Darum gehts
- Uber-Fahrer steht vor Gericht wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung von Fahrgästen
- Täter lockte alkoholisierte Frauen in sein Auto und zwang sie zu sexuellen Handlungen
- Staatsanwaltschaft fordert 9,5 Jahre Haft und 12 Jahre Landesverweis für den Angeklagten
Plötzlich werden die Türen verriegelt, und Maria M.* (25) ist in einem fremden Auto gefangen. Ihr Uber-Fahrer Kenan T.* (44) will Sex. Vorher lässt er sie nicht gehen. Maria M. hat panische Angst, fügt sich letztlich dem Druck ihres Entführers und befriedigt ihn oral. Dabei hat sie den Zentralverriegelungsknopf im Blick und wartet auf eine Möglichkeit, zu fliehen. Als Kenan T. sie noch zum Geschlechtsverkehr drängen will, nutzt sie ihre Chance, öffnet die Beifahrertür und flieht. So zumindest beschreibt es die Zürcher Staatsanwaltschaft, was der heute 25-jährigen Frau vor rund einem Jahr widerfahren ist.
Der Fall von Maria M. ist nur einer von dreien, die am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Zürich verhandelt werden. Das Vorgehen des Beschuldigten war jeweils ähnlich: Kenan T. holte eine – teils stark alkoholisierte – junge Frau frühmorgens als Uber- oder Bolt-Fahrer aus dem Ausgang ab. Er fuhr mit ihr an einen abgelegenen Ort, verriegelte das Fahrzeug und zwang sie zu sexuellen Handlungen.
Jetzt steht er vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft fordert knapp zehn Jahre Haft und einen zwölfjährigen Landesverweis für den mutmasslichen Sexualstraftäter.
Zu Oralverkehr gezwungen
Kenan T. soll gemäss Staatsanwaltschaft zwischen April und Juli 2024 drei Frauen sexuell belästigt und möglicherweise vergewaltigt haben. Seine Opfer: Maria M.* (25), Corinne L.* (32) und Talia H.* (33), alle aus Zürich. Alle drei waren grösstenteils wehrlos, als sie von ihm angegangen wurden – etwa weil sie laut Anklage teils stark betrunken waren oder wohl auch Drogen intus hatten. Dies soll sich der Beschuldigte jeweils zunutze gemacht haben.
Zunächst bei Maria M.: Im April vergangenen Jahres entdeckt der Mann sie zufällig im Zürcher Langstrassenquartier, als sie gerade auf ihr Uber wartet. Er hält an und behauptet, ihre gebuchte Mitfahrgelegenheit zu sein. Zunächst fährt er in Richtung ihrer Wohnadresse. Als die stark alkoholisierte M. einschläft, fährt er aber weiter zu einem abgelegenen Parkplatz. Dort angekommen, verriegelt er die Tür und zwingt sie zum Oralverkehr. Doch das reicht T. laut Anklage nicht. Als er sie zum Beischlaf zwingen will (seine Wortwahl gemäss Anklage: «Können wir nicht ein wenig ficken?»), befreit sich die Frau, öffnet die Zentralverriegelung und flieht.
Er soll seine Opfer geschändet haben
Keine drei Monate später vergeht sich Kenan T. laut Anklage an Corinne L. Gemeinsam mit einem Begleiter steigt L. damals ins Auto des Angeklagten. Ihr Begleiter hatte die Fahrt via Bolt gebucht. T. holt beide beim Nachtclub Frida’s Büxe ab. Den Begleiter setzt T. bei der gewünschten Adresse ab. Nur: Statt L. wie verlangt nach Hause zu fahren, bringt er sie zweimal zu abgelegenen Stellen und schändet sie mutmasslich. L. soll bei den sexuellen Handlungen jeweils nicht bei Bewusstsein gewesen sein, weil sie laut Anklage stark betrunken war beziehungsweise wohl Drogen intus hatte.
Nachdem Kenan T. fertig ist, bucht er laut Staatsanwaltschaft nicht nur 100 Franken von der Bankkarte der 32-Jährigen ab, sondern ruft gar die Polizei, da L. nicht in der Lage ist, ihre Adresse zu nennen und die Fahrt zu bezahlen. Als die ahnungslosen Beamten eintreffen, nennt L. ihre Adresse und zahlt die 30-Franken-Fahrt via Twint. T. fährt danach ungehindert weiter und vergeht sich auf dem Heimweg ein letztes Mal – mit der Hand – an ihr. Erst als L. zu Hause ankommt und aufwacht, bemerkt sie weitere Berührungen des Mannes – und schlägt seine Hand weg. Auch Tage danach verspürt sie noch Schmerzen im Intimbereich.
Ähnlich erging es dem dritten Opfer, Talia H. Auch sie rief nach dem Ausgang ein Uber, um sicher nach Hause zu gelangen. Angekommen an der Wohnadresse der 33-Jährigen, verriegelte T. plötzlich die Türen und zwang sie mit Gewalt, ihn zu küssen. H. wehrte sich und schaffte es, die Tür zu öffnen und zu fliehen.
Hohe Strafe gefordert
Am Donnerstag kommt es am Zürcher Bezirksgericht zur Gerichtsverhandlung, von der die Öffentlichkeit teilweise ausgeschlossen ist. Zudem wird der Beschuldigte Maria M.s Befragung aus einem separaten Raum verfolgen, damit sie ihrem mutmasslichen Peiniger nicht noch einmal begegnen muss.
Auf Anfrage verzichtete Kenan T.s Verteidiger gegenüber Blick auf eine Stellungnahme.
Die Staatsanwaltschaft fordert neuneinhalb Jahre Haft, eine Busse von 2000 Franken und einen zwölfjährigen Landesverweis für T. Er ist zwar in Mazedonien geboren, verfügt aber über die italienische Staatsbürgerschaft. Blick berichtet am Donnerstag live aus dem Gerichtssaal.
Für den Angeklagten gilt bis zu einem rechtskräftigen Schuldspruch die Unschuldsvermutung.
* Alle Namen geändert