Die Aktionen sind beklemmend und zur Mode geworden. Gruppen von Buben und jungen Männern in der Schweiz locken mutmassliche Pädophile an, tun ihnen Gewalt an und stellen die Videos davon ins Netz. Die selbsternannten Pädophilen-Jäger verkaufen sich als rettende Engel, die Kinder schützen. Ein Vorwand, ganz klar. Doch fatalerweise verfängt er in der Bevölkerung.
Das zeigt sich in den Kommentarspalten zu Pädo-Jäger-Artikeln. Es zeigte sich 2024 auch in Lugano, nachdem die Polizei 19 (!) jugendliche Pädophilen-Jäger festgenommen hatte. Das Westschweizer Fernsehen RTS befragte dann für einen Beitrag Einwohner auf der Strasse. Die Reaktionen: Schulterzucken, Aussagen wie «Endlich tut jemand etwas».
Tatsächlich hat die Pädokriminalität im Netz während Corona zugenommen, und viele Polizeikorps kommen nicht nach. Doch ist es naiv, zu glauben, die pubertären Schlägertrupps würden es richten.
Sie sind nicht am Kampf gegen Pädokriminalität interessiert, sonst würden sie die Verdächtigen der Polizei melden. Sie treibt etwas ganz anderes an, Banales: Spass am Quälen, Lust an der Macht über Menschen. Und wie Fälle in Zürich und Lugano zeigen: Gier nach dem Geld, das sie ihren Opfern abnehmen.
Diese Selbstjustiz ist gefährlich. Wenn Private anfangen, Polizisten und Richter zu spielen, ist es eine Frage der Zeit, bis Nachahmer es ihnen gleichtun. Dann vielleicht nicht gegen Pädophile, sondern gegen alle, die ihre Weltanschauungen nicht teilen. Wo wir dann hinkommen, sieht man in den USA. Dort fürchten Politiker um ihr Leben.