Unglück am Grossen St. Bernhard
Bus stürzt 250 Meter in eine Schlucht

Publiziert: 17.04.2005 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:08 Uhr
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ORSIERS (VS) – Mit dem Car waren sie heute Morgen nach Savona, zum Ausgangspunkt ihrer Kreuzfahrt, aufgebrochen. Doch für 12 Passagiere sollte es die allerletzte Reise werden. Sie endete am Grossen St. Bernhard.

Der Marti-Reisecar war nach Savona in Ligurien unterwegs, als er kurz vor 10.00 Uhr auf der Nordseite des Grossen St. Bernhards – zwischen Orsière und Liddes – verunglückte. Der Bus kam von der Strasse ab, überschlug sich auf einem etwa 50 Meter langen Steilhang, bevor er eine rund 200 Meter tiefe Schlucht hinunterstürzte und 250 Meter unterhalb der Strasse im Bett des Flusses «La Drance d Entremont» zum Stillstand kam.

14 der 27 Insassen wurde beim Sturz in die Tiefe ins Freie geschleudert. Das war ihr Glück; sie überlebten alle. Die restlichen 13 Passagiere blieben im Wagen eingeklemmt und konnten erst nach Stunden geborgen werden – nur einer lebend. Laut Renato Kalbermatten, Sprecher der Walliser Kantonspolizei, gab es 12 Tote und 15 Verletzte. Unter den Toten befinden sich sechs Frauen, fünf Männer und ein Jugendlicher im Alter von 15 Jahren. Vier Personen wurden schwer verletzt, schweben jedoch nicht in Lebensgefahr. Es ist das schlimmste Busunglück in der Schweiz seit 1982.

Wegen der Wetterverhältnisse und des steilen Geländes verliefen die Rettungsarbeiten für die rund 180 Helferinnen und Helfer sehr problematisch. Die Retter mussten zur Bergung der Opfer ins Unglücksgebiet abgeseilt werden.

Seit 13 Uhr konnte ein Helikopter der Air Glacier, der Verletzte evakuierte, aufgrund des schlechten Wetters nicht mehr fliegen. Gegen 12 Ambulanzen waren am Unfallort. Die Strasse zwischen Orsières und Liddes wurde gesperrt. Kurz nach 15.30 Uhr waren die Rettungsarbeiten abgeschlossen.

Die Ursachen für den Unfall sind nach wie vor unbekannt. Gemäss Kalbermatten sei die Strasse zum Zeitpunkt des Unfalls zwar nass, aber geräumt gewesen und der Bus sei im Anstieg gewesen. «Er konnte also nicht rutschen», sagte der Polizeisprecher.

Im «Marti Reisen»-Car hatten sich 24 Passagiere, zwei Chauffeure und eine Reiseführerin befunden, wie Heinrich Marti, Geschäftsleiter der Ernst Marti AG in Kallnach (BE) informierte. Der Bus war um 06.00 Uhr von Kallnach aus gestartet und hatte in Bern zunächst 18 aus der Region Bern-Mittelland stammende Passagiere aufgenommen. Die übrigen Passagiere stiegen in Lausanne und in Martigny zu.

Der Car sollte die Passagiere nach Savona auf ein Kreuzfahrtschiff für eine Mittelmeerkreuzfahrt bringen. Die beiden Chauffeure des Reisecars seien erfahrene Leute gewesen, die regelmässig solche Einsätze gemacht hätten, sagte Marti. Der verunfallte Bus sei erst im Juli 2004 neu gekauft worden.

Die Toten wurden vorübergehend in einer Halle in Orsières aufgebahrt, bevor sie später nach Sitten in ein Bestattungsinstitut überführt wurden. Für die Angehörigen der Opfer wurde unter der Nummer 044 655 12 12 eine Hotline eingerichtet. Bundespräsident Samuel Schmid nahm mit grosser Trauer Kenntnis vom Carunglück. Er sprach den Angehörigen sein Beileid aus und wünschte den Verletzten vollständige Genesung.

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