Foto: Linda Käsbohrer

Immer mehr Opfer – Robert N. (70) hat 32'000 Franken verloren
Betrüger fluten mit falschen Promi-Artikeln das Netz

Gefälschte Medienartikel über Schweizer Prominente sollen zu dubiosen Investitionen verleiten. Neue Zahlen des Bundes zeigen: Die Gauner werben immer aggressiver. Trotzdem kommen sie davon.
Publiziert: 00:28 Uhr
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Robert N. hat viel Geld verloren. Wie ihm geht es vielen derzeit.
Foto: Linda Käsbohrer

Darum gehts

  • Online-Anlagebetrug: 2024 wurden bereits doppelt so viele Meldungen registriert wie im ganzen Jahr zuvor
  • Betrüger nutzen KI-generierte Deepfakes mit echten Moderatoren für täuschend echte Videos
  • Die Schadenssumme bewegt sich im dreistelligen Millionenbereich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft

Robert N. (70) kennt sich mit Computern aus. Im Kanton Luzern in seinem Arbeitszimmer steht ein riesiger Monitor. Dort brütet er manchmal über IT-Problemen, mit denen Familie und Freunde zu ihm kommen. Ausgerechnet ihm ist etwas passiert, worüber er nun den Kopf schüttelt: Robert N. ist auf Online-Betrüger hereingefallen. 32’000 Franken – einfach weg. Er sagt: «Wahrscheinlich sehe ich das Geld nicht wieder.» Blick weiss: Robert N. ist einer von vielen – und es werden immer mehr.

Die Masche ist bekannt: Betrüger missbrauchen Prominente, um mit ihnen für dubiose Investitionen zu werben. Sie erfinden Interviews und benutzen Logos bekannter Medienunternehmen, um den erlogenen Geschichten Glaubwürdigkeit zu verleihen. In einem vermeintlichen Blick-Bericht verspricht Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter einen Gewinn von 7000 Franken pro Tag – sofern man sich bei einer betrügerischen Investment-Plattform anmeldet.

Nun gibt das Bundesamt für Cybersicherheit (Bacs) auf Anfrage Einblick in das Ausmass. Bis Ende 2024 gingen bei der Meldestelle immer etwa ähnlich viele Meldungen ein: 860 waren es im Jahr 2022, 1017 im Jahr 2023 und 1179 im Jahr 2024. Nun hat das Bacs allein seit Anfang Jahr gleich doppelt so viele registriert – 2387. Jede Woche gehen bis zu 290 Meldungen ein. Bacs-Sprecherin Manuela Sonderegger erklärt die sprunghafte Zunahme zum einen mit einer gestiegenen Sensibilisierung der Bevölkerung, vor allem aber mit einer «grösseren Verbreitung des Phänomens» und einer «grösseren Aktivität seitens der Cyberkriminellen» – das beobachten auch mehrere Staatsanwaltschaften auf Anfrage.

Immer perfider

Hinzu kommt: Die Fake-Beiträge sind immer perfider. Neuerdings sind es KI-generierte Deepfakes, als kämen sie direkt aus dem Leutschenbach. Videos mit einem echten Fernsehstudio und Moderatoren wie Andrea Vetsch, der die KI Inhalte in den Mund legt. Täuschend echt sehen diese aus. Robert N. wurde ein solches Filmchen zum Verhängnis. Er ist ein Opfer der Betrüger-Offensive seit Anfang Jahr.

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Lange arbeitete er in einem Gesundheitsberuf. Später machte er sich selbständig und baute ein privates Pflegeunternehmen mit auf. Dieses geriet in finanzielle Not. Robert N. wollte helfen. Deshalb war er für das Fake-SRF-Video empfänglich, auf das er im Februar auf Instagram stiess. Er klickte auf einen eingeblendeten Link und registrierte sich auf der Website, die aufploppte. Kurz darauf rief ihn ein gewisser Timo an, Berater sei er. Dieser versprach in reinstem Hochdeutsch Gewinne – sofern Robert N. auf einer Börsenplattform 250 Euro investiere. Das tat er. Der Mann habe ihn immer wieder gezielt bearbeitet, sagt Robert N. «Er war manipulativ.» Nicht nur er.

Robert N. investierte auf der gefälschten Tradingseite in Gold und Silber. Gleich zu Beginn schossen die Kurse, die die Betrüger steuerten, in die Höhe. 177 Euro konnte er sich auszahlen lassen. «Da war klar: Das funktioniert», sagt er. Und noch etwas: Die Chance auf mehr Geld zusammen mit den Versprechen der Betrüger triggerte seine Gier. Wie ein Kippschalter, plötzlich verlor er den Bezug zur Realität. «Wie eine Hypnose», sagt er. «Das kannte ich bis dahin nicht.»

Online-Anlagebetrug: Darauf solltest du achten
  • Gehe nicht auf solche Artikel ein bzw. prüfe genau, ob du wirklich auf einer richtigen Seite des angegebenen Mediums gelandet bist.
  • Lass dich von Verkäufern nie unter Druck setzen.
  • Je grösser die versprochene Rendite ist, desto grösser ist das Risiko – hohe Gewinne mit minimalen Investitionen und ohne Arbeit sind zu schön, um wahr zu sein.
  • Überprüfe, ob ein Finanzdienstleister von der Finanzmarktaufsicht (Finma) bewilligt ist. Ist ein Finanzdienstleister nicht bewilligt, ist besondere Vorsicht geboten.
  • Überprüfe den Finanzdienstleister anhand von Erfahrungsberichten im Internet. Die Finma führt eine Warnliste.

