Darum gehts
- Sturzflut in Texas überrascht Anwohner und Besucher des Guadelupe River
- Schweiz: Tessin besonders gefährdet durch starke Regenfälle und warme Luftmassen
- Wasserstand des Flusses stieg in 45 Minuten um acht Meter
Überraschend, tödlich, zerstörerisch: Eine desaströse Sturzflut hat am Freitag Anwohner und Touristen am Ufer des Guadelupe River im US-Bundesstaat Texas überrascht. Ein Ferienlager im «gefährlichsten Flusstal der USA» wurde von der Jahrhundertkatastrophe schwer getroffen. Mindestens 82 Menschen kamen ums Leben, zehn Mädchen werden noch vermisst.
Der Wasserstand des Flusses war am Freitag innert 45 Minuten um unglaubliche acht Meter gestiegen. Auslöser waren heftige Regenfälle von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter und Stunde – ein Drittel der jährlichen Niederschlagsmenge im Kerr County. Zwar sind Sturzfluten in dem Gebiet üblich, die nun erfolgte Überschwemmung sei aber unerwartet gewesen, sagte Rob Kelly, Verwaltungschef des Landkreises, gegenüber US-Medien.
Auch in der Schweiz möglich?
«Anfang letzter Woche hatten wir eine stark abgeschwächte Version des Niederschlagstyps, der am letzten Freitag Texas getroffen hat – nämlich stationäre Gewitterzellen oder Gewittercluster», erklärt Meteorologe Klaus Marquardt von Meteo News gegenüber Blick. Heftige Niederschläge sind zwar auch in der Schweiz möglich, bis zu 300 Liter pro Quadratmeter binnen weniger Stunden sind hierzulande aber undenkbar. Zum Vergleich: Der 1-Stunden-Niederschlagsrekord liegt bei 91,2 Litern pro Quadratmeter und datiert vom 28. August 1997 in Locarno-Monti.
Das Tessin ist indes besonders gefährdet durch starke Regenfälle – die Alpennordseite hingegen weniger, wie Marquardt weiter sagt. Die meisten Schweizer Niederschlagsrekorde stammen aus dem Tessin. Die Gründe: Die Luftmasse auf der Alpensüdseite ist wegen der Nähe zum Mittelmeer eher warm und feucht – zwei Voraussetzungen für schwere Niederschläge. Auf der Alpennordseite hingegen ist die Luft typischerweise kälter und trockener, wodurch sich weniger starke Regenfälle entladen.
Gefährdete Bergtäler
«Aber nicht nur die Niederschlagsmenge, auch das Terrain ist entscheidend», so Marquardt. Geht ein heftiges Gewitter oberhalb eines Tals oder einer Schlucht nieder, kann der Flusspegel innert kurzer Zeit sehr stark ansteigen. Ausgetrocknete Böden können das viele Wasser nicht aufnehmen, es rinnt oberflächig ab, was zu Sturzfluten und Vermurungen führen kann. Und die steigenden Temperaturen aufgrund des Klimawandels verschärfen die Situation zusätzlich, da wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann.
Die Wetterphänomene in Mitteleuropa können jedoch nicht direkt mit jenen in den USA verglichen werden, erklärt Marquardt weiter. Denn in Amerika sind die Wettersysteme und Luftmassen oft extremer ausgeprägt als hierzulande. Zudem bringt der Golf von Mexiko bei der entsprechenden Wetterlage mitunter riesige Mengen an warmer und sehr feuchter Luftmasse in die Südstaaten. Das Pendant in Europa ist das Mittelmeer, das derzeit mit bis zu 28 Grad rekordwarm ist.
Nächste Überschwemmung in den USA
Ein ähnliches Phänomen spielt sich derzeit über dem US-Bundesstaat North Carolina ab. Dort sorgt der Tropensturm Chantal für starke Niederschläge, Überschwemmungen, umgestürzte Bäume und Stromausfälle.