Mühsame Monopole? Hier bestimmt der Staat – nicht du
Diese Kantone zwingen Hauseigentümern am meisten Kosten auf

Ob Gebäudeversicherung, Notariat oder Kaminfeger: Wer ein Haus besitzt, hat nicht überall freie Wahl. In vielen Kantonen bestimmt der Staat, wer eine Dienstleistung erbringen darf. Erfahre, was in deinem Kanton Pflicht ist – und wo es mehr Freiheit gibt.
Publiziert: 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 08:55 Uhr
Mancherorts haben Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer keine Wahl bei Dienstleistungen.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Hier befiehlt der Staat! In vielen Regionen dürfen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer nicht selbst entscheiden, wer ihre Immobilie versichert, wer die Heizung kontrolliert oder wer eine Handänderung im Grundbuch beurkundet.

Bei der Gebäudeversicherung, beim Notariat und beim Kaminfeger legt häufig das Gesetz fest, wer den Auftrag erhält – es bestehen Monopole, also staatliche Exklusivrechte. Diese sollen die Versorgung sicherstellen. Die Kantone erhoffen sich dadurch stabile Preise und eine einheitliche Qualität.

Doch ist diese Bevormundung noch zeitgemäss? Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse kritisiert seit Jahren: Monopole schränkten die wirtschaftliche Freiheit ein. Auch wenn die Preise nicht zwingend höher seien, unterliefen Monopole den Wettbewerb – und bremsten die Qualität eher, weil die Kundschaft nicht selbst wählen könne.

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Wer dein Haus versichert, ist in vielen Regionen vorgeschrieben.
Foto: Keystone

Zumindest in St. Gallen gerät das System nun unter Druck: Der Kanton schafft das Kaminfegermonopol ab. Parlament und Regierung haben das beschlossen. Sie erhoffen sich davon auch weniger Bürokratie.

Wo Stillstand herrscht

Und sonst? Nur bei den Kaminfegern gibt es Bewegung: Über die Hälfte der Kantone – vor allem in der Deutschschweiz – hat laut Lukas Rühli (45), Forschungsleiter bei Avenir Suisse, das Monopol gestrichen. Der Grund seien technologische Entwicklungen oder der Wandel bei der Energieversorgung. «Hier sehen wir klare Liberalisierungstendenzen», lobt Rühli.

Bei den Gebäudeversicherungen und den Notariaten hingegen herrsche Stillstand. «Da hat sich in den letzten zehn Jahren unseres Wissens nichts getan», sagt Rühli. Politische Reformen seien nicht erkennbar. Besonders bei den Gebäudeversicherungen passiert wenig – in 19 Kantonen besteht das Monopol seit dem 19. Jahrhundert.

Was gilt in deinem Kanton? Hier siehst du, wo du frei wählen kannst und wo dir der Staat vorschreibt, wer versichert, beurkundet und kontrolliert. 

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Die Gebäudeversicherungen

Brände, Hochwasser, Erdrutsche – in der Schweiz ist die Gebäudeversicherung fast überall Pflicht. Wenn etwas passiert, wird es schnell teuer: Ein Schaden kann Existenzen vernichten.

Doch in 19 Kantonen darf man nicht selbst entscheiden, bei wem man sich versichert. Die Police kommt zwangsläufig von der kantonalen Versicherung.

Die Idee dahinter: Wenn alle mitmachen, bleiben die Prämien stabil und der Kanton kann im Ernstfall effizient handeln. Dieses Modell gilt als solidarisch und bewährt – aber es lässt keine Alternativen zu.

Deshalb wirft Preisüberwacher Stefan Meierhans (56) hier ein Auge drauf. Weil sich die Kunden in solchen Kantonen «nicht aussuchen können, ob und bei wem sie versichert sein wollen», trete er an die Stelle des fehlenden Wettbewerbs, schrieb Meierhans im Blick.

Nur sieben Kantone machen es anders – die sogenannten Gustavo-Kantone: Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis und Obwalden. Dort können Hausbesitzer ihre Versicherung auf dem Markt wählen.

Die Notariate

Wer ein Haus kauft, kommt am Notariat nicht vorbei. Eine Handänderung muss amtlich beurkundet werden – und vieles mehr. In Zürich und Schaffhausen gilt dabei bis heute das Amtsnotariat: Zuständig ist der offizielle Notar des jeweiligen Bezirks.

In Kantonen wie Bern, Genf oder Tessin ist das anders: Dort arbeiten freiberufliche Notare. Hauskäufer können Preise oder Verfügbarkeit vergleichen. Dazwischen liegen Kantone mit gemischten Systemen: Dort gibt es sowohl Amtsnotare als auch freie Notarinnen. 

Der Preisüberwacher kritisierte bereits vor Jahren die Unterschiede bei den Notariatsgebühren. Allerdings zeigte sich bei Vergleichen auch schon, dass die Kantone mit Amtsnotariat die günstigsten Preise anboten, während Kantone mit freiem Notariat tendenziell teurer waren.

Das Kaminfegerwesen

Sind die Kamine sauber und die Heizungen in Ordnung? Genau dafür sind Kaminfeger zuständig – sie prüfen Feuerungsanlagen, sorgen für Sicherheit und Energieeffizienz. 

Gut die Hälfte der Kantone hat das Monopol aufgehoben. In den anderen ist es noch in Kraft. Häufig «übernehmen» Kaminfegerbetriebe ein bestimmtes Gebiet. Wer dort wohnt, hat keine Wahl – der Kaminfeger ist fix zugeteilt.

Und das Fazit?

Nirgends spielt der Wettbewerb so sehr wie in Uri und im Tessin: In den Gotthardkantonen haben die Bürgerinnen und Bürger die freie Wahl bei Gebäudeversicherung, Notariat und Kaminfeger. Auch Bern, Genf und Wallis lassen ihren Einwohnern viel Spielraum.

Ganz anders ist es ausgerechnet im grössten Kanton der Schweiz. In Zürich dürfen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer einzig beim Kaminfeger seit 2002 selbst entscheiden. Immerhin war Zürich damit schneller als fast alle anderen. Wenig Wahlfreiheit gibt es etwa auch in Graubünden, Schaffhausen und Appenzell Ausserrhoden.

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