Darum gehts
- SBB nutzt KI-generierte Bilder für Winter-Schnupper-GA-Werbung
- KI-Bilder erzeugen künstliche Gefühlswelten, Diskussion über Marken-Glaubwürdigkeit
- Guess-Kampagne mit KI-Models führte zu #boycottguess im Juli 2023
Ein Mann in Winterjacke, tief verschneite Landschaft, goldene Sonne – ein perfekt inszenierter Moment für das Winter-Schnupper-GA. Doch der vermeintliche Bahnfan existiert gar nicht. Das Motiv, mit dem die SBB aktuell werben, ist vollständig mithilfe künstlicher Intelligenz erzeugt. Nur ein kleiner Hinweis «AI generated» verrät, dass weder Modell noch Umgebung real sind.
Darauf aufmerksam wurde der Fotograf und KI-Spezialist Markus Mallaun, der das Sujet auf Linkedin öffentlich kritisierte. Sein Beitrag löste eine lebhafte Diskussion aus: Darf ein Staatsbetrieb Emotionen mit Figuren erzeugen, die nie existiert haben? Und kann ein künstlicher Mensch glaubwürdig für ein reales Markenerlebnis stehen?
SBB: KI-Einsatz ist «klar geregelt»
Das Nachrichtenportal Nau fragte bei den SBB nach. Mediensprecherin Fabienne Thommen betont, KI sei in der Kommunikationsabteilung «klar geregelt» und werde dort eingesetzt, wo sie Prozesse vereinfache und Kosten reduziere. Trotzdem hielten die SBB an Fotoproduktionen mit echten Menschen fest und planten weiterhin regelmässige Shootings. KI und klassische Fotografie sollen sich ergänzen, nicht ersetzen. Wichtig sei die Transparenz – und diese sei im aktuellen Winter-Sujet gewährleistet.
Für Mallaun geht die Sache tiefer. Aus seiner Sicht entsteht mit KI-Bildern eine künstliche Gefühlswelt. Ein Foto mit einem echten Modell habe zumindest einen Moment, der wirklich stattgefunden habe. KI-Sujets dagegen seien reine Konstruktionen – etwas, das bei einer Marke, die Nähe, Verlässlichkeit und Alltagserlebnisse verspricht, heikel werden könne.
Die Meinungen gehen auseinander
Unter seinem Beitrag melden sich zahlreiche Fachleute. Manche finden den künstlichen Blick «unheimlich» oder das Sujet beliebig wie aus einem Versicherungsprospekt. Andere winken ab: Werbung sei immer inszeniert, entscheidend sei allein, ob ein Bild Aufmerksamkeit erziele. Gleichzeitig schwingt in vielen Kommentaren eine grundsätzliche Frage mit: Wenn selbst alltägliche Szenen künstlich erzeugt werden – wie echt ist dann der Markenauftritt als Ganzes?
Die SBB bleiben dennoch bei ihrer Linie. KI soll Teil der zukünftigen Bildwelt bleiben, jedoch eingebettet in einen Mix aus realen und synthetischen Sujets.
KI-Models sorgten schon einmal für Empörung
Der Fall erinnert an einen Aufschrei, der bereits im Juli dieses Jahres durch die Modewelt ging. Damals tauchten in der «Vogue» erstmals Kampagnenbilder von Guess auf, deren Models sich später als vollständig KI-generiert herausstellten. Der Hinweis im Magazin war kaum zu erkennen – für viele Leserinnen zu wenig deutlich.
Als bekannt wurde, dass die gezeigten Frauen gar nicht existierten, folgte ein Sturm der Entrüstung. Auf Instagram stellten User entsetzt die Frage: «Ist das AI?» Andere erklärten KI-Models für «seelenlos» oder «enttäuschend». Schnell kursierte der Hashtag #boycottguess. Ob die SBB damit besser wegkommen wird, bleibt abzuwarten.