglich. «Aber wir nehmen es, wie es kommt. Dann gibt es halt Trockenfleisch und Brot zu essen. Und ein romantisches Dinner bei Kerzenschein ist ja auch nicht verkehrt», sagt Lehner und lacht. Wichtig sei, dass die Menschen in Sicherheit seien, dass sich niemand unnötig in Gefahr begebe. «Alles andere bekommen wir wieder hin», so Lehner.
Zwei Alpinisten evakuiert
Der Rettungschef von Zermatt, Anjan Truffer (51), ist vor allem damit beschäftigt, die Infrastruktur wiederherzustellen und zu sichern. «Wir unterstützen die Forstarbeiter dabei, die Stromleitungen von den Ästen zu befreien, sperren Wanderwege ab, machen Aufklärungsflüge, sprengen Lawinen», sagt er auf Anfrage von Blick.
Am Freitagmorgen mussten zudem zwei Skitourengänger vom Kleinen Matterhorn gerettet werden. «Die beiden wurden von den Schneefällen überrascht, haben nun zwei Tage am Berg ausgeharrt», sagt Truffer. Die beiden hätten aber in einem Unterschlupf Schutz gefunden, sodass ihnen nichts passiert sei. «Ansonsten war niemand mehr unterwegs.»
Truffer warnt aber. «Die Lawinengefahr ist sehr gross, und das wird auch so bleiben.» Ausflüge ins Gelände seien deshalb tabu, so der Rettungschef. «Ski fahren sollte man nur auf den Pisten.» Präsent ist in diesem Zusammenhang noch die grosse Lawine vom Ostermontag im vergangenen Jahr. Beim Riffelberg wurden mehrere Skifahrer ausserhalb der Pisten von Schneemassen mitgerissen – vier Menschen starben.
Geduld gefragt
Am späteren Nachmittag wird klar: Die Einschränkungen gehen weiter. Nach fast 48 Stunden fliesst gegen 20 Uhr wenigstens wieder Strom.
Die Zufahrt nach Zermatt hingegen bleibt geschlossen. Die Schneefälle fordern ihren Tribut. Gute Nachrichten kommen unterdessen aus dem Saastal. Hier gingen wenigstens die Lichter auch wieder an.