«Ich habe Angst um meine Familie»
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Shemsije H. über den Streit:«Ich habe Angst um meine Familie»

Todesdrohungen, selbst gebastelte Grabkreuze, Stalking
Nachbarschaftsstreit in Biel eskaliert komplett

In Biel BE eskaliert ein Nachbarschaftsstreit zwischen zwei Mietparteien. Die Polizei ist eingeschaltet, eine Familie plant den Auszug. Beide Seiten beschuldigen einander der Bedrohung und Sachbeschädigung. Blick war vor Ort und sprach mit den Parteien.
Publiziert: 18:40 Uhr
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Aktualisiert: 19:12 Uhr
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Shemsije H. (51) aus Biel BE erzählt Blick, was sie mit ihrem Nachbarn erlebt.
Foto: Ralph Donghi

Darum gehts

  • Nachbarschaftsstreit eskaliert in Biel BE, Polizei eingeschaltet
  • Gegenseitige Anschuldigungen, Drohungen und Sachbeschädigung zwischen den Parteien
  • Streit begann am 23. August, eine Familie sucht nun neue Wohnung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ralph DonghiReporter News

In Biel BE tobt momentan einer der übelsten Nachbarschaftsstreite, die das Quartier je gesehen hat. Es geht um Drohungen und Beleidigungen, mit Filzstift auf den Boden, ans Geländer, an den Briefkasten und ans Auto gekritzelt. Es geht um Nachbarn, die plötzlich in einem fremden Garten auftauchen und Kinder erschrecken. Es geht um ein kaputtes Handy und um einen Polizeieinsatz.

Die Plattform «Ajour» titelte: «Ich bringe euch alle um – Familie lebt in Angst vor Nachbar.» Und «Tele Bärn» spricht von einem Mann, der «eine Familie terrorisiert».

«Ich habe Angst um meine Familie», sagt Shemsije H.* (51) gegenüber Blick. «Er bedroht uns mit dem Tod, schikaniert uns und begeht Sachbeschädigung.» Sie steht im Streit auf der einen Seite, Nachbar Manfred W.* (62) auf der anderen.

Im Blick spricht «Mänu», wie er sich nennt, erstmals öffentlich. «Was diese Frau abzieht, ist eine einzige Lüge», wettert er. «Ich bin hier das Opfer und nicht sie!»

«Er frass Katzenfutter!»

Beide Parteien wohnen schon seit mehreren Jahren im Haus, das einen gemeinsamen Garten hat. Und: Bisher hatten die albanische Verkäuferin und der Schweizer Sozialhilfeempfänger keinen grossen Kontakt miteinander.

Der Beginn der Fehde datierte vom 23. August dieses Jahres. Mänu W. sei im gemeinsamen Garten gesessen und habe gekifft. Aber nicht nur das, sagt Shemsije H.: «Er frass zudem Katzenfutter!» 

Ihre Tochter (6) sah den Mann. «Sie erschrak, weinte, schrie und holte ihren Papa», so Shemsije H. Ihr Mann (58) sei raus und habe den Nachbarn gebeten, zu gehen. «Doch er wollte nicht.» Dann geht es los: «Mein Mann hat den Nachbarn an den Armen genommen und ihn zu seinem Garten gebracht.»

Auch bei Familie H. seien einmal die Sicherungen durchgebrannt: Shemsije H.s Mann hatte einen Marmor-Sockel einer alten Uhr von Mänu W. entwendet und diesen dem Nachbarn durch das offene Fenster geworfen. Passiert sei nichts, das schwere Ding landete auf dem Bett, sagt Familie H.

Und dann blieb kein Stein mehr auf dem anderen: «Es war schlimm», sagt Shemsije H. «Er hat unseren Briefkasten, Hauseingang und unser Auto verkritzelt sowie böse Zettel vor die Türe gelegt. Und uns in der Nacht bedroht!» Und: An einem Sonntag habe sie zwei kleine gebastelte Grabkreuze im Garten vorgefunden. «Er sagte, es sei nur eine Warnung.»

Mänu W. «Sie haben angefangen!»

Gegenüber Blick erzählt Mänu W. eine andere Geschichte. Durch den Wurf mit dem Sockel sei sein Handy zu Bruch gegangen. Er wollte ein Neues. Um die Situation nicht noch weiter eskalieren zu lassen, habe sich Shemsije H.s Mann entschuldigt und ihm ein neues Mobiltelefon gebracht. 

Doch der Sozialhilfeempfänger ist unzufrieden: «Ich merkte, das ist ein Kinderhandy. Ich will aber ein richtiges Handy und den ganzen Schaden bezahlt.» So kam es zu den Kritzeleien und den Zetteln. Dass die Filzstift-Drohungen von ihm stammen, gibt er zu. Doch damit wehre er sich lediglich. «Sie haben angefangen!»

Etwas ist Mänu W. wichtig. Er sei zwar anfangs im Garten der Nachbarn gesessen, aber: «Ich habe sicher kein Katzenfutter gegessen!»

Abklärungen laufen

Shemsije hat schon mehrmals den Notruf verständigt. Die Beamten verwiesen auf die Verwaltung. Und die? «Die hat wiederum gesagt, ich müsse die Polizei rufen.»

Am 28. August geht Shemsije H. auf einen Polizeiposten. Dort sagte sie: «Wenn jetzt nichts getan wird, schlafe ich mit meiner Tochter hier auf dem Boden.» Mänu W. wurde danach auf den Posten eingeladen und befragt. «Nach drei Stunden war er wieder zu Hause. Und alles fing von vorne an», sagt H.

Mänu W. lacht – und zeigt Blick ein Foto, das ihn im Polizeiauto zeigt. Für ihn ist klar: «Ich habe nichts Falsches getan. Darum durfte ich heim.»

Kürzlich sei Mänu W. wieder mal vor ihrem Küchenfenster gestanden und habe gesagt: «Ich bin der Jäger und du die Gejagte.» Shemsije H. hat genug: «Wir suchen uns nun eine neue Wohnung.»

Auf Anfrage von Blick bestätigt die Kantonspolizei Bern, Kenntnis vom Nachbarschaftsstreit zu haben. Die Abklärungen laufen.

* Namen bekannt

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