Frau überwies 97'000 Franken
Aargauer Staatsanwaltschaft muss «Romance Scam» untersuchen

Das Aargauer Obergericht zwingt die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, ein Betrugsverfahren wegen eines «Romance-Scams» auf Tinder weiterzuführen. Eine Frau überwies 97'007 Franken an einen angeblichen «Dave», hinter dem sich drei Täter verbargen.
Publiziert: 17:05 Uhr
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Eine Frau schickte dem mutmasslichen Freund "Dave", den sie auf einer Dating-Plattform kennengelernt hatte, über 90'000 Franken: Im Kanton Aargau muss die Staatsanwaltschaft diesen Fall von "Romance-Scam" untersuchen. (Symbolbild)
Foto: Keystone/DPA/BERND WEISSBROD

Darum gehts

  • Staatsanwaltschaft muss Betrugsfall auf Tinder weiter untersuchen
  • Romance-Scam Täter suchen gezielt nach einsamen, liebesbedürftigen Personen
  • Frau überwies insgesamt 97'007 Franken
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Die Aargauer Staatsanwaltschaft muss gegen ihren Willen ein Strafverfahren wegen Betrugs über die Dating-Plattform Tinder weiterführen. Eine Frau hatte auf der Plattform einen Mann namens «Dave» kennengelernt und ihm in sechs Tranchen 97'007 Franken überwiesen.

Wie aus dem am Dienstag publizierten Urteil des Obergerichts hervorgeht, hat das Gericht die Beschwerde der Frau gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, den Fall nicht an die Hand zu nehmen, gutgeheissen.

Die Frau hatte im Dezember 2024 bei der Kantonspolizei Freiburg eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht. Hinter dem «Dave» versteckten sich offenbar drei verschiedene Personen. Es geht um «Romance-Scam».

Fake-Odermatt sorgte für Schlagzeilen

In sogenannten «Romance Scams» suchen Täter gezielt nach Personen, die sich einsam fühlen, um sie anschliessend auszunutzen. Im September machte ein Fall Schlagzeilen, in dem ein Mann sich als Ski-Superstar Marco Odermatt (28) ausgab. Der Fake-Odermatt gewann das Vertrauen von Blick-Leserin Corinne und brachte sie dazu, ihm 6500 Franken zu überweisen. 

Ähnliches passierte auch im Fall aus dem Aargau. Die Staatsanwaltschaft stellte sich jedoch auf den Standpunkt, die Zahlungen seien als leichtfertiges Verhalten der Frau einzuschätzen, das die Arglist der Täterschaft mindere. Es geht um eine sogenannte Opfermitverantwortung. So hatten die Banken bei der Überweisung auf einen möglichen Betrug hingewiesen – oder eine Kantonalbank hatte sich geweigert, der Frau das Geld überhaupt auszuzahlen.

Die Frau leidet offenbar an psychischen Problemen, wie aus dem Urteil hervorgeht. Ohne Nachweis, dass die Täter von der Erkrankung der Frau wussten, kann gemäss Obergericht keine höhere Mitschuld angenommen werden.

Staatsanwaltschaft muss Ermittlungen aufnehmen

Die Beschwerdekammer des Obergerichts entschied, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnehmen muss. Sie soll sich die WhatsApp-Chats und andere digitale Kommunikation beschaffen und diese auswerten. Geprüft werden müssen laut Obergericht auch mögliche Geldwäsche- und Urkundenfälschungsaspekte. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens übernimmt der Staat.

Es sei auch zu berücksichtigen, dass bei einem «Romance Scam» auf Dating-Plattformen gezielt nach Personen gesucht werde, die sich verzweifelt nach einer Liebesbeziehung sehnten und daher besonders empfänglich für solche Maschen seien. 

Dieses Vorgehen wurde auch dem Schweizer Andreas P.* (65) zum Verhängnis. Mit einer perfiden Betrugsmasche wurde der 65-Jährige auf eine angebliche Anlageseite gelockt. Und verlor dort 35’000 Euro. Mittels gefälschter Facebook-Bekanntschaft gaukelten die Betrüger ein Verhältnis vor. P. liess sich von der Echtheit der Frau überzeugen und verlor damit einen grossen Teil seines Ersparten. 

«Dave» bat um Geld für eine Erbschaft

Aus dem aktuellen Beschwerdeentscheid geht hervor, wie der offensichtliche Betrug ablief. Nach der Bekanntschaft auf Tinder ging der Kontakt über Whatsapp weiter. Der vermeintliche Mann «Dave» bat ab Mitte Oktober 2024 um Geld für eine angebliche Erbschaft.

Trotz mehrerer Warnungen der Banken in Litauen, Deutschland und Schweiz überwies die Frau insgesamt 97'007 Franken auf verschiedene Konten, unter anderem in Teilbeträgen von 6500 Franken, 34'200 und 26'500 Franken.

* Name geändert

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