Darum gehts
- Paar betrog mehrere Reiseversicherungen mit gefälschten Stornierungen und Arztzeugnissen
- Luxuriöser Lebensstil auf Instagram mit 30'000 Followern präsentiert
- 60'000 Franken in vier Monaten ergaunert, Staatsanwaltschaft fordert 18 Monate bedingt
Zeynep H.* (41) aus Frauenfeld TG lebt und liebt das schöne Leben. Auf Instagram hat sie fast 30'000 Follower und zeigt sich gerne an den schönen Orten der Welt. Cappuccino schlürfen in Italien, Yacht-Spotting in Monaco, Aussicht geniessen in Dubai. In einem ihrer Posts schreibt sie: «It's so easy» – es ist so einfach.
Einfach schien es ihr zu fallen, denn um schnell an viel Geld zu kommen, zockten sie und ihr Ex-Mann Emilio H.*, ein Gastronom, (35) gleich reihenweise Reiseversicherungen ab.
Axa, CSS, Helvetia, Baloise, Mobiliar und vier weitere Versicherungen gehören zu den betroffenen Unternehmen. Die Masche: Bei verschiedenen Anbietern parallel eine Reiseversicherung abschliessen und dann eine geplatzte Reise mehrmals als Schadenfall geltend machen.
So kassierten die beiden an die 60'000 Franken innert vier Monaten. Am Dienstag müssen sie sich vor dem Bezirksgericht Frauenfeld verantworten. Ihnen drohen bedingte Gefängnisstrafen.
Plötzlich floss das Geld – und wie
Für die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau ist in der Anklageschrift glasklar: Zeynep H. und ihr Ex-Mann Emilio H.* sollen sich des mehrfachen, gewerbsmässigen Betrugs und des versuchten Betrugs schuldig gemacht haben.
Angefangen hatte alles mit einer Reise nach Andermatt UR Anfang Februar 2021. «Zufolge Krankheit» hätten die beiden den fast 5000 Franken teuren Trip absagen müssen. Um das «Schadensereignis» zu dokumentieren, reichten sie Arztzeugnisse ein und meldeten den Fall erst bei der Allianz und dann auch bei der Helvetia an. Die Allianz zahlte knapp über 4000 Franken, die Helvetia lehnte ab, «mangels Versicherungsdeckung».
Ein harziger Start ins Betrügerleben. Doch das Paar machte weiter. Anfang März 2021 waren die beiden erfolgreicher. Eine zehntägige Reise nach Livigno (I) für 5500 Franken annullierten sie ebenfalls wegen Krankheit, so die Anklageschrift. Sie meldeten den Schadenfall bei der Helvetia, der Baloise und bei der Allianz an und reichten Arztzeugnisse, Buchungs-, Zahlungs- und Stornierungsbestätigungen ein.
Und dann – floss das Geld. Die Helvetia zahlte 5800 Franken, die Allianz 6300 Franken und die Baloise über 6500 Franken.
«Nicht besonders raffiniert»
Schnell ging es weiter. Wieder war es eine Krankheit, die den beiden angeblich eine Reise nach Locarno TI Mitte April 2021 vermieste. Die Kosten für sechs Tage Ferien am Lago Maggiore: 7200 Franken. Diesen Betrag meldeten sie parallel der Axa, der Zurich, der CSS, dem TCS und der ERV (Europäische Reiseversicherung). Und wieder floss das Geld. Alle Versicherungen zahlten praktisch den gesamten «Schaden» von über 7000 Franken. Doch langsam flog der Schwindel auf. Die Helvetia lehnte die Auszahlung ab. Grund: «Betrugsverdacht».
Im August 2021 kam es zum letzten Betrugsversuch. Eine Reise nach Italien wurde einmal mehr wegen Krankheit abgesagt. Gemäss Anklageschrift wusste das Paar, dass es von der Versicherung nur die Stornierungskosten zugute gehabt hätte. Dennoch gaben sie den vollen Betrag für die geplanten Hotelübernachtungen bei der Mobiliar an. Die Staatsanwaltschaft nennt das: «Nicht besonders raffiniert.»
Anderthalb Jahre Knast gefordert – bedingt
Die fast 60'000 Franken, die das ehemalige Paar anhäufte, brauchte es gemäss Staatsanwaltschaft, um die Spielschulden von Emilio H. zu tilgen. Die beiden «finanzierten damit jedoch auch allgemeine Haushaltskosten und neue Möbel».
Am Dienstag stehen Zeynep H. und Emilio H. wegen gewerbsmässigen Betrugs und versuchten Betrugs vor dem Bezirksgericht Frauenfeld TG. Die Staatsanwaltschaft fordert bei Zeynep H. anderthalb Jahre Knast, bedingt aufgeschoben zugunsten einer Probezeit von drei Jahren.
Angeklagte haben Geständnis abgelegt
Für den Ex-Partner Emilio H. werden ebenfalls anderthalb Jahre bedingt gefordert. Die Probezeit beträgt bei ihm fünf Jahre.
Ihm wird zudem mehrfache Drohung und Beschimpfung vorgeworfen, weil er in seinem Restaurant in Frauenfeld einen Angestellten beleidigt und bedroht haben soll. Er soll zudem eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von 9000 Franken zahlen.
Die acht betrogenen Versicherungen wollen ihr Geld zurück. Es stehen Forderungen von mehreren 10'000 Franken im Raum.
Die beiden Beschuldigten haben gemäss Anklageschrift ein umfassendes Geständnis abgelegt, das Verfahren wird abgekürzt geführt. Gegenüber Blick wollten sich beide nicht äussern. Zeynep H.s Instagram-Profil ist mittlerweile nicht mehr auffindbar. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Verhandlung am Bezirksgericht Frauenfeld beginnt am Dienstag um 08.30 Uhr. Blick berichtet live.
*Namen geändert