«Ein Abbruch wäre einfacher gewesen»
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Pfister zu Drohnen-Debakel:«Ein Abbruch wäre einfacher gewesen»

Wegen Fiasko mit Armeedrohnen
Grenzwache muss mit Helis arbeiten – und das ist problematisch

Die vermindert funktionstüchtigen Armeedrohnen beeinträchtigen die Überwachung der Grenzen. Damit wird auch einer der wesentlichen Zwecke für die 300 Millionen Franken teure Beschaffung nicht erfüllt.
Publiziert: 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 14:39 Uhr
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Die Hermes-Drohne ist nur eingeschränkt funktionstüchtig.
Foto: keystone-sda.ch

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Andreas SchmidInlandredaktor

Seit Ende 2019 hat die Armee keine Aufklärungsdrohnen mehr zur Verfügung. Damals wurden die Fluggeräte des Typs Ranger ausgemustert. Das Nachfolgeprodukt stand noch nicht bereit. Und die sechs Hermes-Drohnen des israelischen Herstellers Elbit – 300 Millionen Franken teuer – sind nach wie vor nicht im Einsatz. Kommt hinzu, dass Verteidigungsminister Martin Pfister (62, Mitte) am vergangenen Donnerstag erklärte, auf einige Funktionen zu verzichten, um nicht die gesamte Beschaffung abbrechen zu müssen.

Vom Detektoren-System, mit dem die Drohnen überall ohne Begleitflugzeug hätten fliegen können, sieht die Armee ab. Zu viele ungelöste Probleme verhinderten die Einführung. Die Enteisungstechnik wird ebenfalls nicht installiert, und es droht, dass vier der sechs Drohnen nur unter Auflagen die Zulassung erhalten.

Grenzwache muss auf Helikopter ausweichen

Seit fünf Jahren müssten die Hermes-Drohnen im Einsatz sein – unter anderem für die Überwachung der grünen Grenzen. Um Schlepper ausfindig zu machen und um verdächtige Fahrzeuge und Personen zu entdecken. Der Nutzen für diese Kontrollen war 2015 ein zentrales Argument für die Beschaffung. Mit dem Vorgängermodell flog die Luftwaffe im Auftrag der Grenzwache jährlich rund 60 Überwachungseinsätze.

Ohne Drohnen muss sich das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) mit Super-Puma-Helikoptern behelfen. Diese können viel weniger lang in der Luft bleiben und ihre Sensoren haben weniger Reichweite als die der neuen Drohnen, die riesige Flächen überwachen können.

Priska Seiler Graf (57, SP), die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, sagt, «das Grenzwachtkorps ist für seine Arbeit dringend auf Drohnen angewiesen.» Doch mit den Sonderwünschen habe sich die Schweiz «gewaltig überschätzt».

Derzeit nicht verfügbar

Das BAZG arbeite mit den vorhandenen Einsatzmitteln und Ressourcen, sagt Sprecher David Venetz. Die neue Drohne stehe «noch nicht zur Verfügung» und sei folglich für die Grenzwache «noch nie zum Einsatz gekommen». Ob dies zu vermehrtem Beizug von Armeehelikoptern für Kontrollen der grünen Grenzen geführt hat, lässt das BAZG offen. «Aus einsatztaktischen Gründen äussern wir uns nicht dazu», sagt Sprecher Venetz.

Das Bundesamt für Rüstung Armasuisse sieht in den nun beschlossenen funktionellen Abstrichen keine gravierenden Einschränkungen für die Grenzkontrollen. Die Hermes-Drohnen hätten auch ohne das Detektorensystem für unbegleitetes Fliegen «leistungsfähige Sensoren zur Aufklärung», betont Sprecher Kaj-Gunnar Sievert. Stellt sich jedoch die Frage, wann die Drohnen einsatzbereit sein werden. Hier gibt sich Sievert vage: Derzeit erprobe die Luftwaffe die Fluggeräte im Einsatz, wann die Systeme operationell verfügbar seien, könne terminlich nicht genau angegeben werden. «Das hängt vom Fortschritt ab.»

Unklar bleibt auch, was eine beschränkte Zulassung von vier der sechs Drohnen bedeuten würde und wie Armee und Grenzwache die beschränkten Ressourcen teilen würden.

Alle Warnungen ignoriert

Als der Nationalrat mit dem Rüstungsprogramm 2015 – der damalige Verteidigungsminister Ueli Maurer (74, SVP) legte es vor – die Beschaffung der Hermes-Drohnen beschloss, gab es bereits warnende Stimmen. Eine Minderheit sprach sich gegen den Kauf aus, unter anderem weil sie befürchtete, dass «die flexiblen und unbegleiteten Einsätze mit dieser Drohne nicht im versprochenen Umfang realisiert werden können», wie es die damalige Berner SP-Nationalrätin Evi Allemann (47) in der Ratsdebatte ausdrückte.

Ohne erhört zu werden.

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