Blitzer-Puff in Biel
Frau fährt über grüne Ampel und kassiert plötzlich Busse

Eine Autofahrerin in Biel wurde geblitzt, obwohl sie bei Grün losfuhr. Sie geht von einer Fehlfunktion an der Radaranlage aus. Die Stadt will davon nix wissen. Doch Recherchen zeigen: Ein Blitz trotz grüner Ampel ist unter Umständen möglich.
Publiziert: 17.10.2025 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2025 um 14:48 Uhr
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Sandra Rychener wurde geblitzt, obwohl sie nach eigenen Aussagen noch bei Grün über die Ampel fuhr.
Foto: Google Streetview

Darum gehts

  • Frau erhält Busse trotz grüner Ampel in Biel, Schweiz
  • Blitzer-Anlage funktioniert laut Stadt einwandfrei, jährliche Überprüfung durch Metas
  • Grünphasen an der Ampel dauern oft nur sieben bis zwölf Sekunden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Janine EnderliRedaktorin News

Sie ist sicher, bei Grün losgefahren zu sein, geblitzt wurde sie trotzdem. Mitte September erlebte Sandra Rychener in Biel eine sehr verwirrende Situation, wie sie «Ajour» erzählt. 

Es war ein Freitag, als sie über die Kreuzung Zentralstrasse/Silbergasse fuhr. Alles schien normal. So wie immer. Die Ampel schaltete auf Grün, ein anderes Auto vor ihr setzte sich in Bewegung, Rychener folgte in normalem Tempo. Am Ende der Kreuzung blitzte es plötzlich. Ein Fehler, dachte sie zunächst.

«Es war sicher noch Grün»

Nach zwei Wochen flatterte jedoch eine Busse über 250 Franken wegen «Nichtbeachtens eines Wechselblinklichtsignals» ins Haus – also Rotlichtverstoss. «Es war sicher noch Grün, als ich losfuhr», sagt Rychener und geht davon aus, die Busse fälschlicherweise erhalten zu haben. 

Die Stadt Biel weist gegenüber «Ajour» auf die einwandfreie Funktion der Anlage hin. Kameras und Induktionsschleifen werden jährlich vom Bundesamt für Metrologie (Metas) überprüft, zuletzt im September. «Die Anlage funktioniert einwandfrei», sagt André Glauser, Leiter der Abteilung öffentliche Sicherheit der Stadt Biel, zu «Ajour». 

Auf den Radarfotos sind Rotlichtzeit, Gelbphase, Geschwindigkeit, Datum und Uhrzeit ersichtlich. Geprüft wird also: 

  • Wie lange die Ampel vor dem Überfahren bereits auf Rot stand
  • Gefahrene Geschwindigkeit
  • Uhrzeit und Datum

Darum kann es knapp werden

Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h muss die Gelbphase (Ampel auf orange) mindestens drei Sekunden dauern. Der Blitzer darf frühestens 0,5 Sekunden nach Rot auslösen, was bei der besagten Ampel offenbar eingehalten wird.

Trotzdem kann es knapp werden, wenn ein Auto kurz vor Rot losfährt. Recherchen von «Ajour» zeigen, dass der Rot-Grün-Zyklus an dieser Ampel knapp bemessen ist: Grünphasen dauern oft sieben bis zwölf Sekunden. Autos brauchen rund fünfeinhalb bis sieben Sekunden, um die Kreuzung zu überqueren – ein Blitz trotz Grün ist also möglich.

«Das stimmt einfach nicht»

Rychener kontaktierte im Anschluss an den Vorfall in Biel das Polizeiinspektorat der Stadt Biel, wurde dort jedoch abgewiesen. Ihr wurde vorgeworfen, sie sei bei Rot gefahren. «Das stimmt einfach nicht.» Glauser erklärt, dass Betroffene Einsicht in die Blitzerfotos erhalten können.

Rychener will die Stelle künftig meiden und legt schriftlich Einspruch gegen die Busse ein: «Ich fahre nicht mehr dort durch.»

Blitzer-Ärger für deutschen Milliardär

Immer wieder kommt es rund um Blitzer zu Fällen, die schnell die Runde machen. Ein Beispiel: Im Juni 2021 stand ein deutscher Milliardär wegen Strassenverkehrsdelikten vor dem Zürcher Bezirksgericht. Ihm drohte eine Strafe von 150'000 Franken. Doch weil das Blitzerfoto so schlecht war, wurde er freigesprochen. Zuvor wurde der Wagen des Mannes mit 78 km/h am Zürcher Utoquai geblitzt. Erlaubt wären 50 Kilometer pro Stunde. 

Doch er hatte bereits 2019 einiges auf dem Kerbholz: So fuhr er im Winter mit vereister Windschutzscheibe und wurde dafür zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Weil die Schnellfahrt am Utoquai während seiner Probezeit passierte, forderte der Staatsanwalt nun eine unbedingte Gesamtstrafe von 50 Tagessätzen à 3000 Franken. So hätte der Milliardär bei einer Verurteilung 150'000 Franken blechen müssen.

Fehler im System führte zu 10'000 falschen Bussen

Was ein Fehler im System auslösen kann, zeigt dieser Fall: In der Stadt Bern sind zwischen dem 12. September und dem 19. Oktober 2023 rund 10'000 Fahrzeuge fälschlicherweise von neuen Radar-Systemen geblitzt worden. Das Problem entstand aufgrund eines Fehlers in der Programmierung der Software. Alle Bussen wurden vollumfänglich zurückerstattet. 

In Horgen ZH machte im Juli ein Blitzer Ärger, weil er in Kunstrasen gewickelt war. Mehrere empörte Autofahrer meldeten sich bei Blick. «Es geht doch nur noch darum, möglichst viele Bussen zu kassieren?» Kurz gesagt: Die Metallkästen lassen immer wieder die Emotionen hochkochen. 


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