«Bei vielen Fragen wurde er sehr nervös»
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Blick-Reporterin zu Raphael M.«Bei vielen Fragen wurde er sehr nervös»

Mehrfach-Mörder Raphael M. vor Gericht – die Analyse
Wer ihn rausgelassen hat, hat total versagt!

In Basel steht der 33-jährige Mörder Raphael M. vor Gericht. Trotz psychiatrischer Behandlung tötete er während eines Freigangs eine Frau. Vor Gericht zeigt sich, wie M. seine Ärzte täuschte und seine gefährlichen Wahnvorstellungen verbarg. Mit tödlichen Folgen.
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Am Nasenweg in Basel kam es 2024 zu einer Bluttat.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Basler Mörder steht erneut vor Gericht wegen Tötungsdelikt während Freigang
  • Raphael M. führte Ärzte jahrelang in die Irre, lebte in Parallelwelt
  • Angeklagter plante die Tat laut eigener Aussage zehn Jahre lang
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Der Mann, der am Mittwoch vor dem Basler Strafgericht steht, ist ein Killer. Der Basler Raphael M.* (33) tötete 2014 zwei Frauen und verletzte einen Mann schwer. Wegen seiner Schizophrenie kassierte er 2015 die kleine Verwahrung. Heisst: Statt in ein Gefängnis kam M. für eine stationäre Massnahme in die Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel.

Nun steht derselbe Mann wieder vor Gericht (hier geht es zum Ticker), wieder wegen eines Tötungsdelikts. Anfang August 2024 tötete M. während eines Freigangs aus den UPK Basel Assunta L.** mit einem Messer. An der gleichen Adresse, an der er schon damals zum Killer wurde. Nach über 100 unbegleiteten Freigängen, auf denen alles gut lief, schlug M. wieder zu. Der Rückfall kam für die Psychiater der UPK «aus heiterhellem Himmel» und war nur schwer vorhersehbar.

Doch vor Gericht wird klar: Wer M. rausgelassen hat, hat total versagt!

Die Parallelwelt des Raphael M.

Der Grund: Vor Gericht ergibt sich das Bild eines Mannes, der es geschafft hat, Ärzte und Spezialisten jahrelang an der Nase herumzuführen.

Schon früh im Leben zeigen sich Probleme bei M. «Ich begann, Figuren zu sehen», sagt er zum Richter. Dieser will wissen, was für Figuren. Doch der Angeklagte tut sich schwer mit der Antwort. Irgendwann findet er: «Ja, Menschen halt.» 

Angesprochen auf das Motiv für seine ersten beiden Morde sagt M.: «Ich hatte Angst, in die Hölle zu kommen.»

An den Wahnvorstellungen des Täters hat die stationäre Massnahme offenbar nichts geändert. Denn M. sieht seine Parallelwelt auch in den UPK. Doch davon ahnt niemand etwas. Der Mann gibt an, dass er weder seiner Familie noch seinen Betreuern davon berichtet hat. Seine Angst: dass er mehr Medikamente bekommt oder dass er an den UPK zurückgestuft wird und dadurch bestimmte Freiheiten verliert – wie etwa seine Freigänge.

Während die Therapeuten glauben, dass der Mörder vom Nasenweg stabil ist, weiss dieser aber genau, was er ist: hochgefährlich!

Zehn Jahre geplant

Das wird klar, als der Richter Raphael M. nach seiner Zukunft fragt. Unumwunden sagt der Mörder: «Eine geschlossene Massnahme, ohne Ausgang. Verwahrung. Ich war maximal gefährlich – schon vor der zweiten Tat.» 

Raphael M. führt zwar aus, dass er eigentlich «pazifistisch» eingestellt sei. Nur: Durch seinen Wahn und seine Todesängste sei alles anders geworden.

Dann will der Richter wissen, warum M. Assunta L. getötet hat. Der Angeklagte tut sich schwer mit einer Antwort. Es scheint, als wolle er keinen Einblick in sein Inneres erlauben.

Das Gericht hakt nach: «War die Tat an Assunta L. geplant?» Raphael M. denkt nervös nach. Dann findet er: «Ja.» Der Richter will wissen, wann der Plan entstanden ist. Raphael M. erklärt: «Vor zehn Jahren.» Auch davon ahnte an den UPK offenbar niemand etwas.

Kommt nun die Verwahrung?

Für die Staatsanwaltschaft ist deshalb klar: Noch mal darf Raphael M. keinesfalls freikommen. Der Staatsanwalt fordert die Verwahrung für den Killer. Doch er nimmt auch die Ärzte in Schutz. «Der Fall war nicht zu verhindern», sagt der Staatsanwalt. Es sei für die Therapeuten schwierig gewesen, die versteckte Parallelwelt zu erkennen. Angesichts des Ausmasses der Wahnvorstellungen des Angeklagten und dessen Eingeständnis, «nicht allzu intelligent» zu sein, fällt es schwer, das zu glauben.

Der Verteidiger von M. schiebt die Schuld für die neuerliche Bluttat seines Mandanten auf dessen Krankheit. «Sein Verhalten wirkt geplant und eiskalt. Es ist aber seiner Wahnwelt geschuldet.» Und: «Die Tötung zeigt die Abgründe seiner Krankheit.» Eine Verwahrung komme aber nicht infrage.

Zum Schluss des Prozesstages überlässt der Richter noch einmal dem Mörder Raphael M. das Wort. «Es tut mir leid, was ich diesen Familien angetan habe», sagt dieser. Ob es den Therapeuten auch leidtut, bleibt unklar. 

Das Urteil im Fall von Raphael M. wird morgen Freitag um 11 Uhr erwartet. 

* Name bekannt
** Name geändert


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