Darum gehts
- Ex-Hacker jagt Pädophile online und konfrontiert sie im echten Leben
- Ojaghi führt über 50 Profile und schreibt täglich mit bis zu 20 Pädophilen
- 298 mutmassliche Pädophile gestellt, 63 davon live auf Tiktok gestreamt
Auf Social Media nennt er sich etwa Louisa und ist elf Jahre alt. Oder auch mal Lena, dann ist er zwölf. In Wahrheit heisst er jedoch Marvin Ojaghi, ist 31 und lebt bei Stuttgart (D). Seit rund vier Jahren jagt der Ex-Hacker eigenmächtig mit einem Team von rund 40 freiwilligen Helfern mutmassliche Pädophile. Bis er sie im wirklichen Leben persönlich konfrontiert und der Polizei übergibt.
Sein Team und er sind sogenannte «Pedo Hunters», auf Deutsch Pädo-Jäger. Sie stehen für ein Phänomen, das auf Social Media viel Beachtung erhält und auch abgefeiert wird.
Vorfälle auch in der Schweiz
Zahlen zu Pädo-Jägern in der Schweiz sind nicht bekannt. Hierzulande sorgten bisher vorwiegend Vorfälle für Schlagzeilen, in denen Minderjährige mutmassliche Pädophile in die Falle lockten. Bei der Kapo St. Gallen spricht man von einer «Handvoll Fälle», im Kanton Aargau gab es «zwei Gruppierungen aus der gleichen Region», und auch die Kapo Zürich hat bereits Fälle verzeichnet.
Neben dem Ex-Polizisten Nick Hein (41) ist Ojaghi – dem rund 280'000 Personen auf Tiktok folgen – aktuell einer der bekanntesten Pädo-Jäger im deutschsprachigen Raum. Auch in der Schweiz hat er zwei kleinere Teams. Einsätze gab es hierzulande aber noch keine.
Anders als in aktuellen Beispielen, in denen etwa Jugendliche aus der Schweiz mutmassliche Pädophile in die Falle locken und spitalreif verprügeln oder auch ausrauben, sind Ojaghis Helfer alle volljährig. Er betont, es werde zudem keine Gewalt angewendet und auch niemand (mehr) öffentlich an den Pranger gestellt.
Blick hat sich per Videocall mit Ojaghi unterhalten. Stolz sagt er: «Innerhalb von rund vier Jahren haben wir 298 mutmassliche Pädophile gestellt.»
Schön öfter wurde über sein Wirken berichtet. So etwa, als er vor einem Jahr einen Pädophilen mit Rastazöpfen am Frankfurter Bahnhof in die Falle lockte. Oder als er einen Kirchenmann am Berliner Bahnhof stellte. Videos auf Social Media zeigen, wie seine Konfrontationen ablaufen: Ojaghi spricht die mutmasslichen Pädophilen an, fragt, warum diese ein Kind treffen wollten. Gleichzeitig rufen seine Kollegen die Polizei.
Belastende Vorarbeit
Laut Ojaghi sind diese Treffen nur nach langwieriger Vorarbeit möglich. Er sagt: «Viele sehen nicht, was im Hintergrund läuft. Das stundenlange Schreiben, das Erdulden von pädophilen Fantasien und die akribische Buchführung, um etwa Beweise zu sichern.»
Mit seinem Team führt er über 50 Profile auf verschiedenen Social-Media-Plattformen. Er verbringt täglich rund sechs Stunden damit, bis zu 20 Pädophilen zu schreiben. Und das neben seinem Job als Junior Sales Manager bei Vodafone.
Laut Ojaghi läuft der Kontakt mit den mutmasslichen Pädophilen meist ähnlich ab. Das Alter spiele bereits zu Beginn eine zentrale Rolle. «Sie fragen von sich aus, wie alt ich bin.»
Bis es schliesslich zu einem Treffen kommt, vergehen meist Wochen. «Mein längster Fall dauerte sechs Monate», sagt der Pädo-Jäger. Eine lange Zeit, in der Ojaghi – wie er sagt – «anstelle der Kids missbraucht wird». Das hinterlässt bei ihm Spuren. «Ich schlafe schlecht, abschalten fällt schwer.»
Konfrontation im Livestream
Wollen die mutmasslichen Pädophilen ein reales Treffen, setzen sich Ojaghi und seine Helfer intensiv mit dem Treffpunkt auseinander. Ihr Anliegen: Der mutmassliche Täter soll nicht fliehen können, gleichzeitig soll ihm nichts Schlimmes widerfahren. «Wir wollen, dass er gesund ins Gefängnis kommt und seine Strafe absitzt!»
63 dieser Konfrontationen hat Ojaghi bisher live auf Tiktok gestreamt. Es gehe ihm nicht um Selbstinszenierung. «Ich will meinen Followern zeigen: Hey, die mutmasslichen Pädophilen kommen wirklich zum Treffen mit einem angeblichen Minderjährigen!»
Ojaghi achtet heute darauf, nie das Gesicht der Konfrontierten zu zeigen oder deren Namen zu nennen. «Früher haben wir sie schon öffentlich an den Pranger gestellt. Das war falsch!», sagt er. «Zum Glück hatte ich deswegen nie Probleme mit dem Gesetz.»
Es gehe ihm darum, Licht auf das Thema des Kindesmissbrauchs zu lenken. Ojaghi, der in einem Kinderheim aufgewachsen ist, hatte in seinem Umfeld schon sehr früh Missbrauch beobachtet. Inzwischen hat er auch zwei Kinderbücher über Onlinegefahren für Minderjährige veröffentlicht. Ojaghis Wunsch: Strafen gegen Pädophile sollen verschärft werden. In Deutschland hat er hierzu eine Petition lanciert.
«Er riskiert, Unschuldige zu diffamieren»
Blick hat mit Dirk Baier (49), Gewaltexperte und Professor für Kriminologie an der Uni Zürich, gesprochen. Seiner Meinung nach handelt Ojaghi nicht aus reinem Altruismus. «Er macht es, um sich selbst besser zu fühlen. Sein Ziel ist die Jagd und harte Bestrafung dessen, was er als Abschaum betrachtet.»
Zwar sei es Ojaghi positiv anzurechnen, dass er und sein Team keine Gewalt anwenden. Trotzdem sei das Vorgehen problematisch. Baier: «Er stempelt Menschen, die sich im Graubereich der Pädophilie oder des sexuellen Missbrauchs bewegen, als Pädophile ab und riskiert, Unschuldige zu diffamieren und Biografien zu zerstören.»
Schlimmstenfalls könnte Ojaghis Tätigkeit verhindern, dass tatsächliche Pädophile überführt werden, so Baier: «Überreicht er der Polizei Beweise und reichen diese für eine Festnahme nicht aus, könnte der Täter durch Ojaghis Vorgehen gewarnt und aufgeschreckt sein. Und sich künftig auf anderen Plattformen tummeln und weiter Untaten begehen.»
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