Steigender Preis für F-35
Bund erwägt tatsächlich, weniger Jets zu kaufen

Um das Kostendach von sechs Milliarden Franken einzuhalten, könnten es statt 36 Kampfjets einige weniger werden.
Publiziert: 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 10:51 Uhr
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Ein F-35-Jet landet auf dem Militärflugplatz Emmen.
Foto: ENNIO LEANZA

Darum gehts

  • VBS sucht bei F-35-Kauf Ausweg, um Kostendach einzuhalten und Mehrkosten zu decken
  • Mögliche Option: Weniger Kampfflugzeuge kaufen
  • Mehrkosten von 650 Millionen bis 1,3 Milliarden Franken erwartet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die Schmerzgrenze liegt bei sechs Milliarden Franken. Dieses Kostendach für neue Kampfflugzeuge hat die Schweizer Stimmbevölkerung mit hauchdünner Mehrheit von 50,1 Prozent im September 2020 gutgeheissen. Nun soll der Preis aber deutlich höher werden – um bis zu 1,3 Milliarden Franken. Sollten die Verhandlungen der Schweiz mit den USA über den angeblichen Fixpreis von sechs Milliarden erfolglos bleiben, muss sich das Verteidigungsdepartement (VBS) etwas einfallen lassen.

Eine Möglichkeit wäre ein Nachtragskredit. Doch das dürfe nicht sein, liess ein VBS-Vertreter kürzlich gegenüber europäischen Diplomaten in Bern durchblicken. «Das würde den Volkswillen verletzen», begründete der Kadermann und nannte eine andere Option: Beharren die Amerikaner auf ihren zusätzlichen Forderungen, müsste die Schweiz «zur Not» weniger Kampfflugzeuge beschaffen. 36 Jets sind bestellt, eine Reduktion der Stückzahl würde bedeuten, dass die Luftwaffe im Ernstfall weniger lange durchhaltefähig wäre. 

Für die US-Kampfflugzeuge von Lockheed Martin entschied sich der Bundesrat nicht zuletzt deshalb, weil ihm 36 hochmoderne Tarnkappenbomber für vergleichsweise günstige sechs Milliarden Franken angeboten worden waren. Das sei ein vertraglich vereinbarter Fixpreis, betonte das Verteidigungsdepartement seither gebetsmühlenartig. Bis kürzlich publik wurde, dass die USA hohe Mehrkosten geltend machen; unter anderem, weil die Produktion teurer werde. Von einem garantierten Fixpreis wollen die Amerikaner nichts wissen, das habe die Schweiz missverstanden.

Bundesrat Pfister unter Druck

Ob die Option, weniger F-35 zu kaufen, ein zielführender Ausweg aus der Klemme wäre, ist unklar. Der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina (34) jedenfalls sagt zu Blick: «Wir wissen nicht, ob weniger Jets auch weniger Kosten bedeuten würden, denn Preisstruktur und Vertragsbedingungen hängen stark von sogenannten Produktions-Lots ab.»

Das bedeutet, dass die Flugzeuge in Tranchen hergestellt werden – und die Schweiz hat den Zuschlag für bestimmte Tranchen erhalten. Sicherheitspolitiker Molina fordert, VBS-Chef Martin Pfister (61, Mitte) solle nun «dringend klären, welche Auswirkungen der Kauf weniger Jets für die Gesamtrechnung hätte».

Rüstungschef hält Informationen zurück

Erklärungen fordern Sicherheitspolitiker auch von Rüstungschef Urs Loher (58). Dieser sei Ende Februar von den USA schriftlich über zusätzliche Forderungen informiert worden, ohne die zuständigen parlamentarischen Kommissionen darüber ins Bild zu setzen, sagen mehrere Quellen zu Blick.

Im März etwa habe Loher in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats den Anschein erweckt, bei der F-35-Beschaffung laufe alles plangemäss und das Kostendach werde eingehalten, sagen Parlamentarier übereinstimmend. Bei dieser Sitzung seien Fragen zum Kampfjet-Geschäft gestellt worden, die Loher ohne Hinweis auf die Hiobsbotschaft aus den USA beantwortet habe. Obwohl es schon im vergangenen Sommer erste Hinweise auf Mehrkosten aus den USA an den Rüstungschef und die damalige VBS-Vorsteherin Viola Amherd (63, Mitte) herangetragen worden seien.

Dass auch der Gesamtbundesrat erst Monate später davon erfuhr, begründete Loher kürzlich an einer Medienkonferenz damit, dass die Forderungen nicht mit einem konkreten Betrag verknüpft gewesen seien.

Parlament angelogen?

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats untersucht nun in einer Inspektion die Vorgänge rund um die F-35-Beschaffung. Dabei steht auch der Fixpreis im Fokus. Einen solchen gebe es bei Rüstungsbeschaffungen in den USA nie, das wüssten die Verantwortlichen seit über 30 Jahren, sagt die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth (59). Der definitive Preis werde immer erst Jahre später in Verhandlungen zwischen dem US-Verteidigungsministerium und dem Hersteller festgelegt. «Die GPK muss jetzt klären, ob die Verantwortlichen bei der F-35-Beschaffung einfach schlecht gearbeitet oder das Parlament bewusst angelogen haben.» 

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