Das sind die brisantesten Szenen
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Blick liegt der Film vor:Das sind die brisantesten Szenen

Rekonstruktion einer Affäre
«Bist du der Gango von Beat Jans?»

Heikle Aussagen zur SVP und über Beat Jans: Eine Zürcher Maturarbeit und ein Film sorgen für Ärger. Kurz vor Abgabe kam es zum Showdown.
Publiziert: 00:03 Uhr
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Bundesrat Beat Jans und sein Kommunikationschef Oliver Washington.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Zürcher Maturandin wirft EJPD Zensur vor. Kommunikationschef zieht Aussagen zurück
  • Maturandin geriet in Krise und musste Arbeit neu orientieren
  • Über 60 E-Mails zum Matura-Knatsch
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

David gegen Goliath, Maturandin gegen EJPD: Seit Monaten gibt die Abschlussarbeit einer 17-jährigen Schülerin im ganzen Land zu reden. Wie die «NZZ» enthüllt hatte, warf eine Zürcher Maturandin dem Justizdepartement Zensur vor. «Die schriftliche Arbeit sowie der Dokumentarfilm wurden durch den Rechtsdienst des EJPD zensiert», stand auf der Titelseite einer Maturaarbeit des mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasiums Rämibühl.

Und auf dem Filmplakat war zu lesen: «Geplant als Analyse von aussen – gelandet mitten im politischen Hickhack. Interview-Rückzug, Rechtsberatung und Machtspiele statt offenen Dialogs. Wenn eine Maturitätsarbeit zeigt, was politische Kommunikation lieber verbirgt.»

Wovor hat Oliver Washington Angst?

Aussagen von Oliver Washington (52), dem Kommunikationschef von Justiz-Bundesrat Beat Jans (61, SP), spielen in diesem Zusammenhang eine ebenso zentrale wie umstrittene Rolle. «Mir ist nicht ganz klar, was brisant ist und wovor er Angst hat», sagt SRF-Moderatorin Kathrin Winzenried (52). Nachdem Washington frühere Äusserungen zur Maturarbeit zurückgezogen hatte, zog die Maturandin Winzenried ins Vertrauen, um die Vorgänge einordnen zu lassen. Winzenried kritisierte daraufhin das Verhalten ihres ehemaligen SRF-Kollegen Washington als «unprofessionell».

Blick konnte die bearbeitete Fassung des Films und der Maturarbeit einsehen – gestützt auf das Gesetz über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich. Die gekürzte, laut der Maturandin zensierte Version der Videosequenzen ist harmlos. Es gibt ein paar lustige Momente, in denen die Maturandin Washington etwa fragt: «Bist du der Gango von Beat Jans?» In dieser Passage geht es um eine SVP-Unterschriftensammlung, die eine strengere Asylpolitik fordert – und zu der sich Washington kritisch geäussert hatte. Was genau der Sprecher des Justiz- und Polizeidepartements meinte, ist dem Film nicht zu entnehmen.

«Wesentliche Teile zurückgezogen»

In der Maturarbeit steht: «Oliver hat wesentliche Teile seines Interviews nach vier Tagen zurückgezogen. Besonders bei Fragen zu Coaching und dem Arbeiten mit Bundesrat Beat Jans wurde mir nicht erlaubt, die Aufnahmen im Film zu nutzen.» Die Schülerin und der Kommunikationschef duzen einander: Washington ist der Götti ihrer Schwester.

Die Begründung von Washingtons Rückzieher, so die Maturandin: «Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass meine Maturarbeit öffentlich in der Mediathek der Schule einsehbar sein wird.» Aussage steht gegen Aussage: Laut einhelliger Beteuerungen der Schülerin und ihres Betreuers habe man von Anfang an kommuniziert, dass die Maturarbeit und der Film in der Schulbibliothek deponiert und somit nicht unter Verschluss stehen würden. Washington hingegen nahm an, ausser dem Betreuer werde niemand von seinen Aussagen erfahren.

«Darf er das? Muss ich ihm folgen?»

Als Washington schliesslich seine Zitate zurückzog, stürzte die Maturandin ins Dilemma: «Die Krise zwang mich zu einer Neuorientierung und zur Auseinandersetzung mit der Thematik des journalistischen Arbeitens. Darf er das? Muss ich ihm folgen? Was mache ich mit den verbleibenden Bruchstücken? Der zeitliche Druck meiner Arbeit stieg rasant», beklagt die Schülerin.

Im Film sagt sie wörtlich: «Ich habe mit Oliver im Interview weiter über Kommunikationsstrategien von Beat Jans gesprochen. Ich darf diese Interviewpassagen nicht verwenden, da ich Oliver vor dem Interview nicht verständlich kommuniziert habe, dass meine Arbeit teilveröffentlicht wird.»

«Du kannst es ja einfach bleiben lassen»

Diese Aussage erfolgte nicht freiwillig, sondern auf Druck von Washington. «Ich wäre froh, wenn du das nicht erwähnst», schrieb der Kommunikationsprofi der 17-Jährigen. Er wollte, dass die Schülerin diesen Eingriff verschweigt. Als sie insistierte, doppelte er nach: «Aber du kannst es ja trotzdem einfach bleiben lassen. Oder nicht? Wenn du es nicht sagst, musst du auch nicht sagen, dass du nicht verständlich kommuniziert hast, dass es teilveröffentlicht wird.»

Kurz vor Abgabe der Maturarbeit diktierte Washington der Schülerin dann die Sprachregelung, die sie im Film vorzutragen habe. Insgesamt gingen mehr als 60 E-Mails hin und her, teils um 5.16 Uhr morgens, teils kurz nach Mitternacht – mitunter sogar sonntags.

Ob sich Washington und die Maturandin inzwischen versöhnt haben, ist unklar. Mit Blick auf die Matura gibt es immerhin ein Happy End: Die inzwischen 18-Jährige hat sie erfolgreich bestanden. Die Lust auf Politik ist ihr jedoch gründlich vergangen.

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