Darum gehts
- Bundesrat beschliesst Soforthilfe für Blatten nach Gletscherabbruch im Wallis
- Rösti und Keller-Sutter treiben finanzielle Unterstützung voran
- 5 Millionen Franken vom Bund, 10 Millionen vom Kanton Wallis
Blatten braucht Geld. Das Walliser Bergdorf ist nach dem Gletscherabbruch auf finanzielle Hilfe angewiesen. Neben Privatspenden sprachen auch zahlreiche Gemeinden, der Kanton Graubünden und sogar das Fürstentum Liechtenstein bereits Solidaritätsbeiträge. Jetzt handelt auch der Bundesrat.
Insgesamt will der Bundesrat fünf Millionen Franken ins Wallis überweisen. Das Parlament könne in der laufenden Sommersession darüber entscheiden, teilt die Landesregierung am Freitag mit. «Wir wollen den Menschen im Lötschental eine Zukunft geben», sagt Umweltminister Albert Rösti (57) vor den Medien.
Rösti und Keller-Sutter als treibende Kräfte
Die Soforthilfe ist eine Koproduktion: Rösti und Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) veranlassten zusammen eine Öffnung des Bundeskässeli. Für den Bundesrat sei klar, dass angesichts der tragischen Ereignisse rasch und unbürokratisch Hilfe geleistet werden soll, sagten sie am Freitag – und dankten wiederholt den lokalen und überregionalen Hilfeleistenden.
Bereits am Mittwoch teilte der Kanton Wallis mit, für den Wiederaufbau zehn Millionen Franken in die Hand zu nehmen. Der Beitrag des Bundes soll nun direkt daran anknüpfen, so Rösti und Keller-Sutter. Die Mittel sollen für Sofortmassnahmen gelten, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen abgedeckt seien und rasch umgesetzt werden müssten.
Das Geld dürfte aber auch zur Unterstützung von betroffenen Dorfbewohnerinnen und -bewohnern in besonders schwierigen Situationen eingesetzt werden, so der Bundesrat. Über die genaue Verwendung des Sofortbeitrags soll laut Bundesrat die Gemeinde entscheiden und dabei dem Bund Rechenschaft ablegen.
Bund hilft Blatten aktiv beim Wiederaufbau
Zusätzlich zu den Geldern beauftragt der Bundesrat Röstis Umweltdepartement (UVEK), eine Gesamtschau der geleisteten Mittel und Massnahmen durch Bund, Kantone und Dritte zusammenzutragen – als Grundlage für weitere Unterstützungsleistungen.
Ebenfalls soll das UVEK zusammen mit der Gemeinde Blatten den Wiederaufbau planen. «Eine Entsiedlung der Täler ist für uns keine Option», sagte Rösti. In einer ersten Phase begleite der Bund jetzt Blatten auf der Suche nach einem geeigneten Standort für das Dorf.
Am 28. Mai brach nach zahlreichen kleineren Bergstürzen ein grosser Teil des Birchgletschers oberhalb Blatten ab. Die dadurch ausgelöste Schutt- und Eislawine verschüttete einen grossen Teil des Dorfs Blatten sowie den Weiler Ried. Anschliessend überflutete ein aufgestauter See hinter dem Geröllkegel auch den nicht verschütteten Teil des Dorfs. Die Einwohnerinnen und Einwohner wurden bereits neun Tage zuvor evakuiert. Ein 64-Jähriger gilt jedoch weiterhin als vermisst.
Damit ist die Medienkonferenz beendet
Rösti und Keller-Sutter haben fertig. Sprecherin Ursula Eggenberger verabschiedet die Anwesenden.
Sorgenkind Kandersteg?
Gibt es weitere Sorgenkinder in den Berggebieten? «Wir müssen dem Monitoring zukünftig noch mehr Beachtung schenken», sagt Rösti. Alleine im Wallis gebe es 90 Standorte, die beobachtet werden. Und auch etwa in Kandersteg BE ist dies der Fall. Solche Systeme würden immer wichtiger.
«Zu früh, zu schauen, ob es neue Instrumente braucht»
Braucht es bessere Sicherheitsvorkehrungen? Es brauche zuerst Zeit, um zu schauen, welche Lehren aus Blatten VS gezogen werden können, antwortet Rösti. Daher sei nun noch zu früh, um festzustellen, ob zukünftig neue Instrumente für die Gefahrenerkennung nötig sind.
Zum ersten Mal Soforthilfe
Wie viel Soforthilfe gab es bei Gondo VS und Bondo GR? Keine, sagt Rösti. Die Unglücke dort seien nicht mit der gesamten Auslöschung von Blatten vergleichbar – auch wenn es dort zu Todesopfern kam. «Wir müssen ja nun eine gesetzliche Grundlage für solche Soforthilfen schaffen», fügt Keller-Sutter an.
Was ist mit Personen mit Zweitwohnungen?
«Es sollen vor allem Bewohnerinnen und Bewohner von den Mitteln profitieren», sagt Rösti auf eine Frage. Ob Zweitwohnungsbesitzer da eingeschlossen sind, sei schlussendlich Sache der Gemeinde. Unter Umständen gebe es dann bestimmte Härtefälle – beispielsweise bei besonders viel Hab und Gut in der Zweitwohnung, das nun verloren ging.
Auch in Mitholz habe ein Neuanfang funktioniert
«Solche Lösungen sind möglich», sagt Rösti zur Planung eines neuen Standorts. Auch bei der Räumung des Munitionslagers Mitholz BE habe dies funktioniert. Es müsse jedoch pragmatisch gearbeitet werden. «Dafür sind wir bereit.»
«Keine Entsiedlung der Täler»
«Wir wollen den Menschen im Lötschental eine Zukunft geben», so Rösti weiter. «Eine Entsiedlung der Täler ist für uns keine Option.» Der Weg sei im wahrsten Sinne des Wortes steinig, sagt der Umweltminister. In einer ersten Phase geht es vor allem um die Begleitung für die Suche nach einem geeigneten Standort für das Dorf.
«Kostenschätzung noch nicht möglich»
«Wir wissen, dass die Gemeinde richtig mit den Mitteln umgehen wird», sagt Rösti – und dankt den lokalen Hilfskräften. Bezüglich mittelfristigen, regulären Hilfsleistungen sei eine genaue Kostenschätzung noch nicht möglich. Grundsätzlich beteiligt sich der Bund an 35 Prozent der Kosten – er könne diesen Anteil bis zu 55 Prozent hochschrauben.
«An keine Bedingungen geknüpft»
Am Dienstag soll das Geschäft in den Ständerat, am Donnerstag in den Nationalrat. An Bedingungen sei das Geld nicht geknüpft, so Rösti. «Weil die Gemeinde schlicht alles inklusive Gemeindehaus verloren hat.» Der Solidaritätsbeitrag hätte damit auch keinen Einfluss auf die regulären Mittel, die auf gesetzlichen Grundlagen basieren – sie seien komplementär.
Zusätzlich zu den Mitteln des Kantons
Das Geld soll der Gemeinde zugute kommen – und ergänze die bereits angekündigten Mittel des Kantons Wallis über 10 Millionen Franken, so Rösti. Im Wallis überweist der Bund etwa 55 Prozent Bundeshilfen, der Betrag würde sich also mit dem decken.