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Rechnen die Statistiker auch beim Verkehr verkehrt?
VCS-Präsident hält Zahlen für «irreführend»

Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat sich die Verkehrskosten vorgenommen. Laut ihm müssen die Autofahrer 86 Prozent der Kosten tragen, die Zugpassagiere bloss 46 Prozent. Der Präsident des Verkehrsclubs der Schweiz (VCS), Ruedi Blumer (61), bezweifelt die Zahlen.
Publiziert: 08.04.2019 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2019 um 08:57 Uhr
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VCS-Präsident Ruedi Blumer hinterfragt die Zahlen zu den Verkehrskosten des Bundesamts für Statistik.
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

BLICK: Laut dem BFS finanzieren die Nutzer des Schienenverkehrs dessen Kosten bloss zu 46 Prozent selbst. Der Strassenverkehr werde jedoch zu 86 Prozent durch die Nutzer bezahlt.
Ruedi Blumer: Diese Zahlen sind irreführend. Ich halte es nicht für zulässig, durch ein Bundesamt solche Angaben in die Welt zu setzen. Sie halten einer Überprüfung nicht stand.
 
Das behaupten Sie.
Und die Allgemeinheit kann das leicht überprüfen. Der einfachste Weg: Nehmen Sie die Milliardenkosten, die durch die Klimaerwärung entstehen. Schuld daran ist neben Öl- und Gas-Heizungen die Treibstoffverbrennung. Es ist schlicht unverantwortlich, die durch die Diesel- und Benzinmotoren verursachten Folgekosten für Dürre, Brände, Überschwemmungen, Sturmschäden, Schlammlawinen und andere Umweltereignisse unten den Tisch zu kehren.
 
Die Verfasser der Studie schreiben, man habe die verkehrsbedingten Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden miteinberechnet.
Von wegen. Über alle Verkehrsträger hinweg sollen die Umwelt- und Gesundheiskosten gerade einmal 13 Prozent betragen. Das reicht nie! Und selbst wenn die Milliarden für die Klimafolgen noch draufgeschlagen würden, hätten wir noch keine Vollkostenrechnung.
 
Warum nicht?
Beispielsweise fehlen die Kosten für Lärmschutzmassnahmen. Es ist nicht nur unzulässig, dass Gemeinden, Bund und Kantone ihrer Pflicht bis vor einem Jahr nicht nachgekommen sind, wirksame Lärmschutzmassnahmen zu installieren. Genauso schlimm ist es, dass keinerlei Rücklagen für die notwendigen Temporeduktionen, Flüsterbeläge und Schallschutzwände in der Gesamtrechnung auftauchen. Während der laufenden Klimadebatte dermassen unvollständig zu informieren, halte ich für höchst problematisch.
 
Wie geht der VCS gegen die aus Ihrer Sicht irreführenden Zahlen vor?
Das BFS könnte an Glaubwürdigkeit einbüssen, weil die Gesamtsicht inklusive Klimaerhitzung fehlt. Der VCS setzt sich weiterhin für konkrete Massnahmen wie sauberere Motoren, CO2-Abgabe auf Verbrennungsmotoren, Besteuerung des Kerosins, Flugticketabgabe, sichere, zusammenhängende Velowegnetze und gegen zusätzliche Strassen ein. Verkehrsvermeidung und Verlagerung auf Fuss, Velo und ÖV verringert die Kosten erheblich.

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