Es war ein Tiefpunkt des Wahlkampfs 2023: SVP-Nationalrat Andreas Glarner (62) postete ein Video auf den sozialen Netzwerken, das die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (44) zeigte. Mithilfe von künstlicher Intelligenz liess Glarner die Grünen-/Basta-Politikerin für ihn werben und SVP-Parolen sagen.
Arslan sorgte dafür, dass das Video vom Netz genommen wurde und reichte Anzeige wegen Identitätsmissbrauchs ein. Nun macht eine Kommission des Nationalrats einen ersten Schritt zur Strafverfolgung frei.
Immunität könnte aufgehoben werden
Dieser relativ neue Gesetzartikel des Identitätsmissbrauchs sorgt dafür, dass sich jeder strafbar macht, wer die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet, um dieser zu schaden. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
Da Glarner jedoch im Parlament sitzt, ist er zumindest teilweise vor einer Strafverfolgung geschützt, wegen der sogenannten Immunität. So soll die freie Meinungsäusserung gesichert werden. Die Immunität kann aber aufgehoben werden.
Darüber entschied am Freitag die Immunitätskommission des Nationalrats nach einer Anhörung des Aargauers. Hauchdünn – mit 5 zu 4 Stimmen – soll die Staatsanwaltschaft gegen Glarner ermitteln dürfen. Der Entscheid kommt überraschend: In der neunköpfigen Kommission sitzen allein vier SVPler.
Die Kommission begründet den Entscheid damit, dass die Interessen des Opfers und die Schwere der Straftat höher zu gewichten seien als die Meinungsäusserungsfreiheit im Rahmen des Wahlkampfes. Die Kommission hält fest, «dass solche Handlungen dem Parlamentsbetrieb erheblich schaden; sie zu tolerieren, würde bei den nächsten Wahlen solchem Verhalten die Tür öffnen.» Die Kommission bringe mit der Aufhebung der Immunität «ihre Missbilligung für solche Aktionen» zum Ausdruck.
Damit die Immunität aber definitiv aufgehoben wird, muss auch die Rechtskommission des Ständerats zustimmen. Dieser Entscheid dürfte in den kommenden Wochen fallen.
Glarner musste bislang über 3800 Franken an Gerichts- und Anwaltskosten bezahlen. Dies wegen Zivilforderungen.