Mein Leben als Datenschlampe ist ein amüsantes. Fröhlich verteile ich meine private Mailadresse überall im Internet, bei Wettbewerben, Newslettern, Umfragen. Belohnt werde ich mit unterhaltsamen Mails. Etwa vom angeblichen TCS: «Letzte Erinnerung, dringend». Wie lustig – ich kann doch gar nicht Auto fahren. Den Betrugsversuch enttarne ich schlaue Füchsin mühelos: Der Absender nennt sich «TCS-Abteilung».
Man braucht nur drauf zu klicken und sieht schon die wahre Mailadresse: «info@programme.tv». Wie dumm muss man sein, um auf solch fantasielose Phishing-Mails reinzufallen! So lasse ich mir bestimmt nicht ein Passwort wegangeln.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Ein falsches Billett macht den Anfang
Doch dann packt mich die Zeitnot gleich zweimal an der Gurgel. Zuerst erwischt sie mich im Zug: In dreissig Sekunden fährt er ab, und mein Bruder, spät wie immer, stürmt atemlos ins Abteil: «Ich hab noch kein Billett, kannst du mir eins lösen?» Aber klar doch, in der SBB-App finde ich mich blind zurecht. Doch die Uhr tickt und pumpt mir Röte ins Gesicht: Klick, klick, und schon habe ich ein Billett gelöst. Aber leider für mich selbst. Dabei habe ich doch schon lange eins! Noch zehn Sekunden. Aha, hier kann ich eins für eine Begleitperson lösen, klick. Drei, zwei, eins, der Zug fährt los.
Nicht so schlimm. «Das Geld für das doppelte Billett kannst du sicher zurückverlangen, oder?», sagt mein Bruder. «Versuchen können Sie es schon – aber Sie müssen halt besser aufpassen», würde ich am Beobachter-Beratungstelefon in einem solchen Fall sagen. Ich folge meinem Rat und stelle einen Rückerstattungsantrag, das geht direkt in der SBB-App.
Schon am nächsten Tag mailen mir die SBB, ich solle das richtige Billett einreichen – also das für meinen Bruder. Mache ich. Und wow, was für ein Service: Schon zwei Stunden später folgt die nächste Antwort: «Hinweise Wichtig, wir haben Ihre Daten für die Rückerstattung immer noch nicht». Fr. 41.28 bekomme ich zurück, steht da. Ich müsse bloss über den Link meine Zahlungsinformationen aktualisieren. Freundliche Grüsse, Johann-Josef Jossen, Leiter SBB-Kundenservice.
Da schlägt die Zeitnot wieder zu – in einer Minute muss ich an eine Sitzung. Trotzdem noch husch erledigen. Der Link führt mich auf eine Site der SBB, da soll ich meine Kreditkartendaten eingeben. Komisch, denke ich noch, ich bezahle doch immer per Twint in der SBB-App. Aber egal, zack, zack, Kreditkartennummer, Verfallsdatum, die kleine Zahl auf der Rückseite. Geschafft.
Sekunden vor der Sitzung klingelt das Telefon. «Was haben Sie gerade gemacht, Frau Müller?» Meine Kreditkartenfirma. «Ähm, falsches Billett, Stress, Rückerstattung, SBB», stammle ich. «Das ist Betrug! Wir haben die Karte gesperrt. Die Täter haben bereits Google-Pay aktiviert und hätten auf Ihre Kosten einkaufen können – bis zur Limite», sagt der Mann am anderen Ende.
Ich schlucke leer. Dann waren es nicht die SBB, die mir das zweite Mail geschickt haben – dabei nennt sich der Absender «no_reply@swisspass.ch». Ich klicke drauf: «surapong@pentinum.co.th».
«Ja, genau so kann es gehen», bestätigt das Bundesamt für Cybersicherheit. «Man ist eigentlich vorsichtig, aber dann passt alles zusammen, und schon ist es passiert.» Verdächtige Mails kann man der Meldestelle des Amts melden.
Und die SBB beteuern: «Das Timing des Betrugsversuchs ist absolut Zufall, da steckt nichts dahinter.» Das SBB Contact Center hilft bei Unsicherheiten gern weiter.
Aber Achtung, die richtige Nummer wählen: 0848 44 66 88. Und nicht die Telefonnummer, die im Betrugsmail steht. Dann geht zwar auch der nette Johann-Josef Jossen ran, aber jener, der in Thailand sitzt.