Sie gehört heute den Briten
Schweizer Stadt will endlich ihre wertvolle Bibel zurück

Die wertvolle Bibel von Moutier-Grandval befindet sich seit fast 200 Jahren in Grossbritannien. Jetzt fordert ein Politiker ihre Rückgabe in die Schweiz – die zuständige Stadtregierung will davon nichts wissen.
Publiziert: 23.10.2025 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2025 um 20:11 Uhr
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Die jurassische Bibel von Moutier-Grandval gehört seit fast 200 Jahren dem britischen Staat.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • 1200-jährige Bibel von Moutier-Grandval soll aus Grossbritannien zurückgeholt werden
  • Jurassischer Politiker fordert die Rückgabe, die Stadtregierung und Experten sehen den Verkauf als rechtmässig
  • Die Bibel wurde 1836 für 750 Pfund Sterling an das British Museum verkauft
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

1200 Jahre alt ist die Bibel von Moutier-Grandval. Doch die 900 Seiten aus Schafshaut, die mit farbigen Bibelszenen illustriert sind, weilen schon seit bald 200 Jahren nicht mehr in der Schweiz. 1836 wurde die Bibel an die Staatsbibliothek Grossbritanniens verkauft.

Damals war den jurassischen Behörden der Wert des Kunstwerks wohl nicht ganz bewusst. Mittlerweile war es temporär zurück in seiner Heimat: Es wurde diesen Frühling für einige Monate in Delsberg JU ausgestellt. Wie «Le Quotidien Jurassien» berichtet, scheint der kurze Aufenthalt einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben: Die Briten sollen die Bibel endlich wieder zurückgeben, fordert ein jurassischer Politiker.

Die Stadtregierung wehrt sich

«In den letzten Jahren mussten viele westliche Museen Kulturgüter, die manchmal während der Kolonialisierung oder im Krieg illegal erworben wurden, an ihre Herkunftsländer zurückgeben», sagt Benoît Marchand, Präsident des Stadtparlaments von Moutier BE, gegenüber der jurassischen Zeitung.

Die Region sei Anfang des 19. Jahrhunderts der Reformation unterworfen gewesen, wodurch die damaligen Stiftsherren ihr Kloster hätten aufgeben müssen. «Daher erscheint es legitim, unseren Kulturschatz zurückzufordern», so Marchand.

Mit einem Vorstoss, über den am Montag abgestimmt wird, will Marchand die Stadtregierung Moutiers (die Stadt wechselt per Anfang 2026 zum Kanton Jura) dazu auffordern, sich für eine Rückgewinnung der Bibel einzusetzen. Diese wehrt sich dagegen: Der Verkauf der Bibel sei damals alles andere als illegal vonstattengegangen.

Der Verkauf war rechtmässig

Rückenwind erhält die Regierung dabei auch durch ein Gutachten des Jurassischen Museum für Kunst und Geschichte in Delsberg. Die Bibel sei 1822 aus rein kommerziellen Gründen an einen Basler Antiquitätenhändler verkauft worden. Das Geschäft wurde dabei einwandfrei dokumentiert.

Der Händler verkaufte die Bibel 14 Jahre später für 750 Pfund Sterling an das British Museum. Somit sei das Objekt als Eigentum des britischen Staates zu betrachten. Zudem halten die Experten fest: Die religiöse Gemeinschaft, der die Bibel gehörte, hatte sich bereits 1802 aufgelöst. Der ursprüngliche Rechteinhaber existiert daher gar nicht mehr.

Marchand wehrt sich vehement gegen die Darstellung: Der Verkauf an den Antiquitätenhändler sei unter anderem aufgrund regionaler Armut passiert. Auch die nicht mehr vorhandene Religionsgemeinschaft sei kein Grund, das Geschäft abzulehnen. «Die Stadt Moutier kann als natürliche Erbin der Gemeinschaft betrachtet werden, die die Bibel über ein Jahrtausend lang geschaffen und geschützt hat», so Marchand.

Auch andere Länder protestieren bei den Briten

Es gibt ähnliche Beispiele. So fordert etwa der griechische Staat von England die Rückkehr des Parthenonfrieses, einer Marmorskulptur aus dem Athener Akropolis. Auch dort ist die religiöse Eigentümerin längst Teil der Geschichtsbücher. Auf diesen Fall verweist auch der Parlamentspräsident.

In einen kostspieligen Rechtsstreit will Marchand die Stadt jedoch nicht gleich stürzen. Stattdessen hofft der Parlamentarier der Lokalpartei Moutier à Venir, dass Moutier zuerst mithilfe der städtischen Museen, des Bundes und der Unesco einen formellen Antrag auf eine Rückgabe stellt.

«Allein die Einleitung einer Kampagne für die Rückgabe der Bibel würde dazu beitragen, Moutier auch aus einem anderen Grund als der Jurafrage ins Rampenlicht zu rücken», so Marchand. Er zeigt sich deshalb überzeugt, dass die Bibel im Stadtparlament durchaus eine Mehrheit finden werde.

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