Skandal-Marsch in den Berner Alpen
Wer in Nazi-Uniform wandert, soll künftig zahlen müssen

25 Männer in Wehrmachts-Uniformen marschierten am Wochenende durchs Berner Oberland – Hakenkreuze inklusive. Bundesrat und Parlament wollen solche Auftritte künftig büssen.
Publiziert: 23.07.2025 um 16:44 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2025 um 17:38 Uhr
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Am Samstag hat die Polizei eine Gruppe Männer in Wehrmachtsuniformen oberhalb der Iffigenalp kontrolliert. Zu befürchten haben sie juristisch nichts.
Foto: SRF

Darum gehts

  • 25 Männer veranstalteten Wehrmacht-Wanderung
  • Wandergruppe weist Vorwürfe zurück, sie hätten keine Verbindungen zu politischen Ideologien
  • Bussen von 200 Franken geplant, einige Kantone fordern bis zu 10’000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Ein bizarrer Anblick bot sich Wanderinnen und Wandern am vergangenen Wochenende oberhalb der Iffigenalp im Berner Oberland: Mit Uniformen der deutschen Wehrmacht ausgerüstet, schlugen 25 Männer ein Zeltlager auf – mitten in der Bergidylle. Was wie ein historisches Filmset wirkte, entpuppte sich als krude Wandergruppe. Die Aktion blieb nicht unbemerkt: Am Freitagabend alarmierten Wanderinnen und Wanderer die Polizei.

Die ausgerückten Beamten bestätigten später, eine Gruppe mit Uniformen der deutschen Wehrmacht aus den 1930er- und 1940er-Jahren angetroffen und kontrolliert zu haben. Angereist waren die Männer aus verschiedenen europäischen Ländern, darunter der Schweiz, sowie aus den USA. Auf ihren Uniformen sollen auch Hakenkreuze geprangt haben.

Bundesrat will Nazi-Symbole verbieten

Die Kantonspolizei Bern wies die Männer an, die Uniformjacken auszuziehen – allerdings aus präventiven Überlegungen: «Wir wollten verhindern, dass es plötzlich zu Auseinandersetzungen mit Drittpersonen gekommen wäre.» Das Zurschaustellen solcher Symbole sieht sie als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Strafrechtliche Folgen gibt es jedoch keine – denn nationalsozialistische Symbole sind in der Schweiz bisher nicht verboten.

Der zuständige Bundesrat Beat Jans (61) will dies ändern: Er möchte Nazi-Symbole wie Hakenkreuz oder Hitlergruss künftig verbieten. Wer dagegen verstösst, muss künftig mit einer Busse von 200 Franken rechnen, hatte Jans 2024 angekündigt. Dies geht unter anderem auf einen Vorstoss von Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller (67) zurück. 

Auch Symbole wie die Zahlencodes «18» oder «88» – die Buchstaben-Analogie zu «Adolf Hitler» und «Heil Hitler» – sollen verboten werden. Bei solchen Symbolen spiele der Kontext eine entscheidende Rolle. «Umfasst wären demnach Gegenstände, aber auch Gesten oder Grussformeln.»

Ausnahmen soll es für schulische, wissenschaftliche, künstlerische oder journalistische Zwecke geben. «Innerhalb der Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit dürften die Symbole weiterhin gezeigt werden», so der Bundesrat.

SVP gegen ein Verbot

Derzeit wird die Vernehmlassung ausgewertet, in der sich Parteien und Kantone zur Vorlage äussern konnten.

Die SVP ist mit dem Verbot nicht einverstanden und befürchtet eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Verschiedene Regierungsräte – etwa jener des Kantons Aargau – kritisierten die maximale Strafandrohung hingegen als zu gering. So fordern mehrere Kantone Bussen von bis zu 10’000 Franken, besonders bei Wiederholungstätern.

«Der Vorfall zeigt, wie dringlich die Umsetzung ist und wie geschichtsvergessen gewisse Kreise heute sind», sagt Binder-Keller gegenüber Blick. Sie hoffe, dass das Verbot noch dieses Jahr ins Parlament kommt. Auch sie befürwortet ein höheres Strafmass: «Eine Busse muss spürbar wehtun, sonst verfehlt sie ihre Wirkung.»

Wanderer wollen keine Nazis sein

Dirk Baier (48), Extremismusexperte an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, wählt gegenüber dem «Tages-Anzeiger» pointierte Worte: «Es ist eine ziemlich widerliche Aktion, dass Personen in die Schweiz kommen, um hier in Nazi-Verkleidungen wandern zu gehen.» Widerlich deshalb, weil die Symbolik der Uniform für enorm grosses Leid stehe, welches in Zeiten des Dritten Reiches verübt worden sei.

Inzwischen hat sich die Wandergruppe zu Wort gemeldet. Die Vorwürfe, es handle sich bei ihnen um Neonazis, weisen sie zurück. «Wir respektieren die Gesetze uneingeschränkt und pflegen keinerlei direkte oder indirekte Verbindungen zu politischen Gruppen oder Ideologien», heisst es in dem Pressestatement. «Jeder Versuch, uns mit dem Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen, ist sowohl falsch als auch beleidigend.» Warum sie sich dennoch mit Hakenkreuzen schmückten, bleibt ungeklärt.

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