Darum gehts
- Post-Abbau: Rösti plant neues Postgesetz für 2030
- Seco plädiert für radikalen Post-Abbau, SP-Departemente geben Gegensteuer
- Bis Juni 2026 muss Rösti eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten
SVP-Bundesrat Albert Rösti (58) stimmt die Bevölkerung auf einen stetigen Post-Abbau ein. Die Zahl der verschickten Briefe sinkt, die Einzahlungen am Postschalter nehmen ab. Per 2030 soll ein neues Postgesetz die Grundversorgung deshalb frisch ausrichten.
Grundsätzlich will Rösti die heutigen Dienste beibehalten: Briefe und Pakete werden weiterhin an mindestens fünf Wochentagen zugestellt, die abonnierte Tageszeitung an sechs Wochentagen, und landesweit steht ein flächendeckendes Netz an Poststellen, Agenturen und Briefkästen zur Verfügung.
Doch Rösti hebt bereits den Drohfinger: Werden die Dienste zu wenig genutzt, wird das Angebot auf einen «Mindestumfang» reduziert. Die Post würde nur noch dreimal wöchentlich geliefert, Zeitungen nur noch an fünf Wochentagen, anstelle von A- und B-Post gäbe es nur noch einen Standardbrief. Je kleiner ab 2030 die Nachfrage, umso grösser der Abbau, so die Losung. Die Post könnte entsprechende Anpassungen beim Bund beantragen.
Seco erachtet Vorgehen als «verfehlt»
Was für Fans des gelben Riesen nach einem Horrorszenario tönt, geht dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unter Helene Budliger Artieda (60) im Wirtschaftsdepartement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (65) nicht weit genug. Das Seco plädiert für einen radikalen Post-Abbau. Das zeigen Dokumente zur verwaltungsinternen Ämterkonsultation, die Blick – gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz – erhalten hat.
Schon die Herangehensweise hält das Seco «grundsätzlich für verfehlt». Die Revision orientiere sich zu stark am Ziel, die Finanzierung der Post sicherzustellen. «Unseres Erachtens ist es falsch, die Grundversorgung rein nach den Finanzierungsmöglichkeiten zu richten», moniert es. «Stattdessen muss das Level politisch bestimmt und dieses dann so günstig wie möglich erbracht werden.»
So müsse die Grundversorgung künftig darauf fokussieren, was «aus Sicht der Bevölkerung notwendig ist». Diesbezüglich müsse auch geklärt werden, welche Rolle ein Staatsunternehmen dabei überhaupt spielen soll. Ginge es nach dem Seco, wäre das nur dort, wo ein Marktversagen existiert.
Brief-Restmonopol kippen
Deshalb ruft es zum Kahlschlag: Die Grundversorgung sollte mit dem neuen Postgesetz gleich direkt auf den «Mindestumfang» reduziert werden.
In einzelnen Punkten schlägt es gar einen weiteren Abbau vor. Die Paketzustellung soll ganz aus der Grundversorgung gestrichen werden. «Da es im Paketmarkt einen funktionierenden Wettbewerb gibt, sollte ein allfälliger Leistungsauftrag grundsätzlich ausgeschrieben werden», schreibt das Seco in seiner Stellungnahme. Das Restmonopol bei Briefen bis 50 Gramm möchte es ebenso kippen.
Auch die Zeitungszustellung möchte es aus der Grundversorgung streichen, da die tägliche Zustellung gedruckter Zeitungen angesichts digitaler Angebote «nicht mehr zeitgemäss ist».
Doch es kommt noch krasser. Ginge es nach dem Seco, würde der Grundversorgungsauftrag beim Zahlungsverkehr ausgeschrieben und die Postfinance privatisiert. «Der Bundesrat soll die Privatisierung der Postfinance wieder an die Hand nehmen», schlägt das Seco vor.
Gegensteuer aus SP-Departementen
Für den sofortigen Radikalabbau hat der Bundesrat kein Gehör. Ebenso wenig aber auch für Gegensteuer aus den SP-Departementen. So verlangt das Innendepartement von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61), dass auch im Minimalangebot weiterhin «eine gewisse Anzahl bedienter Zugangspunkte» angeboten wird. Das neue Gesetz dürfe nicht zu einer digitalen Kluft beitragen.
Das Justizdepartement von Bundesrat Beat Jans (61) zeigt sich nicht mit allem einverstanden. «Ein guter Service public ist ein zentrales Anliegen der schweizerischen Bevölkerung, dazu gehört auch landesweit ein flächendeckendes Netz von Zugangspunkten», mahnt es. Mit dem Mindestumfang-Mechanismus drohe ein «negatives Anreizsystem, da die Post von Aufgaben ‹befreit› wird, wenn das Geschäft nicht gut läuft».
Rösti sieht sich als Modernisierungsminister
Bis im Juni 2026 muss Post-Minister Rösti nun eine konkrete Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten. Der Sparhammer bleibt dabei noch in der Schublade – vorerst jedenfalls. Als «Abbau-Minister» will sich Rösti nicht sehen, wie er jüngst betonte. «Ich würde lieber als Post-Modernisierungsminister bezeichnet werden.»