Falls Sie bereits bezahlt haben:

  • Brich den Kontakt zu den Betrügern ab.
  • Zahle auf keinen Fall mehr Geld ein, auch nicht für angebliche Gebühren, die notwendig seien, um das verlorene Geld zurückzuholen.
  • Sei vorsichtig, wenn sich später angebliche Anwälte oder Behörden melden, die versprechen, das Geld zurückzuholen, und dabei wiederum Gebühren verlangen.
  • Erstatte Anzeige bei der zuständigen Polizei.
  • Gehe nicht auf solche Artikel ein bzw. prüfe genau, ob du wirklich auf einer richtigen Seite des angegebenen Mediums gelandet bist.
  • Lass dich von Verkäufern nie unter Druck setzen.
  • Je grösser die versprochene Rendite ist, desto grösser ist das Risiko – hohe Gewinne mit minimalen Investitionen und ohne Arbeit sind zu schön, um wahr zu sein.
  • Überprüfe, ob ein Finanzdienstleister von der Finanzmarktaufsicht (Finma) bewilligt ist. Ist ein Finanzdienstleister nicht bewilligt, ist besondere Vorsicht geboten.
  • Überprüfe den Finanzdienstleister anhand von Erfahrungsberichten im Internet. Die Finma führt eine Warnliste.

Falls Sie bereits bezahlt haben:

  • Brich den Kontakt zu den Betrügern ab.
  • Zahle auf keinen Fall mehr Geld ein, auch nicht für angebliche Gebühren, die notwendig seien, um das verlorene Geld zurückzuholen.
  • Sei vorsichtig, wenn sich später angebliche Anwälte oder Behörden melden, die versprechen, das Geld zurückzuholen, und dabei wiederum Gebühren verlangen.
  • Erstatte Anzeige bei der zuständigen Polizei.

Dann ging es bergab

Was er nicht wusste: Es war die letzte Auszahlung. Danach verlor er immer mehr Geld. Verschiedene «Berater» riefen ihn ständig an, bearbeiteten ihn: Er könne ganz grosse Gewinne machen, wenn er nur mutig sei und genug investiere. Andere seien so reich geworden. Robert N. zahlte ein. Erst im März realisierte er: Er war betrogen worden. «Ein Schock», sagt er. Sofort empfand er Scham. «Ich war wütend auf mich selbst.»

Der Schaden von solchem Online-Anlagebetrug ist gross. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich sagt: 2024 lag die in der Schweiz ergaunerte Summe bei über 100 Millionen Franken. Diese bezieht sich nur auf die Delikte, die Geschädigte anzeigten. Sprecher Erich Wenzinger spricht von einer «hohen Dunkelziffer» von nicht angezeigten Delikten.

Durch die Zunahme der Aktivitäten wird wohl viel mehr Geld in die Tasche der Betrüger fliessen. Auch deshalb, und das ist das grosse Problem bei der Sache: Bei der Strafverfolgung hapert es.

Erfolglose Jagd nach den Tätern

Die Täter sind als international operierendes Netzwerk organisiert, sitzen meistens im Ausland. Sie arbeiten oft mit anonymen Zahlungsmethoden wie Kryptowährungen, die Geldflüsse kann man kaum zurückverfolgen. Und sie verwenden digitale Anonymisierungs- und Verschleierungstechniken – VPNs, verschlüsselte Messenger, Offshore-Strukturen. All das hat Folgen, wie Adrian Schuler, Sprecher der Aargauer Oberstaatsanwaltschaft, sagt: «Die Erfolgsquote bei der Aufklärung von Online-Anlagebetrug ist in der Schweiz niedrig.» Wenzinger von der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft sagt es so: Die Untersuchungen seien «äusserst anspruchsvoll» und endeten «oftmals erfolglos».

Das bekommt selbst Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter zu spüren. Sie hat im Kampf gegen die Online-Anlagebetrüger eine Offensive gestartet. Wie Blick berichtete, hat sie Strafanzeige erstattet. Mittlerweile mehrmals – wegen Betrugs sowie Identitätsmissbrauch und Verleumdung. Das erste Mal im September 2023. Eine Anklage gibt es bislang nicht. Ihr Sprecher Pascal Hollenstein sagt: «Es ist ärgerlich, dass das Ansehen der Bundespräsidentin für diese Betrügereien missbraucht wird.» Idealerweise gelinge es, die Täterschaft zu fassen – aber das liege nicht in ihrer Hand. «Deshalb kann sie nur warnen: Finger weg von solch windigen Angeboten!»

Auch Robert N. hat Anzeige erstattet. Trotzdem hat er keine Ruhe. Jeden Tag rufen falsche Berater bei ihm an. Als wir ihn im Wohnzimmer sprechen, klingelt sein Handy – eine Nummer aus Singapur. Und neulich erhielt seine Frau unverhofft auf Whatsapp eine dubiose Nachricht: Der Bundesrat entschädige sie für ihre Verluste, sofern sie investiere. Er hofft, dass der Spuk bald vorbei ist. Was bleibt, ist der grosse Verlust.

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