Wütender Vater schlägt Schiri
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Leservideo zeigt:Wütender Vater schlägt Schiri

Gewaltexperte Dirk Baier nennt mehrere Faktoren
Darum rastete Aargauer Prügel-Papi bei Junioren-Spiel aus

Ein Video, das zeigt, wie ein Vater einem Schiedsrichter bei einem Junioren-Spiel im Aargau einen Faustschlag verpasst, schlägt hohe Wellen. Warum rasten Eltern beim Kinderfussball aus? Gewaltexperte Dirk Baier weiss es.
Publiziert: 03.06.2025 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2025 um 17:43 Uhr
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Der Ausraster eines Vaters bei einem Fussballspiel seines Sohnes schlägt hohe Wellen.
Foto: Screenshot zvg

Darum gehts

  • Vater schlägt Schiedsrichter nach Fussballspiel ins Gesicht
  • Hitze und Alkohol können Gewaltbereitschaft erhöhen, sagt Experte Dirk Baier
  • Aargauer Fussballverband prüft Konsequenzen, kann aber wenig unternehmen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marian NadlerRedaktor News

Es war der Aargauer Aufreger am Wochenende: Nach einem Fussballmatch schlug der verärgerte Vater eines Spielers nach einer Niederlage dem Schiedsrichter ins Gesicht. Ein Video des Ausrasters macht aktuell die Runde.

Immer wieder sorgen brutale Einzelfälle wie der Faustschlag vom Wochenende für Schlagzeilen. Warum ist das so? Das wollte Blick von Gewaltexperte Dirk Baier (48) wissen.

Spielte die Hitze eine Rolle?

Baier hebt hervor, dass bei Gewaltvorfällen dieser Art situative Faktoren eine Rolle spielen. «Situative Faktoren sind beispielsweise Vorkommnisse, die starke Emotionen wie Ärger, Wut oder Frustrationen auslösen, ein nicht geahndetes Foul in der Endphase des Spiels, eine strittige Abseitsentscheidung», erläutert er. Davon gibt es viele im Fussball. In diesem Fall war es wohl die Niederlage, die dafür sorgte, dass dem Prügel-Papi der Kragen platzte.

Zu den situativen Faktoren zählen aber auch die Temperaturen oder der Konsum von Alkohol. «Bei Hitze wird man schneller gewalttätig», weiss der Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Am vergangenen Wochenende lagen die Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad. «In solchen Situationen wie vergangene Woche mag dann auch noch eine Rolle spielen, dass Eltern ihre Kinder unterstützen wollen, sie verteidigen, wenn ihnen anscheinend Unrecht geschieht», fügt Baier hinzu.

«Gewalt hat auf und neben dem Platz nichts verloren»

Und noch ein weiterer Faktor erklärt, warum der Uppercut auf dem Rasen in Schöftland AG nicht aus dem Nichts kam. «Gewalt, insbesondere physische Gewalt, wird zum Grossteil von Männern ausgeführt», so der Fachmann.

Für Baier sind diese Faktoren aber keine Entschuldigung für die Eskalation. «Körperliche Gewalt hat, egal, welche situativen Auslöser vorgelegen haben könnten, nichts auf und neben dem Platz verloren», findet der Experte.

Präsident: «Dem Verband sind die Hände gebunden»

Silvan Zülle, Co-Präsident des FC Villmergen, sagt am Dienstag zu Blick: «Die Sache ist zurzeit beim Aargauer Fussballverband (AFV) und beim Schweizerischen Fussballverband (SFV). Was da entschieden wird, wissen wir nicht.» Er ergänzt: «Was aber klar ist: Sobald die Sache rechtlich geklärt ist mit dem AFV und dem SFV, werden wir mit dem Vater Kontakt aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen.» Für ein allfälliges Rayon- oder Platzverbot für den Spielervater sei nicht der FC zuständig, sondern der Platzbesitzer. «Das ist in den meisten Fällen die Gemeinde, in der das Spiel stattfand. Der Match am Samstag war ja in Schöftland, nicht bei uns in Villmergen.» Und weiter: «Wir können keine Anzeige gegen den Spielervater erstatten, das ist Sache des Schiedsrichters. Was ich unbedingt sagen will: Uns liegt vor allem das Wohl des Sohnes am Herzen. Mein Fazit: Der ganze Fall ist einfach nur bedauernswert.»

Der Aargauer Fussballverband bestätigte bereits am Montag, dass derzeit Konsequenzen für den Vater geprüft werden. Ernsthafte Folgen für den Mann werden aber wohl ausbleiben. «Dem Verband sind hier die Hände gebunden», sagte Verbandspräsident Luigi Ponte (73) zu Blick. «Da es kein Spieler ist, sondern ein Zuschauer, stehen uns wenige Mittel zur Verfügung. Nur der Verein – hier also der FC Villmergen – kann ein Feldverbot für den Vater erlassen. Das habe ich auch so empfohlen.»

Geht es nach Gewaltexperte Baier, tut der Aargauer Fussballverband gut daran, den Vorfall klar zu verurteilen. «Man sollte nicht unterschätzen, dass solch eine Verurteilung eine wichtige Signalwirkung hat.» Gleichzeitig macht er klar: «Die meisten Schiedsrichter machen das freiwillig und kostenlos. Man kann ihnen nicht noch aufbürden, zu Profis im Bereich der Konfliktdeeskalation zu werden.»

«Dann ist es wichtig, stark zu sein»

«Es ist natürlich ein heftiger Übergriff, wenn es um die physische Integrität vom Schiedsrichter geht», sagt Sascha Amhof, Leiter Ressort Schiedsrichter beim SFV, gegenüber Blick zur Prügel-Attacke. Der Schiedsrichter werde in solchen Fällen in der Regel direkt von seinen Kollegen oder von den Verantwortlichen in der Region kontaktiert. Amhof weiter: «Das ist in dem Fall auch passiert. Man hat ihn gefragt, wie es ihm geht und, was er braucht.»

Grundsätzlich sei das Ziel aber, solche Situationen zu verhindern, also die Prävention. Wenn so etwas dennoch passiert, gehe es darum, zu reagieren. Amhof führt aus: «Dann ist es wichtig, stark zu sein, sich zu solidarisieren und am Schluss drakonische Strafen auszusprechen, wo es nötig ist.»

So reagiert der Verband auf die Schiri-Attacke
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Ressort-Leiter Amhof erklärt:So reagiert der Verband auf die Schiri-Attacke
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