«Jedes Mal, wenn ich ein Reh schiesse, weine ich!»
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BLICK auf der Jagd:«Jedes Mal, wenn ich ein Reh schiesse, weine ich!»

BLICK begleitet Tierfreundin Alica Junker (32) aus Rüdtligen-Alchenflüh BE auf der Jagd
«Jedes Mal, wenn ich ein Reh schiesse, weine ich!»

Jäger sind alt – und knallen alles ab, was vier Beine hat. Keines dieser Klischees trifft auf Alica Junker (32) zu. Die junge Bernerin ist Sekundarlehrerin und jagt leidenschaftlich gerne. BLICK durfte sie dabei begleiten.
Publiziert: 14.11.2020 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2020 um 14:19 Uhr
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Alica Junker und Daniel «Dänu» Wyss teilen die Leidenschaft für die Jagd. Einen Tag lang durfte BLICK die beiden zusammen mit ihrer Jagdgruppe im Kanton Bern begleiten.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita (Text und Fotos)

Der Himmel ist wolkenverhangen. Es ist kalt, der Boden noch nass vom Regen am Vortag. Doch am sogenannten Aserplatz einer Jagdgruppe im Bernbiet lodert schon ein warmes Feuer, Campingstühle stehen im Kreis und Croissants warten auf dem Tisch. Die beiden Männer waren schon vor dem Frühstück auf Rehjagd. Die zwei Frauen in der Runde haben «ausgeschlafen».

Eine der beiden Langschläferinnen ist Alica Junker (32) aus Rüdtligen-Alchenflüh BE. Die Sekundarlehrerin ist mit der Jagd gross geworden. Stolz erzählt sie: «Meine Mutter war eine der ersten Jägerinnen in Deutschland.» Sie selbst habe eigentlich nie jagen wollen. Doch durch ihren Hund Lotte sei sie dann dazu gekommen. Mittlerweile ist die Jagd aus dem Leben der Wahlschweizerin nicht mehr wegzudenken. Seit rund fünf Jahren teilt sie ihre Leidenschaft mit ihrem Freund Daniel Wyss (31).

Jeder hat seine Aufgabe

Aufbruchstimmung am Frühstückstisch. Der älteste der vier Jäger verteilt die Aufgaben: «Alica und Claudia treiben mit den Hunden das Wild zu Dänu und mir.» Dank Google Maps wissen die Treiberinnen genau, wo sie in den Wald stechen müssen. Eine anstrengende Route steht an: Es hat viele Dornen, dichtes Gestrüpp, und das Waldstück ist sehr steil.

Auch Dänu, der Freund von Alica, gelangt nicht einfach auf seinen Posten. Er überwindet mehrere Elektro- und Stacheldrahtzäune. Zum Schluss der steile Abstieg durch einen verwilderten Waldrand. In der Nähe eines Rehwechsels legt sich der erfahrene Jäger auf die Lauer.

Kein Reh vor der Flinte

Nach vielen Minuten der Stille ertönen in der Ferne die Rufe der Treiberinnen. Hundegebell ist zu hören. Der gelernte Autolackierer ist schussbereit. Doch aus dem Wald kommt kein Reh: nur Jagdhund Alice. Das Adrenalin ist weg. Das Gewehr wird entladen.

Alica und Claudia gönnen sich verschwitzt eine Pause. Die Männer kümmern sich derweil ums Mittagessen. Es gibt Risotto und Wildschwein-Bratwürste. «Darum gehen wir jagen. Wir essen fast nur, was wir auch selbst schiessen», so Junker.

Jeder Schuss ist gut überlegt

Für die Bernerin ist jagen viel mehr als nur töten. «Ich mache das nicht leichtfertig, sondern gut überlegt», führt sie aus. «Ein Reh zu schiessen, bringe ich fast nicht übers Herz. Jedes Mal, wenn ich eines schiesse, muss ich weinen.»

Nach dem Mittagessen brechen die Jäger nochmals auf. Die Schützen bringen sich in Position, und die beiden Jägerinnen lassen die Hunde laufen. Ziel: das Wild in die Arme der Schützen zu treiben – in langsamem Tempo. «Wenn ein Reh zu schnell kommt, können wir es nicht sauber schiessen. Und wenn das Wild vor dem Tod zu viel Stress hatte, wird das Fleisch vom Adrenalin zäh», so Junker.

Am meisten zählt das Erlebnis

Auf einmal raschelt es im Gebüsch. Eine ganze Rehfamilie hüpft dem Schützen vor den Lauf. Doch Daniel Wyss drückt nicht ab. Er erklärt: «Die Tiere waren zu weit weg. Wir wollen sie mit einem sauberen Schuss töten – und sie nicht leiden lassen.»

Ohne Beute, aber mit schönen Erinnerungen brechen die Jäger ihre Zelte ab. Enttäuscht ist keiner. Alica Junker meint nur: «Das Drumherum bedeutet mir viel mehr als das Abschiessen selbst.»

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