Es gibt zwei Ansichten zu den Verhaltensweisen von alt Bundesrat Ueli Maurer (74). Für die einen ist er der Mann, der sich mit eigenwilligen Aktionen und provokativen Alleingängen immer wieder in die Nesseln setzt. Als Bundesrat ritzte er mehrfach am Kollegialitätsprinzip. Aktuell sorgt er für Schlagzeilen, weil er eine Einladung Chinas zu einer Militärparade annahm – und auf einem offiziellen Foto mit mehreren Potentaten posierte.
Für die anderen ist der frühere SVP-Präsident Maurer der Mann, der zu seiner Meinung steht. Und der mit seinen Provokationen für Bevölkerungsgruppen eintritt, die sonst im «Mainstream» zu wenig gehört werden. So war er während Covid zweifellos der Mann, der die Meinung der Massnahmenskeptiker in die Landesregierung trug.
So oder so, gewiss ist: Ueli Maurer gehört zu den eigenwilligsten Bundesräten, die die Schweiz hatte. Eine Charakterisierung anhand von sieben Episoden.
Maurer und die Chinesen
Nicht zum ersten Mal sorgte Maurer im Zusammenhang mit China für Aufsehen. 2023 war er – damals bereits alt Bundesrat – in der chinesischen Botschaft in Bern zu Besuch. Mit dem Botschafter sprach er über aktuelle Wirtschaftsthemen. Rücksprache mit Bundesbern hatte er nicht genommen. Pikant: Öffentlich wurde das Treffen erst Wochen später – ausgerechnet an jenem Tag, als der Nationalrat einem Vorstoss über die vertiefte Zusammenarbeit mit dem Parlament Taiwans zugestimmt hatte.
Maurer sagt Alice «Hoi»
«Hoi Alice und grüezi mitenand.» Mit diesen Worten wandte sich Ueli Maurer im Februar 2025 in einer Videobotschaft ans Publikum. Es war ein spezielles Publikum: Das Video wurde an einer Wahlkampfveranstaltung für AfD-Chefin Alice Weidel (46) gezeigt. Er wünschte ihr alles Gute für die Wahlen. Während selbst in der SVP viele Exponenten lieber etwas auf Distanz zur AfD gehen, suchte Maurer die Nähe. In seiner Botschaft ergänzte Maurer: «Da sollen offenbar liebe Freunde, die wir seit vielen Jahren kennen und schätzen, plötzlich extrem geworden sein.»
Maurer und das «Es»
2022 trat Maurer aus dem Bundesrat zurück. Für Schlagzeilen sorgte eine Aussage bei seiner Rücktrittserklärung. Auf die Frage, ob er sich eine Frau als Nachfolgerin wünsche, sagte Maurer an der Pressekonferenz: «Ob meine Nachfolge ein Mann oder eine Frau ist, ist mir egal. Solange es kein Es ist, geht es ja noch.» Mit dieser Bemerkung löste der abtretende SVP-Magistrat in LGBTQ+-Kreisen Entsetzen aus.
Maurer läuft davon
Ueli Maurer und das Fernsehen: eine eigene Geschichte. Bisweilen wurde es dem SVP-Magistraten bei kritischen Bemerkungen zu bunt. Er verliess dann einfach das Studio. So liess er 2019 ein Interview mit der SRF-Sendung «Eco» platzen, weil ihm eine Formulierung zur Steuervorlage nicht passte. Noch als Parteipräsident war er Talkmaster Roger Schawinski (80) davongelaufen. Dieser hatte ihn als «Parteipräsident von Blochers Gnaden» bezeichnet. In einer SRF-«Rundschau» zur Kampfjet-Abstimmung explodierte Maurer und warf Moderator Sandro Brotz (55) schlechte journalistische Leistung vor. Danach ging er mehrere Jahre nicht zu Brotz in die «Arena».
Maurer und die Freiheitstrychler
Der SVP-Mann liebte schon immer die Provokation – etwa, als er während der Covid-Pandemie im Freiheitstrychler-Shirt auftrat. Als Finanzminister zwar für milliardenschwere Kredite verantwortlich, liess Maurer zugleich durchblicken, dass er selbst mit vielen Massnahmen haderte. Mehrfach sorgten seine Aussagen für Irritationen, immer wieder kratzte er damit am Kollegialitätsprinzip. Zugleich gab Maurer jenem Teil in der Bevölkerung mit skeptischer Haltung die Gewissheit, dass ihre Sichtweise auch im Bundesrat vertreten wurde.
Maurer hat «kä Luscht»
Der Satz ist legendär –, und er ging viral, als soziale Medien noch nicht so dominierend waren: «Kä Luscht». Diese zwei Worte diktierte Ueli Maurer einem SRF-Journalisten ins Mikrofon, als er keine Lust auf ein Interview hatte. Die Szene wurde zum Running Gag – und prägte sein Image.
Maurer und der Bankenuntergang
Ueli Maurer auf Alleingang: Seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat verschwieg der damalige Finanzminister wichtige Informationen über die Probleme der Grossbank Credit Suisse. Der Bundesrat traf sich mit der CS-Spitze und dem Nationalbankpräsidenten in nicht protokollierten Geheimsitzungen. Er soll gar verhindert haben, dass Spitzenbeamte seiner Nachfolgerin Karin Keller-Sutter vor der Amtsübergabe Informationen mitteilen. Eine richtige Übergabe gab es nicht, obwohl es damals bei der Bank lichterloh brannte. Das alles stellte die Parlamentarische Untersuchungskommission fest. «Ueli, der Maurer», titelte Blick. Maurer vertraute seinen Kolleginnen und Kollegen nicht. Er hatte immer Angst, dass Informationen an die Öffentlichkeit dringen und der Bank schaden könnten.