Darum gehts
- Deborah Bachelor entwirft eine Handtasche für Menschen mit Darm- und Inkontinenzproblemen
- LARS-Syndrom als Spätfolge ihrer Darmkrebserkrankung beeinflusst ihren Alltag stark
- Die Handtasche soll praktikabel im Alltag unterstützen und stilvoll Würde und Selbstbestimmung zurückgeben
Eine Nachricht brachte das Leben von Deborah Bachelor (35) aus Bertschikon ZH von einem Tag auf den anderen völlig aus den Fugen: «Frau Bachelor, Sie haben Darmkrebs. Sie müssen sich sofort für ein Spital entscheiden. Denn es ist ernst.» Mitten im Leben stand sie mit einem zweieinhalbjährigen Sohn im März 2023. Erst eine Woche zuvor hatte die KV-Angestellte in einem neuen Job in einer Kommunikationsagentur angefangen.
In der Zeit danach sprang sie nur noch von Termin zu Termin: Chemotherapie, OPs und sechs Wochen lang jeden Tag Bestrahlung. Sie bekam ein Stoma, einen künstlichen Darmausgang, der später rückverlegt wurde. Mittlerweile ist Deborah Bachelor vorerst krebsfrei. Doch eine Spätfolge bleibt: das LARS-Syndrom. Ihre Darmfunktion ist eingeschränkt – plötzliche, unkontrollierte sowie übermässig häufige Toilettengänge machen ihr Leben unberechenbar.
Doch davon lässt sich Deborah Bachelor nicht unterkriegen. Sie will ihr Leben geniessen und vor allem will sie anderen Betroffenen in ihrem Alltag helfen. Seit Anfang des Jahres entwirft sie eine Handtasche, die Menschen mit Stoma, Inkontinenz- und Darmproblemen den Alltag erleichtern und wieder Selbstbestimmung zurückgeben soll. Mit Blick hat sie über ihr Herzensprojekt gesprochen.
Blick: Seit einem OP-Eingriff haben Sie mit einer Spätfolge, dem LARS-Syndrom zu kämpfen. Wie verändert dieses Ihren Alltag?
Deborah Bachelor: Immens. Es gibt Phasen, in denen ich vier bis sechs Stunden lang alle zehn Minuten aufs WC muss. Und der Stuhlgang kommt völlig unberechenbar. Wenn ich unterwegs bin, brauche ich daher Windeln. Wenn ein Stoma rückverlegt wird, muss der Darm erst wieder lernen, zu funktionieren. Ich habe auch ein Gerät zur sakralen Neuromodulation (SNM) eingesetzt bekommen. Darüber sollen Toilettengänge kontrolliert werden. Wichtig ist mir, zu betonen, dass das Syndrom im Ausmass individuell ausfallen kann.
Wie kam Ihnen die Idee, Betroffene mit einer speziell designten Handtasche im Alltag zu unterstützen?
Ich bin sehr gern mit Freunden und Familie draussen. Von der Krankheit wollte ich mich auf gar keinen Fall aufhalten lassen. Was mich jedoch störte, war, dass ich meine ganzen medizinischen Produkte und Windeln in so einem doofen Rucksack mitschleppen musste. Das hat zu einem schönen Kleid auch immer so unpassend ausgesehen. Besonders wenn ich dann im Restaurant 15-mal zur Toilette ging und mit dem grossen Rucksack an allen vorbeilaufen musste, hat mich das schon gestört. Auch wenn es das eigentlich ja nicht sollte. Doch eine stilvolle Handtasche fällt nicht mehr so auf.
Eine stilvollere Möglichkeit, den Alltag mit der Erkrankung selbstbestimmt zu erleben. Wie hilft die Tasche Betroffenen noch?
Auf öffentlichen WCs kann die Tasche mit dem inkludierten Saugnapf auch an glatten Wänden immer aufgehängt werden. Das ist so viel hygienischer als auf dem grusigen Boden. Bei plötzlichem Stuhlgang soll es auch immer schnell gehen. Die Tasche ist mit sieben verschiedenen Innentaschen übersichtlich strukturiert, die sich individuell anpassen lassen. Besonders wichtig war mir, die Tasche so flexibel und individuell wie möglich zu gestalten, damit sie möglichst allen Betroffenen hilft.
Für dieses Herzensprojekt haben Sie extra nähen gelernt und alle Prototypen selbst angefertigt. Was bedeutet es Ihnen, das Projekt umsetzen zu können?
Es bedeutet mir alles! Es war schon immer mein Ziel, anderen Betroffenen ihre Freiheit zurückzugeben. Denn es ist so wichtig, sich nicht im Alltag einschränken zu lassen. Viele Betroffene haben Probleme, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen, und wagen oftmals den Schritt nach draussen nicht mehr so sehr. Doch gerade das ist so wichtig für die Psyche. Wie bedeutend es für mich ist, zeigt auch der Name meiner Marke: 17three. Das ist der Tag, an dem ich meine Diagnose erhielt: der 17.3. Zudem ähnelt three auch dem Wort free. Denn meine Tasche soll befreien und Betroffenen Selbstbestimmung und Würde zurückgeben.
Eine Freundin hat eine Gofundme-Anzeige für Ihr Projekt gestartet, durch die bereits über 20'000 Franken gesammelt werden konnten. Was sind nun Ihre nächsten Pläne?
Ich bin vollkommen überwältigt und dankbar, wie viel Resonanz mein Projekt bekommen hat. Ende Juli hoffe ich, mit meinen Taschen auf den Markt zu kommen. Einen Teil, wie die Gurte, will ich selbst produzieren. Für die zentrale Arbeit habe ich eine pensionierte Näherin gefunden. Die Materialien, wie Reissverschlüsse und Druckknöpfe, sind zudem Schweizer Produkte. In ein paar Wochen sollte meine Website fertig sein, über die man die Handtaschen bestellen kann. Auch Spezialanfertigungen, zum Beispiel bestimmte Farbwünsche über die vier Farbvarianten hinaus, will ich ermöglichen.
Für Anfragen oder Rückfragen ist Deborah Bachelor bereits jetzt erreichbar: info@17three.ch.