Schmelze hat begonnen
Ab jetzt verlieren die Gletscher an Masse

Die Schweizer Gletscher haben ihre gesamte Schnee- und Eisreserve verloren, wie Gletscherforscher Matthias Huss bekannt gab. Der Gletscherschwundtag wurde dieses Jahr besonders früh erreicht, was auf die anhaltende Gletscherschmelze hinweist.
Publiziert: 10:12 Uhr
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Aktualisiert: 10:21 Uhr
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Der Schnee, der diesen Winter den Grossen Aletschgletscher bedeckte, ist bereits wieder weg. (Archivbild)
Foto: PETER KLAUNZER
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Die Gletscherschmelze hat begonnen. Der Schnee und das Eis, die die Schweizer Gletscher im Winter angesammelt haben, sind ersten Berechnungen zufolge seit Freitag vollständig geschmolzen – ab jetzt verlieren die Gletscher an Masse.

Das gab der Gletscherforscher Matthias Huss auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bekannt. Dieser Zeitpunkt, an dem ein Gletscher die gesamte Schnee- und Eisreserve, die sich über den Winter angesammelt hat, wieder verloren hat, wird als Gletscherschwundtag – auf Englisch Glacier Loss Day (GLD) – bezeichnet.

Glaciar Loss Day immer früher

So früh wie dieses Jahr wurde der Gletscherschwundtag bislang nur einmal erreicht, wie Daten des Schweizer Gletschermessnetzes Glamos zeigen: Im Rekordjahr 2022 war er bereits am 26. Juni.

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Grundsätzlich gilt: Je früher dieser Tag eintritt, desto länger dauert die Phase, in der der Gletscher ungeschützt der Sommerhitze ausgesetzt ist. Normalerweise ist der Glacier Loss Day laut Huss im August, in seltenen Fällen sogar im September. Im vergangenen Jahr wurde der Glaciar Loss Day zum Beispiel am 11. August begangen.

Wetterbedingungen spielen entscheidende Rolle

«Für einen gesunden Gletscher, oder einen der sogar wächst, gibt es gar keinen Glacier Loss Day, das heisst wir kommen nie in die Situation, wo die im Winter angelegten Reserven komplett aufgebraucht werden», erklärte der Forscher. Dass es jeden Tag einen solchen Tag gibt, zeigt laut Huss. «Wir verlieren jedes Jahr!»

Aktuell handle es sich beim GLD 2025 um eine Schätzung, die sich bis zum Jahresende noch verändern könne, räumte Huss ein. Wie viel Eis die Schweizer Gletscher bis zum Ende der Schmelzperiode tatsächlich verloren gehen, hängt nun von den Wetterbedingungen der nächsten drei Monate ab.

Schmelze beschleunigt sich stark

Laut Huss könnten die Geltscher ähnlich viel Eis verlieren wie im Rekordjahr 2022, sie könnten aber auch nur einen moderaten Verlust erleiden, wenn die Wetterbedingungen jenen des Jahres 2021, also regnerisch und nicht sehr heiss, gleichen würden.

Die Gletscher in den Schweizer Alpen begannen vor ungefähr 170 Jahren, sich zurückzuziehen. Zunächst geschah dies aber noch zaghaft. Jahre mit Verlusten wechselten sich mit Perioden von einigen Jahrzehnten ab, in denen sich Schneefall und Schmelze die Waage hielten. Seither hat sich die Schmelze stark beschleunigt.

Rückgang des Eisvolumens um ein Drittel droht

Seit 2000 ist das Volumen der Schweizer Gletscher um 38 Prozent geschmolzen. Im Jahr 2000 betrug das Eisvolumen aller Schweizer Gletscher 74,9 Kubikkilometer, 2024 waren es noch 46,5 Kubikkilometer.

Rund ein Viertel der Gletscher in der Schweiz könne noch gerettet werden, wie die Schweizer Akademie für Naturwissenschaften in einem im Frühling erschienenen Faktenblatt festhielt. Allerdings nur mit starken Klimamassnahmen. Dazu wäre eine Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen auf Netto Null notwendig. Da Gletscher verzögert auf Klimaveränderungen reagieren, wäre, selbst wenn die Temperaturen ab sofort stabil blieben, innerhalb von 25 Jahren ein Rückgang des Eisvolumens um ein Drittel zu erwarten.

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