Plastik in Hirsch-Magen – Wildhüter erklärt
Es gibt noch viel mehr Güsel-Opfer!

Der Anblick ist erschütternd: In einem toten Hirsch in Graubünden werden sechs Kilo verschluckter Abfall gefunden. Für hiesige Bauern ist klar: Das Littering-Problem ist schlimmer geworden.
Publiziert: 17.12.2019 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2019 um 20:08 Uhr
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In Graubünden wurden in einem Hirsch-Kadaver sechs Kilo Abfall entdeckt.
Foto: Amt für Jagd und Fischerei GR
Andrea Cattani

Es ist ein besonders unappetitlicher Fund, der in einem bei Arosa GR geschossenen Hirsch zum Vorschein kommt: Insgesamt sechs Kilo Abfall – Plastikhandschuhe, Schnüre, Bierdeckel, Vogelfutternetze und vieles mehr – stecken im Pansen des Kadavers. Teils befand sich der Müll schon seit Jahren im Körper des Wildtiers.

Das Problem kannte man bisher vor allem von an Küsten angeschwemmten Meerestieren. Erst Anfang Dezember sorgte ein vor Schottland verendeter Pottwal für Aufsehen – im Inneren des Säugetiers entdeckten Forscher rund 100 Kilogramm Abfall (BLICK berichtete).

Nur durch Zufall wurde der Mageninhalt entdeckt

Der Mageninhalt des Bündner Hirsches beweist: Das Littering-Problem ist längst auch bei uns angekommen. Nur durch Zufall habe man den Abfallberg überhaupt entdeckt, sagt Adrian Arquint vom Bündner Amt für Jagd und Fischerei. «Wir suchen die Körper der toten Tiere nicht systematisch danach ab. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass wir auf solche Reste stossen.»

Die Winterzeit sei für die Tiere besonders kritisch: «Das Wild kommt jetzt auf der Futtersuche immer weiter in die Lebensräume des Menschen», so Arquint. Dabei fressen die Tiere aus dem Güsel oder machen sich am Komposthaufen zu schaffen – und verschlucken dabei auch unverdauliche Gegenstände.

Bauer kämpfen seit Jahren gegen Littering

Den Schweizer Bauern ist die Verschmutzung der Landschaft schon lange ein Dorn im Auge. Sechs Jahre ist es her, dass der Bauernverband mit einer Kampagne auf verdreckte Weiden und die fatalen Folgen für die Nutztiere aufmerksam machte. Im Kanton Aargau haben betroffene Bauern gar mit einem «Müll-Mahnmal» den aufgesammelten Abfall zur Schau gestellt. Genützt habe es wenig, sagt Bauernverband-Sprecherin Sandra Helfenstein. Denn: «Insgesamt hat die Problematik zugenommen.» Für die Bauern bedeute das mehr Arbeit: «Sie müssen regelmässig den Abfall von ihren Feldern und Weiden entsorgen.»

Statistisch ist das Thema in der Schweiz bis heute kaum erfasst. Der Grund ist einfach: «Um die genaue Todesursache eines Tieres zu kennen, müsste eine Obduktion durchgeführt werden. Doch die Kosten dafür will kaum jemand übernehmen», so Helfenstein. Es dürfte also eine bedeutende Dunkelziffer an Müllopfern geben.

Explizites Fütterungsverbot für Wildtiere

Kühe, Füchse, Hirsche und sogar Hunde – ihnen allen macht unsachgemäss entsorgter Abfall schwer zu schaffen. Aber nicht nur: «Oft ist es auch falsche Tierliebe», sagt der Bündner Adrian Arquint. «Viele Menschen legen bewusst Futter und glauben, den Tieren damit etwas Gutes zu tun.» Dabei gelte nicht nur im Kanton Graubünden explizit ein Fütterungsverbot von Wildtieren. Dadurch soll verhindert werden, dass die Tiere überhaupt in die Nähe von menschlichem Abfall gelockt werden.

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