Darum gehts
- 16-Jährige dürfen 125er-Töffs fahren. Unfallzahlen haben sich mehr als verdoppelt
- Junge Fahrer schätzen die Freiheit, Experten fordern Verschärfung der Gesetze
- Seit 2021 erlaubt: 16-Jährige dürfen mit bis zu 120 km/h fahren
Erst seit kurzem möglich, und bereits verflucht: 16-Jährige dürfen seit 2021 bereits mit bis zu 120 km/h schnellen 125er-Töffs fahren. Die Schweiz übernahm damals eine EU-Norm. Die Folge: Die Unfallzahlen haben sich mehr als verdoppelt. Auch kam es jüngst zu schweren und tödlichen Töffunfällen. Kritiker fordern nun: Das Gesetz soll verschärft werden. So etwa die Aargauer SVP-Parlamentarierin Nicole Heggli-Boder. Nach einem Töffunfall ihrer 17-jährigen Tochter will sie die Altersgrenze wieder erhöhen.
Doch was sagen eigentlich junge Töff-Fahrer und -Fahrlehrer dazu? Blick hat sich mit Matteo Hefti (19), Leandro Klancar (17) und Luca Balli (17) sowie Christoph Schneiter (39) über ihre Erfahrung und eine mögliche Verschärfung unterhalten.
«Ein bisschen Freiheit in diesem Alter»
Matteo Hefti (19) hat seinen 125er-Töff vor rund drei Jahren – mit 16 – gekauft. Der Maler aus Zofingen AG fand es damals cool, dass er schon Töff fahren konnte. «Es ist ein bisschen Freiheit in diesem Alter.» Über mögliche Konsequenzen denke man in diesem Alter nicht wirklich nach. Hefti gibt zu: «Ich wurde auch schon geblitzt, weil ich zu schnell unterwegs war.»
Inzwischen macht sich Hefti jedoch mehr Gedanken darüber und begrüsst eine Verschärfung des Gesetzes. Der Grund: «Ich habe die Statistik zu den Unfällen gesehen. Es ist schon drastisch hochgegangen. Im Alter von 16 hätte ich es vielleicht nicht verstanden, jetzt aber schon.»
«Man muss nicht so früh aufstehen»
Leandro Klancar (17) fährt seit November 2024 mit seinem 125er. Heute Mittwoch legt der Elektroinstallateur-Lehrling aus Reiden LU voraussichtlich seine praktische Prüfung ab. Generell ist er für das 125er-Fahren ab 16 Jahren. «Es ist praktisch. Man kommt schneller ins Geschäft, um zu arbeiten, und muss nicht so früh aufstehen.»
Riskant finde er den 125er nicht. «Es gibt auch E-Velos, die 45 km/h fahren. Das ist dann ja noch schlimmer, weil die Bremsen schlechter sind.»
Klancar spricht sich gegen eine Verschärfung aus. «Wir müssten dann zurück aufs Töffli. Sind dadurch langsamer und nicht so mobil.»
Dass es zu mehr Unfällen kommt, erklärt sich Klancar mit der Fahrweise der Töff-Fahrer und der Wartung der Töffs: «Manche fahren gefährlicher. Oder sie halten die Sicherheit bei ihren Töffs nicht ein, machen also den Service nicht.» Auch ihm sei schon einmal etwas passiert: «Ich bin umgefallen, aber es war nicht so gefährlich.»
«Manche 16-Jährige haben mehr Seich im Kopf»
Luca Balli (17) fährt seit März 2024 einen 125er-Töff, das Billett hat er diesen April gemacht. Für den Metzgerlehrling aus Reiden LU ist die aktuelle Altersgrenze für die 125er genau richtig – «obwohl sie mehr Leistung haben».
Balli findet: «Es gibt auch Ältere, 20- und 22-Jährige, die die Gefahren nicht richtig einschätzen können. Es stimmt schon, dass man mit 16 mehr Seich im Kopf hat.» Aber: «In jedem Alter gibt es jemanden, der Seich macht.» Er selbst habe bisher keinen Unfall gebaut und sei auch nie gerast.
Eine Verschärfung hält er nicht für ideal: «Die 125er sind eine gute Vorbereitung für die grossen Töffs.» Für ihn stehe der 125er für «Freiheit und Unabhängigkeit».
«Er kam in Shirt, Shorts und Flipflops»
Christoph Schneiter (39) machte direkt mit 18 Jahren die Töffprüfung. Seit rund vier Jahren ist er zudem Töff-Fahrlehrer und hat dort täglich mit jungen Menschen zu tun. Laut dem Berner gibt es zwei Gruppen: die, deren Umfeld Töff fährt, und die, deren Umfeld es nicht tut. «Die einen kommen mit Schutzkleidung, die anderen ohne. Ich musste mal einen 15 Minuten vor Start nochmals nach Hause schicken, weil er in Shirt, Shorts und Flipflops kam.»
Laut Schneiter ist das Problem bei der aktuellen Gesetzeslage Folgendes: «Früher haben fast alle zuerst die Autoprüfung gemacht und dank der Begleitpflicht gelernt, sich im Verkehr zurechtzufinden.» Wer aber zuerst die Töffprüfung mache, werde «ins kalte Wasser geschmissen», so der Fahrlehrer. «Es spielt keine Rolle, ob jemand 16 oder 18 Jahre alt ist. Die wenigsten haben eine Vorstellung davon, was für Konsequenzen auf der Strasse lauern können.»
Dennoch würde Schneiter die Anpassung ans EU-Recht nicht rückgängig machen. «Ich finde, dieser Entscheid hat Vor- und Nachteile gebracht.» Die Nachteile sind offensichtlich. «Aber es bietet jungen Menschen auch neue Freiheiten.»
Trotzdem ist für Schneiter klar: Etwas muss sich verändern. Er empfiehlt, eine Fahrstundenpflicht einzuführen und die Vorschriften der Schutzkleidung zu verschärfen.