Von einem Jahr bedingt bis zu 15 Jahren Knast – für die gleiche Tat
So unterschiedlich urteilen Schweizer Richter

Ein Jahr bedingt oder fast 15 Jahre Knast: Für die gleiche Tat kann es je nach Richter ganz unterschiedliche Strafen geben. Dies zeigt eine neue Schweizer Studie.
Publiziert: 26.05.2025 um 08:13 Uhr
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Aktualisiert: 26.05.2025 um 11:04 Uhr
Nicht jeder Richter urteilt gleich, wie eine neue Studie zeigt.
Foto: IMAGO

Darum gehts

  • Schweizer Richter urteilen unterschiedlich für gleiche Straftaten je nach Kanton
  • Fingierter Fall zeigt grossen Ermessensspielraum bei Tötungsdelikt-Urteilen
  • 81 Richter sprachen durchschnittlich 6,7 Jahre Strafe für fiktiven Fall aus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Gleiche Tat, gleiche Strafe? Das ist in der Schweiz längst nicht so. Die Richter urteilen sehr unterschiedlich. Dies zeigt eine neue Untersuchung, über die die «NZZ» nun berichtet hat. Je nach Kanton und Richter können für ein und dasselbe Delikt ganz unterschiedliche Strafen resultieren. Wer ein Tötungsdelikt verübt, kommt demnach mit weniger Gefängnis davon, wenn er es in der Waadt tut. 

Doch der Reihe nach: Ein stark alkoholisierter Schweizer Wirt will gerade sein Restaurant schliessen, als er an der Eingangstür einen potenziellen Einbrecher bemerkt. Er rennt ihm nach, schiesst sechsmal auf ihn und trifft ihn tödlich. Die Strafe: je nach Richter zwischen ein Jahr bedingt bis zu 15 Jahre Gefängnis. 

«Höchst problematisch»

Zu diesem Ergebnis kommt der Jurist Luca Ranzoni. Er hat für seine Doktorarbeit den Fall fingiert. Per Onlineumfrage nahmen 81 Richter teil und urteilten quasi ab Blatt. Verglichen hat der Doktorand letztlich die «Urteile» aus sechs Kantonen. Im Schnitt wurden 6,7 Jahre Strafe ausgesprochen. Damit zeigt die Arbeit: Die Richter haben einen grossen Ermessensspielraum. Das Ergebnis sei «unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebots in der Bundesverfassung höchst problematisch», sagt Ranzoni der «NZZ». 

Um eine bessere Datengrundlage zu haben, verlangt Jurist Ranzoni nun, dass die erstinstanzlichen Urteile in der Schweiz veröffentlicht werden. Damit könnten mehr Daten zur Höhe von Strafen gesammelt – und die Unterschiede letztlich verkleinert werden. 

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